Blindenstock als Abwehrwaffe

Körprich · Aufrechter Gang, laute Hilferufe und der Blindenstock als Abwehrwaffe: Wie sich sehbehinderte Menschen gegen einen Angreifer effektiv zur Wehr setzen können, erklärte Gewaltschutztrainer Helmut Stieglbauer in einem neuen Kurs.

 Zehn Blinde und stark sehbehinderte nahmen mit Betreuern an dem Selbstverteidigungstraining in Körprich teil.

Zehn Blinde und stark sehbehinderte nahmen mit Betreuern an dem Selbstverteidigungstraining in Körprich teil.

Laute Kampfschreie waren im Sitzungsraum der Körpricher Michaelshalle zu hören. Wo ansonsten der Ortsrat friedlich tagt, ging es zeitweise ziemlich hoch her. Fünf Blinde und stark sehbehinderte Menschen trainierten mit ihren Betreuern unter Anleitung des zertifizierten Gewaltschutztrainers Helmut Stieglbauer praktische Techniken zur Selbstverteidigung.

Es war der erste Kurs dieser Art im Saarland für sehbehinderte Menschen, organisiert vom Körpricher Behindertenbeauftragten Thomas Schorr (56) und dessen Frau Christiane. Die 50-Jährige betreibt einen privaten Betreuungsservice für Menschen mit Handicap.

Auch Silvia Hieb, stellvertretende Landesvorsitzende des Blinden- und Sehbehindertenvereins, nahm an dem Präventionskurs teil und war begeistert: "Wir planen, den Kurs 2017 auch in anderen Landkreisen anzubieten".

Trainer Stieglbauer, erfahrener Karatesportler und Träger des schwarzen Gürtels, ermunterte die Teilnehmer immer wieder, selbstbewusst im Freien aufzutreten und sich niemals in eine Opferrolle drängen zu lassen. "Gehen Sie aufrecht und rufen laut um Hilfe oder schreien Sie, wenn Sie tätlich angegriffen werden, notfalls setzen Sie Ihren Blindenstock zur Verteidigung ein", riet Stieglbauer.

Wie effektiv ein Blindenstock als Verteidigungswaffe genutzt werden kann, verblüffte die Kursteilnehmer in der praktischen Übungsphase. "In 85 Prozent der Fälle lassen Täter von ihren Opfern los, wenn die sich vehement zur Wehr setzen", erläuterte der Gewaltschutztrainer. Aber auch durch spezielle Schlag-, Stoß- und Tritttechniken könnten sich Menschen mit Handicap effektiv zur Wehr setzen.

"Obwohl ich körperlich noch nie in Bedrängnis war, weiß ich jetzt, mich auf eine Gefahrensituation einzustellen", sagte die Losheimerin Gabriele Veit (62) am letzten Kurstag begeistert. Sie nahm gemeinsam mit ihrem Ehemann Reiner (63) an dem speziellen Training teil. "Dieser Kurs war äußerst hilfreich und gibt uns für die Zukunft ein besseres Sicherheitsgefühl", bestätigt Gertrud Rach (67) aus Saarlouis. Der Saarlouiser Axel Buschmann (64) gesteht selbstbewusst: "Sollte ich bei meinen Spaziergängen entlang der Saar mal angegriffen werden, weiß ich mich zu wehren".

Für die nicht sehbehinderte Sozialarbeiterin Sara Junker aus Limbach waren es berufliche Gründe, an dem Selbstverteidigungskurs teilzunehmen.

"Ich betreue Menschen in deren Alltag, und mit den Ratschlägen aus diesem Kurs kann ich meinem Schutzauftrag besser nachkommen", erläuterte die 40-Jährige. Sehr hilfreich empfand auch Inge Roth das Training. "Die vielen praktischen Tipps sind besonders nützlich für meine Betreuungsarbeit, die ich für die kirchliche Sozialstation Saarlouis/Saarwellingen leiste", sagte die Piesbacherin.

Sehr zufrieden äußerte sich Trainer Stieglbauer über den Verlauf des Kurses: "Alle Teilnehmer waren hochmotiviert, äußerst aufmerksam und lernbereit". Trainiert wurde an vier Tagen jeweils eine Stunde. "Die Nachfrage für diesen Kurs war riesig, leider mussten wir vielen Interessenten aus Platzgründen absagen", bestätigte das Ehepaar Schorr. Deshalb soll im Frühjahr 2017 ein neuer Kurs stattfinden.

 Trainer Helmut Stieglbauer zeigt der Sozialarbeiterin Sara Junker, wie sie einen tätlichen Angriff abwehren kann. Fotos: Dieter Lorig

Trainer Helmut Stieglbauer zeigt der Sozialarbeiterin Sara Junker, wie sie einen tätlichen Angriff abwehren kann. Fotos: Dieter Lorig

Anfragen oder Infos: Telefon (0 68 38) 27 02, oder E-Mail: christiane.schorr@gmx.de.

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