Keine Chance für Windräder am Litermont

Nalbach · Rund dreieinhalb Stunden lang knackige Bürgerfragen, dazu Projektpräsentation und Versuche, fast 200 Menschen zu überzeugen. Dann entschied am Donnerstagabend der Nalbacher Gemeinderat in geheimer Abstimmung gegen den Windpark Primsbogen. In Beckingen steht die Entscheidung über den umstrittenen Windpark, von dem Teile sich auch auf Beckinger Territorium befinden, indes noch aus.

Entsetzt blickten am Donnerstagabend nicht nur Bürger auf die große Leinwand im Sitzungssaal des Nalbacher Rathauses. Auch manches Ratsmitglied erschrak bei einem Bild der Litermontstraße in Piesbach mit nördlicher Blickrichtung und mit überragenden Windrädern. Die jeweils 230 Meter hohen Anlagen sind für den Windpark Primsbogen rund um den Litermont bestimmt. Acht sollen es werden, erläuterte Projektleiter Christian Sträßer von der Energie Baden-Württemberg, EnBW. Drei davon stehen auf Gebiet der Gemeinde Nalbach , drei weitere auf Territorium der Gemeinde Schmelz, die übrigen beiden befinden sich auf Beckinger Areal.

Die Gesamtleistung betrage 26,4 Megawatt. "Das ist schlichtweg unmöglich", widersprach Gerhard Weyland von der "IG vernünftige Windenergie der Gemeinden Nalbach , Beckingen und Schmelz". Der Nalbacher verwies auf durchschnittlich 5,3 Meter pro Sekunde für die hiesige Windgeschwindigkeit . "Sie erreichen damit 15, vielleicht 20 Prozent der Auslastung." So könne man nicht rechnen, erklärte Dr. Jan Roß vom Büro GAIA. In Zeiten mit höheren Windgeschwindigkeiten steige die Energieausbeute deutlich an. Warum die Schallwerte für ein allgemeines Wohngebiet ermittelt wurden, fragte jemand. Der betreffende Bereich sei doch ein reines Wohngebiet. Die Einteilung stamme vom Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz, LUA, lautete die Antwort.

Weitere Fragen betrafen Schlagschatten, Gesundheitsschäden durch Infraschall, negative Folgen für den Tourismus in der Gemeinde sowie Werteverluste bei Häusern und Grundstücken. Immer wieder schlingerten die Projektbetreiber um klare Antworten herum. Dagegen zeigte sich die Interessengemeinschaft gut informiert, hartnäckig und überwiegend sachlich. Nicht Windkraft generell lehnten sie ab, sondern dieses Projekt in der jetzigen Form.

Ein außerordentliches Kündigungsrecht im Vertrag sprach der gebürtige Nalbacher Werner Kockler an. Dann "kann die EnBW die Türme stehen lassen". Die Rückbauverpflichtung, antwortete Bürgermeister Peter Lehnert , stehe im Vertrag drin. "Und es wird eine Bürgschaft hinterlegt." Aber bei außerordentlicher Kündigung, kritisierte Kockler, laufe das anders. "Mit welcher Windgeschwindigkeit ist das Gutachten errechnet worden?", hakte Thomas Backes mehrfach nach. Er ist Schallexperte am Unicampus Birkenfeld. "Wir haben 95 Prozent der Nennleistung angesetzt", antwortete schließlich Jan Roß, "bei elf bis zwölf Metern pro Sekunde Windgeschwindigkeit ". "Und dabei wollen sie 35 dB einhalten?", zweifelte Backes die Angaben zur Schallbelastung am Piesbacher Ortsrand an. Vor etwa 200 Zuhörern zeigte sich der Gemeinderat letztlich von Details eines Projektes überrascht, zu dem er seit etwa 2011 immer wieder entscheidende Schritte beschlossen hatte.

"Wir halten schon eine Höhe von 200 Metern für mehr als bedenklich", sagte schließlich CDU-Fraktionschef Josef Reichert. "Wir haben jetzt alle Fakten zum 15. Mal gehört", sagte Albert Steinmetz, Vorsitzender der SPD-Fraktion . Es sei also "ein Ja oder ein klares Nein" möglich. Der CDU-Antrag, das Einvernehmen zum Bundes-Immissionsschutzgesetz zu verschieben, wurde mit neun Ja, einer Enthaltung und 15 Nein abgelehnt. 17 Ratsmitglieder stimmten dann gegen das Vertragswerk für den "Windpark Primsbogen", neun dafür. "Jetzt müssen wir das Konzept Null-Emissionsgemeinde noch mal überdenken", sagte ein enttäuscht wirkender Bürgermeister. Aber das Projekt sei noch nicht gestorben, stellte Christian Sträßer klar. "Wir könnten Standorte verschieben oder auf Privatgelände ausweichen." Das werde nun geprüft.

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