Serie Museen im Saarland Ein Leben in Nässe, Kälte und Enge

Nalbach · Das Litermontmuseum in Nalbach gibt einen Einblick in einen Westwall-Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg.

 Am Litermontmuseum in Nalbach ist diese Schießscharte mit Original-Tarnputz zu sehen.

Am Litermontmuseum in Nalbach ist diese Schießscharte mit Original-Tarnputz zu sehen.

Foto: Johannes A. Bodwing

Tödliche Fallen für die Feinde sollten sie sein: die Bunker des Westwalls. Auf dem Papier der NS-Planer sollten sie jeden Vormarsch aus dem Westen stoppen. In der Realität kosteten sie ab Dezember 1944 in brutalen Kämpfen unzähligen Menschen das Leben. Ein Beispiel für die Ideologie dieser Zeit steht am südlichen Fuße des Litermont bei Nalbach. Kein großer Bunker ist das und auch keiner zur Präsentation militärischer Baukunst.

„Wir wollen mahnen und erinnern“, sagt Nalbachs Ortsvorsteher Albert Steinmetz zum „Litermontmuseum“. Beispielsweise an Soldaten, die in den 1950er-Jahren aus russischer Gefangenschaft zurückkehrten, „in durchgelaufenen Filzschuhen“. Steinmetz hält das zerfledderte Schuhwerk hoch. „Der hat die Gefangenschaft überlebt, mit solchen Schuhen im Winter und abgefrorenen Zehen.“

Alles im Litermontmuseum ist gespendet. Dazu zählt ein auf Hochglanz gebrachter original Bunkerofen. Der ließ sich mit mehreren Schiebern bei Gasangriff abdichten. Der kleine Bunker am Litermont ist teilweise in den Hang gebaut. Mühsam wurde er 2004/2005 wieder freigelegt. Sein Zugang ist eine niedrige Luke im Osten, durch die man nur gebückt ins Innere gelangt. Dort befindet sich eine Gasschleuse, dahinter liegt der Kampfraum. „Hier drin sieht man, wie klein der ist“, sagt Steinmetz. Ein karger Raum, grob vier auf fünf Meter. Drumherum etwa 226 Kubikmeter Beton und 15 Tonnen Stahl. „Die haben das damals in 32 bis 36 Stunden in einem Guss betoniert“, erklärt Albert Steinmetz. Solche Bunker waren so kompakt, dass sie später selbst gezielten Sprengungen durch die Franzosen widerstanden.

Errichtet wurde der Bunker am Litermont im Laufe des Westwall-Limes-Bauprogramms 1938. Als Regelbau 1 mit MG-Schartenstand für fünf Mann Besatzung. Die Schießscharte ist grob in Richtung Nalbach ausgerichtet. „Nicht nach Westen, von wo die Angriffe kamen“, sagt Steinmetz. „Der Bunker sicherte einen anderen unterhalb vom Hotel Maldix.“ Gekämpft wurde hier jedoch nicht mehr, erzählt Steinmetz. Nachdem die Amerikaner im März 1945 das Verteidigungssystem rechts der Saar überwunden hatten, zogen sich die deutschen Verteidiger nach Osten zurück. Dominant steht ein Maschinengewehr auf dem einzigen Tisch, direkt vor der nach Süden weisenden Schießscharte. Die Waffe ist heute bloß eine Nachbildung zur Anschauung. Im Original war es ein MG34, Kaliber 8x57. Mit 900 Schuss pro Minute und tödlich bis auf eine Distanz von rund 1,5 Kilometern. In etwa dieser Entfernung beginnen heute die ersten Häuser im Norden von Nalbach. „Das muss man sich mal vorstellen“, bringt Steinmetz die Bedingungen für die fünfköpfige Besatzung in Erinnerung. „Das war kalt hier drin, weil sie nicht richtig heizen konnten.“ Grund waren Schutzvorrichtungen im Kamin. Die waren so ausgelegt, dass Handgranaten nicht bis ins Innere gelangen konnten. Andererseits war dadurch kein ausreichender Zug im Kamin. Dazu kam Wasser, das vom Litermont in den Bunker sickerte. Das Ergebnis für die Besatzung: Ein Leben in Nässe, Kälte und Enge hinter zwei Meter starken Wänden und Decken.

Die Türen der Bunker waren ursprünglich gegen Gas abgedichtet. „Aber nach dem Krieg haben sich die Leute gewundert, warum man keine dieser Gummidichtungen mehr gefunden hatte.“ Die Erklärung: Solche langen Gummidichtungen passten auf die Felgen von Fahrrädern, für die es nach 1945 keine Reifen mehr gab.

1938 war der Bunker innerhalb von zwei Monaten erbaut worden. Von der Organisation Todt und für rund 3000 Reichsmark. Die Arbeiter sorgten manchmal auch für Unruhe im Ort, berichtet Steinmetz. Denn sie sahen schneidig aus in ihren Uniformen und hatten häufig auch mehr Geld locker als die einheimischen Männer.

2004/2005 begann die aktive Phase der Freilegung und Sanierung. Das erforderte 2600 Stunden ehrenamtlicher Arbeit. 2006 war die Eröffnung. Seither haben an die 7000 Besucher das Litermontmuseum besucht, erzählt Steinmetz. Die standen gleich hinter der niedrigen Stahltür des Eingangs vor Porträtfotos. Opfer im Zweiten Weltkrieg aus Nalbach. Soldaten, Zivilisten, Kinder. Insgesamt 247, bei einer Bevölkerungszahl von damals rund 3200 Personen.

Das Litermontmuseum befindet sich am südlichen Fuß des Litermont, nahe dem Hotel-Restaurant Litermont in Nalbach. Besichtigungen sind möglich nach Absprache mit Ortsvorsteher Albert Steinmetz, wochentags per Telefon (0 68 38) 8 35 04.

Alle Serienteile zu den Museen im Saarland finden sich im Internet:

 Nur eine Attrappe ist das MG vor dem massiven Stahlverschluss der Schießscharte, das Ortsvorsteher Albert Steinmetz zeigt.

Nur eine Attrappe ist das MG vor dem massiven Stahlverschluss der Schießscharte, das Ortsvorsteher Albert Steinmetz zeigt.

Foto: Johannes A. Bodwing
 Zugangsbereich mit Tarnputz

Zugangsbereich mit Tarnputz

Foto: Johannes A. Bodwing
 Der niedrige Eingang zum Bunker des Litermontmuseum in Nalbach, der 1938 erbaut worden war.

Der niedrige Eingang zum Bunker des Litermontmuseum in Nalbach, der 1938 erbaut worden war.

Foto: Johannes A. Bodwing
 Im Eingangsbereich hängt eine Tafel mit Porträts Nalbacher Opfer während des Zweiten Weltkrieges.

Im Eingangsbereich hängt eine Tafel mit Porträts Nalbacher Opfer während des Zweiten Weltkrieges.

Foto: Johannes A. Bodwing
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