Um Maria Lotter herum gab es immer viel Leben

Siersburg · Alte Menschen, die in ein Heim umziehen, bringen oft Lieblingsfotos aus ihrem langen Leben mit. Darüber erzählen sie in einer SZ-Serie. Heute: Maria Lotter, die im Seniorenheim St. Martin in Siersburg lebt.

 Maria Lotter im Seniorenheim St. Martin. Foto: Hartmann Jenal

Maria Lotter im Seniorenheim St. Martin. Foto: Hartmann Jenal

Foto: Hartmann Jenal

"Ein Stall voll Tiere, ein Haus voll Kinder", erinnert sich Maria Lotter, 86, da sei an Urlaub nie zu denken gewesen. Als sie ihren späteren Mann Arnold kennen lernte, war der noch Landwirt von Beruf. Der Hof stand in Gisingen, ein schmuckes Gebäude aus dem Ende des 19. Jahrhunderts mit Sandsteinfassade. Für Arnold Lotter "war das sein Ein und Alles", der Typ zum Urlaubmachen sei er nie gewesen. Aber seiner Frau zuliebe machte er, was sich mit dem Hofleben gerade noch vereinbaren ließ: Städtereisen übers verlängerte Wochenende. In Rom waren sie, in Lourdes, in Hamburg, in Wien, in Prag.

Doch das Leben der Lotters spielte sich auf dem Gisinger Hof ab, auf den Maria Lotter nach der Heirat 1949 umzog. Sie ist gebürtig aus Siersburg . Kennen gelernt hatte sie ihren Mann in Gisingen bei einer Tanzveranstaltung.

Bis 1958 gab es keinen Traktor, nur Pferde. Von Dresch- oder Mähmaschinen ganz zu schweigen. Solche landwirtschaftlichen Maschinen schaute sich das Ehepaar gern auf der Saarmesse an. Dort entstand 1955 das Foto, das Maria Lotter besonders gerne betrachtet. Sie lebt seit drei Jahren im Seniorenheim St. Martin in Siersburg und kann nicht mehr gehen, die Hüftgelenke.

"Auf dem Bild bin ich zu sehen, mein Mann Arnold und ein alter Freund von ihm. Und da hat sich dieser Bär dazwischen geschoben." Was es mit dem auf sich hatte, weiß sie nach 60 Jahren auch nicht mehr.

Vier Kinder hat das Ehepaar großgezogen, deswegen "ein Haus voll Kinder". Fehlt noch die Erinnerung an "ein Haus voller Leute". Die Tür war nie verschlossen. Nachbarn kamen zur Hilfe, wenn Kälber geboren wurden oder Ferkel. Leute kamen, wenn geschlachtet wurde, das war "wie ein Tag der offenen Tür, ein kleines Fest". Leute kamen, um Milch zu kaufen. Und "abends saßen die Älteren "in der Krautschürz" aus Sackleinen draußen vor dem Haus. "Heute sitzt jeder allein in seinem Haus vor dem Fernseher."

Der Hof in Gisingen wurde Nebenerwerbsbetrieb, als Arnold Lotter eine Stelle bei der Dillinger Hütte fand. Grund war, dass sich die landwirtschaftliche Fläche verkleinerte, als der Golfplatz gebaut wurde.

Heute schaut Maria Lotter zufrieden, aber mit Wehmut auf die Zeit in Gisingen zurück. "Alle unsere vier Kinder sind wohl geraten. Ich habe jeden Tag Besuch von ihnen. Und ich hatte einen guten Mann, es gab nie Streit." Doch das Leben auf dem Bauernhof, das vermisst sie doch arg. "Immer Leben im Haus, das war so schön."

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