Regionalgeschichte Drei besondere Niedaltdorfer Persönlichkeiten

Niedaltdorf · Der kleine Ort Niedaltdorf, heute Grenzort, hat immer wieder kritische Persönlichkeiten mit wachem Blick und vor allem Mut hervorgebracht. Johannes Guittienne, Johannes Schmitt und Helmut Maria Gressung sind drei von ihnen.

 Johannes Guittienne, Niedaltdorf

Johannes Guittienne, Niedaltdorf

Foto: Repro: Erhard Grein

Ahnung und Mahnung, offener Sinn für Würde, persönliche Haftung für Freiheit und Recht, das zeichnet drei ansonsten sehr unterschiedliche Persönlichkeiten aus der Geschichte Niedaltdorfs aus.

Am bekanntesten ist Johannes Guittienne. Er wurde am 15. April 1809 als Sohn eines Gutsbesitzers, dessen Vorfahren aus Lothringen stammten, geboren. Das St. Antoniushaus, eines der ältesten Alten- und Pflegeheime im Landkreis Saarlouis, war sein Geburtshaus.

Wie ein Manifest seines Lebensinhalts und seiner politischen Ziele wirkt Guittiennes Aussage: „Ich kenne nur eins: Die Volkssouveränität. Nicht oktroyierte (auferzwungene) Verfassungen, die stets zu spät kommen, um Glück zu machen, verlangen die Völker, sondern Freiheit, Gleichberechtigung, Selbstregierung und Selbstverwaltung. Solange diese höchsten Güter nicht errungen sind, ist an Ruhe nicht zu denken; deshalb muss das mündige Volk nur solche Vertreter wählen, die bereit sind, alles zu opfern, um diese ihm von Gott und Rechts wegen zuerkannte Rechte erkämpfen zu helfen“.

Als Mitglied einer Burschenschaft, die sich zum Umsturz der monarchistischen Verfassung und für eine Demokratisierung einsetzte, wurde er 1834 verhaftet, 1836 zum Tode durch das Fallbeil verurteilt. Die Todesstrafe wurde später in 30 Jahre Festungshaft umgewandelt. Anlässlich der Thronbesteigung von König Friedrich Wilhelm IV. wurde er nach sieben Jahren Festungshaft begnadigt. Der Dichter Fritz Reuter, ein Zellengenosse, beschreibt ihn in „Ut mine Festungstid“ als „De Franzos“.

Nach seiner Rückkehr in die Heimat war Guittienne zeitweise Bürgermeister von Ihn und Oberesch. Zudem konnte er sich für die Bürger in vielen überörtlichen Gremien, sogar als Mitglied des Preußischen Landtages, engagieren.

Als eine Priesterpersönlichkeit besonderer Art gilt der frühere Pfarrer von Niedaltdorf und Pfarrverwalter von Ihn und Rammelfangen, Johannes Schmitt. Er wurde 1891 in Sotzweiler in einer kinderreichen Familie, die seit Generationen eng mit der Abteikirche St. Mauritius Tholey verbunden war, geboren.

Noch vor der Saarabstimmung 1935 erhob er seine Stimme gegen den Nationalsozialismus. Bereits 1917 hatte er eine Bücherei des Borromäusvereins in Saarbrücken gegründet, dessen Leiter er 1924 wurde. Ab 1925 war er Gefängnispfarrer in Saarbrücken. Nach der Rückkehr des Saargebiets zu Deutschland im Jahr 1935 wurde er als Gefängnispfarrer abberufen und als Pfarrer nach Niedaltdorf versetzt.

Bei Ausbruch des Zweiten Weltkrieges versuchte er, die Buchbestände des Borromäusvereins zu retten, um sie den Grenzsoldaten zur Verfügung zu stellen. Längst schon unter Beobachtung der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) wurde er am 15. März 1940 in Tholey verhaftet. Nach einer „Schutzhaft“ im Konzentrationslager Sachsenhausen kam er im Dezember 1940 in das KZ Dachau. Mit der Häftlingsnummer 22 540 war er einer der 2579 Priester im sogenannten „Pfaffenblock“. Nach dem „Todesmarsch“ wurde er im Mai 1945 von amerikanischen Truppen befreit. Er kehrte nach Niedaltdorf zurück. Seinen Gläubigen empfahl er Gnade gegenüber den Niedaltdorfer Nationalsozialisten.

Johannes Schmitt war mit der Familie Gressung in Saarbrücken aus seiner Saarbrücker Zeit sehr gut bekannt. Es freute ihn, dass Helmut Maria Gressung (1918 geboren) sein Nachfolger in Niedaltdorf wurde. Auch dieser stand dem Nationalsozialismus ablehnend gegenüber. Der Saarbrücker Widerstandskämpfer Willi Graf war einer seiner besten Freunde. Mit ihm zusammen hatte er das Ludwigsgymnasium Saarbrücken besucht. Gressung, der heute seinen Lebensabend in Reisbach verbringt, pflegte sehr gute Kontakte zu französischen Priestern und Ordensleuten.

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