Auf der Suche nach dem Grab eines ehemaligen Zwangsarbeiters
Lebach/Dillingen/Nalbach · Ina Mikitenkos Großvater kam 1945 in Deutschland als Zwangsarbeiter ums Leben. Jetzt möchte die Russin herausfinden, wo er beigesetzt wurde. Doch viele Bestattungsorte sind heute nicht mehr bekannt.
Ina Mikitenko aus Wladiwostok in Russland sucht das Grab ihres Großvaters. Ilja Gotwjanski - Jahrgang 1905 - geriet im Zweiten Weltkrieg in deutsche Kriegsgefangenschaft und kam als Zwangsarbeiter im Januar 1945 ums Leben. Zuletzt soll der Sowjetrusse in Dillingen und Lebach-Zollstock interniert gewesen sein. "Mein Großvater befand sich im Arbeitskommando 607 in Dillingen und Zollstock", schrieb die Enkelin aus Wladiwostok Anfang des Jahres hilfesuchend an die Stadt Dillingen. "Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass wir keinerlei Unterlagen über Ihren Großvater in unserem Archiv gefunden haben . . .", antwortete eine Mitarbeiterin des Dillinger Einwohnermeldeamtes der Russin schriftlich.
Auch weitere Recherchen der Gemeindeverwaltung Nalbach und der Stadtverwaltung Lebach erbrachten bis heute keine Hinweise auf die Grabstelle des russischen Gefangenen. Fast 70 Jahre nach Ende des Krieges bleibt das Schicksal vieler ausländischer Kriegsgefangener und Zwangsarbeiter in unserer Region weitestgehend unbekannt. In den Wirren der letzten Kriegsmonate habe es keine richtig funktionierenden kommunalen Strukturen mehr gegeben, gab der Lebacher Standesbeamte Peter Rück zu verstehen. Deshalb seien heute nur lückenhaft Dokumente vorhanden, die über die Todesursache und den Bestattungsort von vielen ausländischen Gefangenen und Zwangsarbeitern Auskunft geben. Dennoch scheint die Aufarbeitung der Schicksale ausländischer Zwangsarbeiter für den Raum Lebach noch in den Anfängen zu stecken. Ein Teil des Geländes, auf dem sich früher das Arbeitslager in Zollstock befand, ist seit 1983 an die Lebacher Reservistenkameradschaft verpachtet. Heute wird es als idyllisch im Wald gelegenes Grill- und Freizeitgelände genutzt. Dem verstorbenen langjährigen Vorsitzenden der Reservistenkameradschaft wurde auf dem Gelände ein "Gedenkstein" gesetzt und der Platz nach ihm benannt. An die dort geschundenen Zwangsarbeiter weist nur ein kleiner Hinweis auf einer aufgestellten Info-Tafel hin: ". . . Ende 1944 waren in den Unterkünften auch Kriegsgefangene als Zwangsarbeiter einquartiert . . ."
"Die betroffenen Familien von Zwangsarbeitern tun mir sehr leid", gibt Hildegard Bayer gegenüber der SZ zu verstehen. Die pensionierte Gymnasiallehrerin hatte 2013 zur Erinnerung an verfolgte Juden in Lebach das Projekt "Stolpersteine" mit einer Schülergruppe initiiert. Das von der Schülergruppe ebenfalls geplante Projekt "Zwangsarbeiter " konnte aus zeitlichen Gründen noch nicht angegangen werden.
In Wladiwostok hofft Ina Mikitenko weiterhin auf Informationen darüber, wo ihr Großvater im Saarland beerdigt wurde.