Barrieren Hindernisse nicht nur in der Niedtalbahn

Siersburg/Niedaltdorf · Albert Metzinger zieht Fünfjahres-Bilanz als Behindertenbeauftragter der Gemeinde Rehlingen-Siersburg.

 Die Niedtalbahn kann mit Rollstuhl oder Rollator nicht überall gut benutzt werden: Die Rampe nutzt, anders als am Bahnhof Dillingen wenig, weil sie, wie Albert Metzinger hier in Niedaltdorf demonstriert, zu steil ist.

Die Niedtalbahn kann mit Rollstuhl oder Rollator nicht überall gut benutzt werden: Die Rampe nutzt, anders als am Bahnhof Dillingen wenig, weil sie, wie Albert Metzinger hier in Niedaltdorf demonstriert, zu steil ist.

Foto: R. Petry

Albert Metzinger hat als Behindertenbeauftragter der Gemeinde Rehlingen-Siersburg schon viele Hürden beseitigt, aber längst nicht alle: So viel wurde schnell deutlich, als der langjährige Ehrenamtler dem Gemeinderat seinen Bericht für die vergangenen fünf Jahre vorstellte. Seit 1997 engagiert sich der Rollstuhlfahrer für die Rechte behinderter Mitmenschen in Rehlingen-Siersburg, lange bevor es gesetzliche Regelungen dazu gab. „Die Gemeinde hat überall einen sehr guten Ruf, was Barrierefreiheit angeht“, hob Metzinger sodann auch hervor – ein Verdienst des langjährigen Bürgermeisters Martin Silvanus, lobte er.

„Doch es liegen immer noch einige Probleme an“, mahnte der 69-jährige, ehemalige Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung gleichzeitig an. Zahlreiche Beispiele, wo Mitmenschen mit körperlichen oder psychischen Einschränkungen an ihre Grenzen stoßen, konnte er aufzählen: Etwa liege auf einigen Friedhofswegen noch Schotter, fehle ein barrierefreier Zugang zum Awo-Treff in Hemmersdorf, gebe es insgesamt immer noch deutlich zu wenige Behindertenparkplätze, fehle eine Behindertentoilette am Dorfplatz Niedaltdorf. Besonders die Kirchen seien häufig nicht barrierefrei, hob Metzinger hervor, „gerade da bin ich enttäuscht, die Kirche sollte doch eigentlich mehr auf die Leute zugehen.“

Vieles sei aber auch schon geschafft worden, zählte Metzinger auf: So gebe es nun am Kindergarten Fremersdorf eine Rampe für Kinderwagen und andere Gefährte, insgesamt 35 barrierefreie Bushaltestellen in der Gemeinde, neue Behindertenparkplätze am Dorfhaus und Friedhof Gerlfangen, dort außerdem in der Nordgauhalle einen barrierefrei zugänglichen Bankautomaten der KSK. Eine neue Behindertentoilette gibt es auch im Anbau des TV Rehlingen, außerdem einen ebenerdigen Zugang zum Friedhof St. Martin Siersburg. Metzinger lobte die abgesenkten Bordsteinkanten am neuen Kreisel in Siersburg, der die Querung der Straße für alle ermögliche. Auch dass die Gemeinde schon seit 2017 als Spender das Projekt „Kulturschlüssel Saar“ unterstützt, hob er hervor. Inklusive Wanderungen sowie Hinweistafeln in Braille-Schrift und in Leichter Sprache an der Siersburg ergänzen das Angebot für Menschen mit Einschränkungen.

Das soziale Bauprojekt der Gemeinde in der Burgstraße mit barrierefreien Wohnungen im Erdgeschoss sei außerdem „vorbildlich“: „Es gibt einen großen Bedarf an rollstuhlgerechten Wohnungen“, betonte Metzinger, „ich bekomme ständig Anrufe deswegen.“

Mehrere Beschwerden von Niedaltdorfer Bürgern, dass die neuen Züge auf der Niedtalstrecke mit Rollstuhl oder Rollator nicht zu benutzen seien, erreichten auch den Niedaltdorfer Ortsvorsteher Reiner Petry. Gemeinsam mit Metzinger hat er sich deshalb ein Bild von der Situation auf den einzelnen Bahnhöfen gemacht.

Während am Bahnhof Dillingen mit einer vom Zugpersonal angebrachten mobilen Rampe das Einsteigen sehr gut möglich ist, so das Fazit, ist an den übrigen Bahnhöfen der Niedtalstrecke die Situation sehr unterschiedlich: In Siersburg ist der Abstand zwischen Zug und Bahnsteigkante in Ordnung, aber bei einem Höhenunterschied von 30 Zentimetern kann die Rampe kaum benutzt werden. In Hemmersdorf ist der Höhenunterschied von 15 Zentimetern gerade noch zu bewerkstelligen, meint der Experte. In Niedaltdorf hingegen ist die Lücke zwischen Zug und Bahnsteig mit 45 Zentimetern eindeutig zu groß, dazu kommt ein Höhenunterschied von 20 Zentimetern. „An den Bahnhöfen Siersburg, Hemmersdorf und Niedaltdorf bedarf es technischer Änderungen, um die Benutzung für körperlich eingeschränkte Personen möglich zu machen“, erklärt Petry, der sich gemeinsam mit Metzinger dafür einsetzen will.

Metzinger wurde im Anschluss an seinen Bericht vom Gemeinderat einstimmig für eine weitere Amtszeit als Behindertenbeauftragter gewählt. Allerdings mit einer Einschränkung: Der Hemmersdorfer will aus Alters- und gesundheitlichen Gründen nicht die volle Amtszeit bis Juli 2024 ausüben, hat aber zugesagt, die Gemeinde bei der Suche nach einem Nachfolger zu unterstützen.

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