Ein Stück Geschichte erlebt

Saarlouis. "Ich habe Rotz und Wasser geheult, als ich die Bilder gesehen habe", sagte Norbert Güthler-Tyarks (53), und auch Ferdi Ferber (51) sprach von bewegenden Momenten. Sie sind Mitglieder von "Rock e. V.", ein Saarlouiser Verein, der im kommenden Jahr sein 25-jähriges Bestehen feiert

Saarlouis. "Ich habe Rotz und Wasser geheult, als ich die Bilder gesehen habe", sagte Norbert Güthler-Tyarks (53), und auch Ferdi Ferber (51) sprach von bewegenden Momenten. Sie sind Mitglieder von "Rock e. V.", ein Saarlouiser Verein, der im kommenden Jahr sein 25-jähriges Bestehen feiert. Und mit diesem Verein durften sie im Oktober 1989 ein Stück Geschichte miterleben. Sie durften gemeinsam in einer Kulturdelegation nach Eisenhüttenstadt reisen, um eigentlich bei einem Musikfestival zum 40. Geburtstag der DDR mitzuwirken. Als dann am 9. November die Mauer fiel, klebten die beiden quasi am Fernsehgerät und verfolgten mit Hochspannung das Geschehen.

"Wir haben es der Partnerschaft mit Eisenhüttenstadt und Erich Pohl zu verdanken, dass wir vor 20 Jahren als Saarlouiser die letzte Reise in den Staat Honeckers antreten durften", sagte der 53-Jährige. Ein Stück Geschichte, das auch Wolfgang Zwiener in seiner Chronik über die erste deutsch-deutsche Städtepartnerschaft überhaupt, nämlich zwischen Saarlouis und Eisenhüttenstadt, aufzeigte. Seit Beginn dieser Partnerschaft fielen traditionell die Besuche einer Kulturdelegation auf das Datum des "Jahrestages der Republik", den 7. Oktober.

Groteske Situationen erlebt

Zusammen mit Mitgliedern von "Rock e. V." reiste auch die Band "Woyzeck" mit, die ein Konzert geben durfte. "Das war bereits ein absolutes Novum", schilderte Güthler-Tyarks. Doch der Supergau sei, dass die Band den Titel "Break the wall" von Pink Floyd spielen durfte, etwa einen Monat, bevor tatsächlich die Mauer fiel. "Das war schon grotesk, die Band musste schließlich ihr Programm genehmigen lassen und es wurde genehmigt", erzählte der 53-Jährige weiter. Auch, dass der mitgereiste Hans-Jörg Schu aus Alfred Guldens "Saar-Libre 300" Texte über die Französische Revolution zitierte, waren für Güthler-Tyarks und Ferber Szenen, an die sie schmunzelnd und kopfschüttelnd zugleich zurückdenken.

Woran die beiden sich aber auch noch gut erinnern können, ist, dass sie während ihres Besuches nicht über Politik und kaum über die aktuellen Geschehnisse redeten. "Wir haben versucht, nur über private Dinge zu reden", erklärten sie. Denn während einerseits Tausende DDR-Bürger zu dieser Zeit bereits versuchten, über die deutsche Botschaft in Prag und über Ungarn auszureisen, hatte die Delegation aus Saarlouis in Eisenhüttenstadt eher weniger Aufbruchstimmung verspürt. "Wir hatten keine Ahnung, wie sich diese Geschichte weiter entwickeln wird", erzählten sie. Als dann am 9. November 1989 die Mauer endgültig fiel, wurde ihnen erst bewusst: "Was wir damals erleben durften, das ist ein Stück deutsche Geschichte".

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