Unser Dorf hat Zukunft Ein Dorf von seiner schönsten Seite

Oberesch · Die Bundesjury des Wettbewerbs „Unser Dorf hat Zukunft“ machte sich am Dienstag einen Eindruck von Oberesch.

 Ortsvorsteher Michael Engel im Gespräch mit Christine Berry (im gestreiften Kleid), die extra aus San Francisco angereist war. Die Jury fuhr derweil im Schritttempo durch Oberesch.

Ortsvorsteher Michael Engel im Gespräch mit Christine Berry (im gestreiften Kleid), die extra aus San Francisco angereist war. Die Jury fuhr derweil im Schritttempo durch Oberesch.

Foto: Johannes A. Bodwing

„Diesen Tag nimmt uns keiner mehr.“ Immer noch ein bisschen angespannt stand Ortsvorsteher Michael Engel am Dienstagabend vor dem Dorfgemeinschaftshaus von Oberesch. Bis er wieder ruhiger werde, „wird es noch etwas dauern“. Denn Oberesch hatte sich nach Erfolgen auf Kreis- und Landesebene diesmal einer 19-köpfigen Bundesbewertungskommission präsentiert. Bei „Unser Dorf hat Zukunft“ steht der 326 Einwohner zählende Ort im Wettbewerb mit 29 weiteren Landessiegern aus 13 Bundesländern. Die Jury ist vom 18. Juni bis 11. Juli unterwegs. Schirmherr des Wettbewerbs ist Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

Die teilnehmenden Orte haben bis zu 3000 Einwohner. Etwa ein halbes Dutzend ist aber noch kleiner als Oberesch. Beispielsweise Sögtrop in Nordrhein-Westfalen mit rund 100 Einwohnern und Basberg in der Eifel mit 85 Einwohnern. 180 Minuten lang nutzte Oberesch am Dienstag die Chance, sich von seiner besten Seite zu zeigen. Gegen 16 Uhr bestieg die Jury am östlichen Ortseingang rustikale Bänke auf einem langen Traktor-Anhänger. Begrüßt wurde die Kommission unter anderen von Landrat Patrik Lauer, Bürgermeister Ralf Collmann und Umweltminister Reinhold Jost. Etwa 3,5 Kilometer ging es danach – meist im Schritttempo – durch Oberesch. Von der Mariengrotte am Ortseingang, vorbei am alten Brunnen, durchs Neubaugebiet, über Feldwege zum Eschbachweiher und schließlich ans Dorfgemeinschaftshaus.

In dieser Zeit zeigte Michael Engel Ergebnisse des Bürger-Engagements. 14 Dorfpaten halten unter anderem Haltestellen und Plätze sauber. Inzwischen hat das Dorf 100 MBit fürs Internet, „der Ausbau auf 250 MBit ist in Arbeit“. Über Freifunk seien mehr als 15 Prozent der Einwohner eingebunden. Auf einem E-Scooter flitzte Simone Scher der Jury voraus, eine Glocke in der Hand. „Zehn Minuten, ungefähr!“, rief sie den jeweiligen Anwohnern zu. Und die zeigten den Gästen ein lebhaftes Dorfleben. Unter anderen mit Dutzenden von Kindern und Jugendlichen auf dem Spielplatz, Bürgern vor Häusern und an Straßenecken sowie dem Angelsportverein am Eschbachweiher. „Als wir angefangen haben“, sagt Scher, „dachten wir, dass wir vielleicht unter die ersten Drei kommen. Dann wurden wir Erster – und dann wieder.“

In der Kirchstraße bot der Fanfarenzug ein kleines Platzkonzert. In der Antoniuskapelle sang der Singkreis, ein Stückchen weiter warteten Freunde aus dem französischen Partnerdorf Schwerdorff unter schattigen Bäumen. Vorbei am dick beladenen Schwenker ging es über den Bouleplatz ins Dorfgemeinschaftshaus. Dort stellte Ortsvorsteher Engel teilweise mit Videos das vielfältige Engagement dar. Dabei machte er auch deutlich, dass die bislang zwei Goldprämierungen nicht allein das Verdienst eines eifrigen und motivierenden Ortsvorstehers waren. Dahinter stehen beispielsweise auch 15 Vereine und eine Bürgerwerkstatt mit 28 Mitgliedern. Über Vereine kamen in den vergangenen vier Jahren 78 000 Euro für Maßnahmen zusammen. Und mehr als 3500 Stunden ehrenamtliche Arbeit.

Für viele ist das „heute ein ganz emotionaler Tag“, sagte Engel. Alle zusammen hätten sie in den vergangenen vier Jahren rund 90 größere und kleinere Projekte umgesetzt. Darunter das Dorfgemeinschaftshaus und den Dorfplatz. „Das soziale Netz in Oberesch ist nicht nur digital“, betonte Engel den Zusammenhalt. Wie zahlreiche Oberescher sagte auch Simone Scher: „Wir machen das nicht auf den Jury-Termin hin. Wir machen das beständig für uns.“ Dazu gehören vielfach Projekte, die in die Zukunft zielen. Beispielsweise Pläne für Nachhaltigkeit und Wanderwege.

„Toll getaktet“, lobte Elmar Henke den zeitlichen Ablauf. Er ist einer von zwei Jury-Vorsitzenden sowie Bürgermeister der Gemeinde Sommerach in Bayern. „Eine perfekte Performance“, bescheinigte er den Obereschern. „Wir haben hier spüren dürfen, dass es um die Menschen geht, diese Begeisterung ist hängen geblieben.“

 Der Singkreis begeisterte die Jury und Einheimische in der Antoniuskapelle in Oberesch.

Der Singkreis begeisterte die Jury und Einheimische in der Antoniuskapelle in Oberesch.

Foto: Johannes A. Bodwing
 Michael Engel im Gespräch mit Gästen aus Schwerdorff  Foto: Johannes A. Bodwing

Michael Engel im Gespräch mit Gästen aus Schwerdorff Foto: Johannes A. Bodwing

Foto: Johannes A. Bodwing

Die Sieger auf Bundesebene werden am 11. Juli verkündet. Am 24. Januar 2020 fahren auch Oberescher nach Berlin, wo die Auszeichnung der Bundessieger im Rahmen der Grünen Woche in Berlin erfolgt.

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