Motorradfahrer Albert Mattfelds Herzdame ist die alte Harley

Rehlingen · Albert Mattfeld feiert in Rehlingen heute seinen 90. Geburtstag. Immer noch sein größtes Hobby sind seine Motorräder, die er hegt und pflegt.

 Alfred Mattfeld ist immer noch gerne mit seinem Harley-Davidson-Gespann unterwegs. Das Krad ist Baujahr 1929, der Seitenwagen bringt es sogar auf 101 Jahre.

Alfred Mattfeld ist immer noch gerne mit seinem Harley-Davidson-Gespann unterwegs. Das Krad ist Baujahr 1929, der Seitenwagen bringt es sogar auf 101 Jahre.

Foto: Ruppenthal

Er hat Benzin im Blut: Albert Mattfeld aus Rehlingen, Saarlands ältester aktiver Motorradfahrer, wird heute am 28. Dezember 90 Jahre alt. Und der vitale und rüstige Oldie ist eine lebende Legende, kennt er doch die heimische Motorradszene und -geschichte wie kein anderer. Und er hat Ahnung vom Motorrad. Noch heute schraubt er in jeder freien Minute an seinen geliebten Oldtimer-Krädern. Ein Teil ist sogar älter als der Jubilar selbst. Und seine Lebensgeschichte ist schillernd und abwechslungsreich wie ein spannendes Buch.

Nach der Schule begann Mattfeld 1943 im Ausbesserungswerk Burbach seine Ausbildung zum Maschinenschlosser. Aber schon ein Jahr später wurde der 16-Jährige zum Militär eingezogen, war in Südtirol im Einsatz. Es folgte die Gefangenschaft in Belgien und England, eine der schönsten Zeiten seines Lebens, wie er heute noch schwärmt. Das lag aber am Lagerkommandanten, der nach eigenen positiven Erfahrungen im ersten Weltkrieg mit den Deutschen sorgsam auf eine gute Behandlung seiner Gefangenen achtete und sich fürsorglich wie ein Vater vor allem um die Kranken und die jungen Leute kümmerte.

Dort in Westbury arbeitete Albert Mattfeld aber als Schuster und avancierte trotz seiner Jugend schnell zum Vorarbeiter. In der Freizeit produzierten Mattfeld und seine Mannschaft Sandalen, um sich etwas zu verdienen. Als ihnen dabei die Schnallen ausgingen und der junge Albert Mattfeld durch ein Loch im Lagerzaun krabbelte, um Nachschub in der Stadt zu besorgen, lief er eben diesem Kommandanten mit seinem Hund in die Arme.

„Good Dog“ lobte er den Hund und lief weiter, nachdem ihn der Kommandant geflissentlich übersehen hatte und seine Runde unbeeindruckt ohne mit der Wimper zu zucken fortgesetzt hatte. „In Russland oder woanders wäre ich wahrscheinlich erschossen worden“, ist Albert Mattfeld überzeugt und charakterisiert den englischen Offizier noch heute als „ganz feinen Kerl“.

Ostersonntag 1948 kam Albert Mattfeld wieder nach Hause, nachdem er eine erste Entlassungschance aus der Kriegsgefangenschaft ungenutzt verstreichen ließ. Damals suchte man Leute für die Grube, und da wollte er einfach nicht hin. Wieder zuhause setzte er stattdessen seine Ausbildung als Schlosser fort. 1953 wurde er in den Dillinger Lokschuppen versetzt. Und damals kaufte er sich in Bad Homburg auch seine Horex, die es heute noch gibt. Sie ziert das Schaufenster der Firma Toschi in Saarlouis.

1949 heiratete Albert Mattfeld seine Frau Maria, die nun schon vor 13 Jahren gestorben ist. Ein Sohn lebt nur einen Steinwurf weiter wenige Straßen weiter, der andere in Klarenthal. „Früher war das weit, heute ist das ein Katzensprung,“ erzählt Albert Mattfeld. Entsprechend oft trifft man sich.

Die Liebe zu den Motorräder begann bei Albert Mattfeld jedoch schon viel früher. Im Alter von 14 Jahren fuhr er mit einer 98er Sachs eines benachbarten Bauern durch die Wiesen, bis der Tank leer war, um sie dann wieder abzustellen. „Eine Woche später war der Tank wieder voll“, erinnert sich Albert Mattfeld, und das gleiche Spiel konnte wieder von vorne beginnen.

