Familie und Beruf unter einem Hut

Nalbach · Bürgermeister Peter Lehnert ist es wichtig, dass seine Mitarbeiter Familien- und Berufsleben vereinbaren können. Dafür, dass von den Angestellten viel Leistung verlangt wird, ist im Gegenzug Raum für Flexibilität.

 Beruf und Familie, ja, das geht. Wenn die Rahmenbedingungen in der Firma stimmen. Symbolfoto: dpa

Beruf und Familie, ja, das geht. Wenn die Rahmenbedingungen in der Firma stimmen. Symbolfoto: dpa

Als erste Kommune im Saarland ist die Gemeinde Nalbach als familienfreundliches Unternehmen ausgezeichnet worden. Entwickelt wurde das saarländische Gütesiegel von der IHK Saarland , der Handwerkskammer des Saarlandes (HWK) und dem saarländischen Familienministerium. Mit dem zwei Jahre gültigen Siegel werden Unternehmen und Behörden ausgezeichnet, die familienfreundliche Maßnahmen in ihrer Personalpolitik umsetzen.

Und was macht die Gemeinde Nalbach als Unternehmen so familienfreundlich? "Wir möchten als Arbeitgeber individuelle Möglichkeiten bieten, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen", erklärt Bürgermeister Peter Lehnert bei einem Besuch der SZ im Nalbacher Rathaus. Das beginne mit einer "hochflexiblen Arbeitszeit", sagt Dorothee Wünsch mann vom Personalamt, die gemeinsam mit ihrem Kollegen Jörg Roser für die Umsetzung verantwortlich ist. "Unsere Mitarbeiter können zwischen 7 und 8.30 Uhr anfangen zu arbeiten, die Kernarbeitszeit geht dann bis 16 Uhr", fügt Wünsch mann an. So sind Gemeinde-Mitarbeiter, die Kinder haben, recht flexibel, wenn es beispielsweise darum geht, die Kleinen in den Kindergarten zu bringen oder abzuholen.

Aber nicht mehr nur der Nachwuchs steht im Vordergrund, auch das Thema Pflege wird immer wichtiger. "Wir haben einen Mitarbeiter, der seine Großeltern pflegt. Da muss auch der Freiraum da sein, einmal die Mittagspause länger zu gestalten oder früher zu gehen, um sich zu kümmern", meint Bürgermeister Lehnert und schiebt zugleich hinterher: "Auf der anderen Seite wird hier aber nichts geschenkt. Wir erwarten auch viel Leistung, und die Regelarbeitszeit muss man bringen. Das ist ein Geben und ein Nehmen."

Über das elektronische Arbeitszeitkonto - die Arbeitszeit der Mitarbeiter wird per Chips registriert - sei eine gewisse Kontrolle gewährleistet: "Durch die Technik ist das Ganze klar und sauber nachvollziehbar", meint Lehnert.

Während in vielen Unternehmen das Einfordern der Väterzeit für viele Männer noch einen Karriereknick bedeutet, zeigt man sich im Nalbacher Rathaus aufgeschlossen. So wurde für den Klimaschutzmanager Martin Wörner, zweifacher Vater, als sein jüngster Sohn Emil vor fünf Monaten zur Welt kam, eine individuelle Lösung gefunden. Überstunden aus dem Vorjahr durfte er ansammeln "und dann konnte ich vier Wochen nach der Geburt zu Hause bleiben", erzählt der 34-Jährige. Im Notfall, so der Piesbacher, bringe er seinen Ältesten, den siebenjährigen Max, auch mal mit ins Büro.

Von einer familienfreundlichen Personalpolitik profitierten Arbeitnehmer wie Arbeitgeber, glaubt Lehnert. "Wir wollen unsere Fachkräfte ja auch halten, und dass sie nach der Elternzeit wieder kommen. Zufriedenheit bei den Mitarbeitern wird sich zudem immer positiv aufs Arbeitsergebnis auswirken."

In einem Workshop erarbeiteten Mitarbeiter eine Zielvereinbarung, die in den nächsten zwei Jahren umgesetzt werden soll. Auf der Agenda steht so unter anderem die Anschaffung eines Spielekoffers (falls das Kind mal mit ins Büro muss) und das Anlegen einer Pflegemappe mit Hilfestellungen für den Fall, dass Angehörige der Mitarbeiter zum Pflegefall werden. Außerdem wird geprüft, ob das Einrichten eines Lebensarbeitszeitkontos in der Behörde umsetzbar ist. Dabei werden ab einem gewissen Alter Überstunden nicht mehr abgefeiert, sondern angesammelt, sodass der Mitarbeiter früher in Rente gehen kann.

"Das Siegel ist ein Startzeichen. Die Kunst ist es, das Papier mit Inhalt zu füllen und zu leben", meint Lehnert. Die Gemeindeverwaltung solle dabei eine Vorbildfunktion für alle Unternehmen in der Gemeinde einnehmen. > Interview zum Thema auf

Familienfreundlich mögen sich wohl viele Unternehmen gerne nennen. Das ist sexy, das strahlt Sicherheit und Wohlbehagen aus. Oft erweist sich das Ganze aber als Mogelpackung.

Als fortschrittlich und sichtlich bemüht habe ich die Personalpolitik und die Akteure bei der Gemeindeverwaltung in Nalbach erlebt. Hier darf man scheinbar noch Kinder kriegen, ohne gleich das Karriere-Aus befürchten zu müssen. Der Beruf lässt hier Platz für Familie, so scheint es.

Bei vielen Arbeitnehmern dürfte dies für Zufriedenheit sorgen, und die wirkt sich nicht nur zu Hause, sondern auch im Büro positiv aus. Ein Gewinn für beide Seiten also.

Die Zeit der starren Strukturen ist ohnehin längst überholt. Zu dumm nur, dass das in den meisten Führungsetagen einfach noch nicht angekommen ist.

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