Mit dem Hammer ins Leben geholtEine Erinnerung an den Künstler Benno Elkan

Dillingen/Völklingen. Kein Champagner, nicht einmal Sekt, keine Schnittchen, keine Musik, kaum Worte, nicht einmal von der Bildhauerin Inge Andler-Laurenz, die im Mittelpunkt stehen könnte, wenn sie nur wollte. Sie ist aber zum Arbeiten gekommen, nicht zum Feiern

Dillingen/Völklingen. Kein Champagner, nicht einmal Sekt, keine Schnittchen, keine Musik, kaum Worte, nicht einmal von der Bildhauerin Inge Andler-Laurenz, die im Mittelpunkt stehen könnte, wenn sie nur wollte. Sie ist aber zum Arbeiten gekommen, nicht zum Feiern. Wenn gusseiserne Kunst-Skulpturen aus ihren Formen befreit werden, wie gestern Morgen in der Gießerei der Dillinger Hütte, dann ist das enorm spannend. Man könnte jede Menge "Event" drumherum veranstalten. Statt Glamour gibt es aber Geschäftigkeit. Denn genau genommen ist das Werk ja noch nicht ganz vollbracht. Es begegnen sich ein Dutzend Gäste mit den zweitbesten Sachen an, mit Helmen und Schutzmänteln in zehn Grad kalter Werkhalle. Zuerst gibt es ein Kurzvideo über das Entstehen einer Gussform zu sehen. Und dann treten alle nah ran und nehmen dreckige Hosenbeine in Kauf, als Former Helmut Bauer die abgekühlte, etwa eine Tonne schwere "Weinende Mutter" mit dem Fünf-Kilo-Hammer vom festgebackenen Quarzsand befreit und sie sozusagen ins Leben befördert. Bauer aus Hemmersdorf, Meister in der Arbeitsvorbereitung, ist selbst Hobbykünstler, und deshalb ist diese geburtshelferische Arbeit für ihn maßgeschneidert und Ehrensache. Obwohl eigentlich nichts kaputt gehen kann, klopft er lieber halbfest auf das Metall als zupackend, aus Respekt vor der Arbeit, die wenige Meter entfernt noch einmal in Gips steht - das Vorbild für die Eisen-Variante. Als die fein herausgearbeiteten Konturen von Füßen und Händen erkennbar sind, ist klar: Das Handwerk der Gießer ist gelungen! Sooo selbstverständlich ist das auch wieder nicht, denn in dieser Gießerei werden, wie Betriebsleiter Johannes Klein-Bohnenberger berichtet, überwiegend Schlackenkübel hergestellt und eben keine Kunst. Es hätte schlimmstenfalls geschehen können, dass das flüssige Eisen aus der Gussform rinnt beziehungsweise dass es nicht alle Hohlräume erreicht. Solch ein sensibler Auftrag stachelt den Ehrgeiz in dieser Gießerei an, beim Arbeiter wie auch bei den Führungskräften. Rudolf Cawelius, Betriebschef für Technik, spricht von einer "echten Herausforderung". Bildhauerin Inge Andler-Laurenz, vom fotografierenden Ehemann Peter Butz begleitet, gibt zu, dass sie ein wenig nervös war, ob alles gelingen würde. Allerdings ist sie auch nicht überrascht, dass es so gekommen ist. Sie hat es gemocht, das Werk an diesen Tag heranzuführen. Alles in allem steckten sieben Monate Arbeit in der "Weinenden Mutter". Die Zusammenarbeit mit dem Betrieb sei "toll" gewesen, lobt die Künstlerin - und sie wird noch etwas dauern. Denn nachdem die Gießer die Figur entgratet und gesäubert haben, gelangt sie wieder unter die Hände von Inge Andler-Laurenz, sozusagen zur Feinabstimmung inklusive Verzinkung und Bemalung. Gegen Ostern soll sie ihren Platz im Park finden. Wie lange sie Wind und Wetter und Korrosion standhalten wird? Zig Generationen, ach was, ewig, sagen die Gießer. Völklingen. Der Frankfurter Bildhauer Benno Elkan (1877 bis 1960) schuf ein Mahnmal, das von 1925 bis 1935 auf dem Völklinger Ehrenfriedhof stand und "Allen Opfern" des ersten Weltkrieges gewidmet war. Die Nationalsozialisten vernichteten die Skulptur, weil sie nicht in ihre Ideologie passte - und weil sie die Schöpfung eines jüdischen Künstlers war. Elkan selbst hatte seine Figur nie benannt, die Völklinger nannten sie "weinende Mutter". Aufgrund einer Anregung aus der Bevölkerung bemühte sich Oberbürgermeister Klaus Lorig darum, die Figur zu ersetzen. Nicht durch ein exaktes Nachbild, sondern durch ein neues Werk, das vom Elkanschen Werk inspiriert sein sollte. Der Anspruch ist weiter gefasst als der ursprüngliche: Es soll Mahnung sein gegen Gewalt, Krieg, Intoleranz und Fanatismus. Für die Arbeit wurde die renommierte einheimische Künstlerin Inge Andler-Laurenz gewonnen. Von ihr stammt bereits die Brunnenfigur "Mutter und Kind" im Pfarrgarten St. Eligius. Der Völklinger Stadtrat hat das Projekt einhellig unterstützt. Im Rathaus hofft man, dass das Denkmal großzügige Unterstützung aus der Bürgerschaft erhält, um die Stadtkasse zu schonen. Die Saarstahl AG, die Völklinger Energiestiftung, der Regionalverband Saarbrücken, Saartoto und die Stadtsparkasse Völklingen sind bislang die Hauptsponsoren. wp

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