Und natürlich kann sich Albert Mattfeld auch noch genau an sein erstes Motorrad erinnern, eine 175er CZ, die er am 5. Dezember 1949 in Wallerfangen kaufte. „Damals hatte ich noch keinen Führerschein“, gesteht er.

Am Karsamstag 1953 kaufte sich Albert Mattfeld dann in Bad Homburg sein erstes Gespann, eine Horex Regina, 350 ccm, 19,5 PS. Auch daran kann er sich noch bestens erinnern. „Sie kostete 2285 Mark, der Seitenwagen noch einmal 650 Mark. Seine Vorliebe für Gespanne hat er sich bis heute bewahrt, „Das ist ein ganz anderes Fahren, und man muss außerdem nicht ganz so viel aufpassen wie auf einer Solo-Maschine“, führt der betagte Motorradfreak aus.

Auch die Rückfahrt hat Albert Mattfeld nicht vergessen. Schon nach ein paar Kilometern gab es ein Protokoll, weil er ein Stoppschild überfahren hatte. Diese fünf Mark fehlten dann aber für den Sprit. Bei Bernkastel-Kues war der Tank leer. Kurzentschlossen klingelte er am ersten Haus. Bei Kaffee und Kuchen pumpte er die Dame des Hauses an. 14 Tage später kam er zurück, um seine Schulden zu bezahlen – mit französischem Kaffee aus dem Saarland.

Diese Maschine fuhr er sechs Jahre lang, verkaufte sie dann aber schweren Herzens, weil er das Geld für einen 2-CV-Kastenwagen für seinen Hausbau brauchte. Die Motorräder ließen Albert Mattfeld aber nicht los. Es folgen Mitte der 50er Jahre eine 350er BMW und eine NSU. Wieder wurde viel geschraubt und gebastelt“, um sie dann wieder zu verkaufen.

Es folgte einen 500er BMW R50 Baujahr 1953, komplett in Einzelteilen. Er baute sie nicht nur zusammen, später wurde sie mit einem 750-ccm-Motor und einem Rückwärtsgang ausgestattet. Und diese Maschine hat er heute noch.

Zu seinen besonderen Schätzen zählen aber auch zwei Harley Davidson. Die rote ist Baujahr 42, die blaue Baujahr 29. Der dazugehörige Seitenwagen wurde 1916 gebaut und bringt es damit auf über 100 Jahre. Und besonders stolz ist Albert Mattfeld darauf, dass dieser Seitenwagen noch über die Original-Polsterung verfügt. Beide Gespanne stehen da wie geleckt. Sie wurden von Albert Mattfeld liebevoll restauriert, so dass sie heute aussehen, als wären sie gerade neu aus dem Werk geliefert worden. „Die rote, also die 42er, verfügt inzwischen sogar über einen Rückwärtsgang“, führt Albert Mattfeld stolz aus.

Er war übrigens der letzte Schlosser im Dillinger Lokschuppen. Zuerst wartete er die Dampfloks, dann die Diesellokomotiven, am Schluss dann wieder in Saarbrücken die baulichen Anlagen und Container-Kräne, bevor er mit 56 Jahren infolge des Stellenabbaus bei der Bahn vorzeitig in den Ruhestand ging. Es blieb in der Folge viel Zeit für die Motorräder. Und noch heute geht der 90-Jährige lieber in der Werkstatt als sich am Fernseher zu langweilen. Nach dem Tod seiner Frau trug sich die eine oder andere Dame an, aber die Entscheidung von Albert Mattfeld fiel stets zu Gunsten seiner Motorräder aus.

Derzeit ist Albert Mattfeld dabei, eine 250er BMW neu aufzubauen. Die Elektroanlage ist soweit schon fertig. Und so wie die Turnveteranin Johanna Quaas (91), die älteste deutsche Wettkampfturnerin, im Fernsehen verkündete „Ich turne bis zur Urne“ , sagt Albert Mattfeld zu seinem 90. Geburtstag „Und ich fahre bis zur Bahre.“

 Der wohl älteste aktive Motorradfahrer des Saarlandes hat viele Sammlerstücke zusammengetragen.

Der wohl älteste aktive Motorradfahrer des Saarlandes hat viele Sammlerstücke zusammengetragen.

Foto: Ruppenthal
 Auch Pokale, Bilder und Plakate gehören zu den vielen Erinnerungsstücken von Alfred Mattfeld.

Auch Pokale, Bilder und Plakate gehören zu den vielen Erinnerungsstücken von Alfred Mattfeld.

Foto: Ruppenthal

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