Man kann nicht alles eben machen

Rehlingen-Siersburg · Die SZ stellt die Behindertenbeauftragten in den Städten und Gemeinden im Landkreis Saarlouis vor. Im Gespräch sowie bei einem Rundgang sollen sie zeigen, was bereits umgesetzt ist, aber auch erzählen, wo noch Handlungsbedarf besteht. Heute: Albert Metzinger aus Rehlingen-Siersburg.

 In Albert Metzingers Heimatort Hemmerdorf entstand durch die barrierefreie Zuwegung zur Niedbrücke ein Rundwanderweg. Fotos: Carolin Merkel

In Albert Metzingers Heimatort Hemmerdorf entstand durch die barrierefreie Zuwegung zur Niedbrücke ein Rundwanderweg. Fotos: Carolin Merkel

"Mein Auto ist schon von Weitem zu sehen. Auf dem Dach ist nämlich eine große Box, da ist mein Rollstuhl drin", sagt Albert Metzinger aus Hemmersdorf. Seit 1997 hat er das Amt des Behindertenbeauftragten der Gemeinde Rehlingen-Siersburg inne. "Zusammen mit Saarwellingen waren wir unter den ersten Kommunen, die schon lange vor der gesetzlichen Vorgabe diesen Beauftragten eingeführt haben", sagt er.

Angetreten ist er damals gemeinsam mit Uwe Wagner, heute Landesvorsitzender des BSK (Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderte). "Wir haben damals das Ziel vor Augen gehabt, uns selbst abzuschaffen", erklärt Metzinger. Im Mittelpunkt der Bestrebungen standen damals die Dorfgemeinschaftshäuser und Hallen in allen zehn Ortsteilen. Hier, betont Metzinger, hat man sehr erfolgreich zusammengearbeitet, sukzessive wurde Barrierefreiheit hergestellt, Parkplätze geschaffen, behindertengerechte Toiletten installiert. Doch die gewünschte Abschaffung ist dennoch nicht so ganz gelungen, sagt er.

Nach gut 20 Jahren, sagt er, ist an vielen Stellschrauben in der Gemeinde gedreht worden. Zudem seien auch zahlreiche Gesetze und Verordnungen, die die Gleichstellung von behinderten und nichtbehinderten Menschen vorantreiben, in Kraft getreten. "Hier müssen wir ganz klar sagen, im Bereich der Neubauten sind das keine Wohltaten an behinderten Menschen, sondern einfach Vorgaben, die erfüllt werden müssen", erklärt Metzinger.

Wir treffen uns mit dem 67-jährigen ehemaligen Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung zunächst im Rathaus von Rehlingen-Siersburg. Dort, betont er, ist sehr viel gemacht worden in Sachen Inklusion, neben der Barrierefreiheit für Rollstuhlfahrer wurde sehr früh an Hörgeschädigte in Form der induktiven Höranlage gedacht. "Den Rollstuhlfahrer nimmt man einfach sehr viel schneller wahr, doch es ist wichtig, an Menschen mit allen Formen der Behinderung zu denken". Nicht nur alle Formen der Behinderung, auch alle Altersstufen hat Metzinger im Blick. Richtig verärgert zeigt er sich über die Aussage des Ministeriums beim Erweiterungsbau des Kindergartens. "Das Land fördert, aber fordert auch keine Aufzüge. Das dürfte im Rahmen der Inklusion nicht mehr so durchgehen", sagt er.

Zum Gespräch hat er die aktuellen Zahlen aus der Gemeinde mitgebracht. Demnach sind in Rehlingen-Siersburg 1605 Menschen, die als schwerbehindert eingestuft sind, gemeldet. "Wenn man das den 216 Behindertenparkplätzen in der gesamten Gemeinde gegenüberstellt, merkt man, das ist gar nicht so viel", betont er. Und längst nicht überall sind die Parkplätze eingerichtet, weiß er aus Erfahrung. So kämpft er schon seit Jahren um einen Platz am Hemmersdorfer Rasenplatz. "Das ist mir absolut unverständlich, dass hier seit Jahren nichts passiert", sagt er.

Ganz anders sieht es entlang der Nied aus. Unser gemeinsamer, kleiner Ausflug führt uns in seinen Heimatort. Gleich an drei Stellen, in Siersburg, in Hemmersdorf und Niedaltdorf sind an der Nied rollstuhlgerechte Angelplätze eingerichtet worden, ein dazugehöriger Parkplatz ist ebenfalls vorhanden.

Lob gibt es für Metzinger auch für die neu geschaffene Möglichkeit, die Niedbrücke ohne Treppen zu erreichen. "Sie ist auch gerade für ältere Menschen eine gern genutzte Abkürzung auf dem Weg zur Kirche", erzählt er. Wenn für ihn auch der kleine abschüssige Weg allein zu steil ist, versöhnt er sich mit der Topografie, "man kann eben gerade in den keinen Dörfern nicht alles eben machen", sagt er.

Ärger kommt in ihm aber immer wieder auf, wenn Straßenbaumaßnahmen nicht abgesprochen werden. "Das wäre so einfach, wenn dort gearbeitet wird, gleichzeitig die Randsteine abzusenken, doch daran denkt einfach niemand", sagt er. Für ihn ist die Gemeinde ganz klar als Vorbild in der Pflicht. "Ich denke, wenn hier an Barrierefreiheit gedacht wird, fangen die Menschen im privaten Bereich auch damit an", sagt er.

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