Weiter Spenden für Haiti gesuchtEine Katastrophe nach der Katastrophe verhindern

Körprich. Winfried Schmitt aus Körprich organisiert eine Hilfsaktion für Haiti. Der Kfz-Mechanikermeister und ehemalige Bundeswehr-Prüfer war von 2003 bis 2005 als Entwicklungshelfer auf Haiti tätig (wir berichteten). Noch bis Freitag, 19

Körprich. Winfried Schmitt aus Körprich organisiert eine Hilfsaktion für Haiti. Der Kfz-Mechanikermeister und ehemalige Bundeswehr-Prüfer war von 2003 bis 2005 als Entwicklungshelfer auf Haiti tätig (wir berichteten). Noch bis Freitag, 19. März, sammelt Schmitt: Zelte aller Art, auch Pavillons, Bettwäsche, Laken, Bezüge, Schlafsäcke, Wolldecken, gebrauchte Rollstühle und Gehhilfen, Kinderbekleidung, vornehmlich im Vorschulalter, Malbücher, Malstifte und Papier sind als Spende für die notleidende Bevölkerung der Karibikinsel willkommen. Die Hilfsgüter übergibt der Körpricher am Freitag an Marc Auguste. Der Honorarprofessor an der Universität Port-au-Prince und Mitglied der Hilfsorganisation "Haiti-Med e.V." kommt dann nach Körprich. Die Sachen werden bereits am Samstag, 20. März, in einem Container nach Haiti verschifft. Auch die Kinder und Eltern des Körpricher Kindergartens St. Michael spendeten für Haiti. Am vergangenen Freitag haben die Kinder selbst gekocht und das Essengeld für Haiti aufgehoben. Außerdem sammeln die Kinder weitere Sachspenden, die sie Marc Auguste am Freitag für Kinder in Haiti, die Marc Auguste betreut, überreichen wollen. Der 69-jährige ehemalige Bundeswehrangehörige Winfried Schmitt beabsichtigt, im Mai selbst wieder für einige Monate nach Haiti zu fliegen. Dann will er helfen, dort eine Berufsschule aufzubauen. dlWeitere Informationen über die Spendenaktion Haiti erteilt Schmitt unter Telefon (0 68 38) 39 51. Hilfsgüter für Haiti können nach Absprache mit Schmitt in Körprich, Hüttersdorfer Straße 23A, abgegeben werden. Viele Hilfsorganisationen haben sich wieder aus Haiti zurückgezogen. In welcher Situation befinden sich das Land und die Bevölkerung jetzt?Munz: Die Zerstörungen in Port au Prince haben eine Millionenstadt getroffen, in der die öffentlichen Einrichtungen schon vor dem Erdbeben nicht sehr effizient waren. Das Dramatische an der Situation in Haiti ist jetzt, dass noch immer ungefähr eine Million Menschen in der Hauptstadt in spontanen Camps und auf engstem Raum auf der Straße lebt und unter Bedingungen, die für sie in den kommenden Monaten mit der einsetzenden Regenzeit und den befürchteten Hurricans als lebensgefährlich eingeschätzt werden müssen. Wir müssen hier also unsere Vorstellung von Erdbebenopfern deutlich erweitern. In Haiti ist es sicher nicht angebracht, dieses Bild auf die vielen Verletzten zu beschränken, deren Wunden nach einigen Wochen mehr oder weniger befriedigend verheilt sind, hier geht es jetzt vor allem darum, die vielen Obdachlosen über die nächsten Monate zu bringen und eine Katastrophe nach der Katastrophe zu verhindern.Welche Hilfe wird derzeit in Haiti noch geleistet? Und was wird noch benötigt?Munz: Benötigt wird alles, was als selbstverständliche Grundlage für das Überleben gilt, also sauberes Trinkwasser, Nahrungsmittel und die Möglichkeit, sie zuzubereiten, ein Dach über dem Kopf, das vor dem einsetzenden Regen schützt, und eine gute basismedizinische Versorgung, um auf die Bedrohungen der nächsten Wochen adäquat reagieren zu können. Für die Erdbebenopfer können Epidemien jeder Art sehr rasch zu einer tödlichen Bedrohung werden. Deshalb wird zurzeit auch eine Massenimpfung durchgeführt, um vor allem die Kinder gegen Masern, Tetanus und Diphtherie zu schützen.Ein besonderes Problem stellen zurzeit die Unterkünfte dar, da in den spontanen Camps meist nicht ausreichend Platz zur Verfügung steht, um sie aufzustellen. Dasselbe gilt für dringend benötigte Latrinen, die wegen Platzmangel und dem Asphalt, auf dem die Menschen hausen, bisher noch nicht in ausreichenden Mengen errichtet werden konnten. Hinzu kommt leider die Tatsache, dass die meisten Hilfsorganisationen sich auf die medizinische Versorgung der Verletzten konzentrieren, und dass nur wenige bereit sind, sich auch beim Bau von Latrinen zu engagieren.Wie lange wird der Wiederaufbau des Landes noch dauern?Munz: Eigentlich ist das ein Neuaufbau und weniger ein Wiederaufbau. Zunächst einmal erscheint es mir vordringlich, die Menschen über die nächsten Monate zu bringen, und in dieser Beziehung gibt es noch jede Menge zu tun. Der eigentliche Neuaufbau sollte dann ohne jegliche Hektik und mit den Einheimischen zusammen erfolgen. Wenn er langfristig wirksam und effektiv sein soll, dann wird das sicherlich mindestens fünf Jahre dauern.

Zur PersonDr. Richard Munz ist Unfallchirurg und leitet Katastropheneinsätze für verschiedene Hilfsorganisationen. Er gilt als einer der wichtigsten Auslandsmitarbeiter des DRK und des Internationalen Roten Kreuzes in Genf. Munz ist Experte für "Internationale Humanitäre Hilfe" und hat einen Lehrauftrag im gleichnamigen Studiengang an der Uni Bochum. Er ist auch Autor des Buches "Im Zentrum der Katastrophe." red

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