Schwierige Suche nach historischer Wahrheit

Lebach · Waren im ehemaligen RAD-Lager Zollstock gegen Ende des Zweiten Weltkrieges ausländische Zwangsarbeiter interniert oder nicht? Diese Frage beschäftigt seit Monaten die Mitglieder des historischen Vereins und die Stadtverwaltung Lebach.

 Auf dieser Infotafel am früheren Standort des RAD-Arbeitslagers in Zollstock erinnert die Stadt Lebach an Kriegsgefangene, die 1944/45 als Zwangsarbeiter eingesetzt worden sein sollen. Ob dem wirklich so war, daran scheiden sich derzeit die Geister. Fotos: Dieter Lorig

Auf dieser Infotafel am früheren Standort des RAD-Arbeitslagers in Zollstock erinnert die Stadt Lebach an Kriegsgefangene, die 1944/45 als Zwangsarbeiter eingesetzt worden sein sollen. Ob dem wirklich so war, daran scheiden sich derzeit die Geister. Fotos: Dieter Lorig

Zwei SZ-Artikel über die Suche einer Russin nach dem Grab ihres Vaters lösten im September zum Teil kontroverse Diskussionen über das ehemalige Lager Zollstock aus. Niemals seien im Lager Zollstock osteuropäische Zwangsarbeiter untergebracht gewesen, war in einer Arbeitssitzung des historischen Vereins Lebach noch Ende Oktober zu hören. Sollte dies tatsächlich zutreffend sein, wären Hinweise auf einer städtischen Informationstafel vor dem heutigen Freizeitgelände der Lebacher Reservistenkameradschaft am Nordhang des Hoxberges nicht korrekt.

Auf der Info-Tafel im Wald wie auch auf der Internetseite über den Kaltensteinpfad weist die Stadt Lebach auf das frühere RAD-Gelände am Hoxberg und darin untergebrachte ausländische Kriegsgefangene hin, die als Zwangsarbeiter eingesetzt worden sein sollen. Anfang November konfrontierte die SZ Toni Bartz, Pressesprecher der Stadt Lebach, mit dem offensichtlichen Widerspruch und bat um Aufklärung. Bartz sagte zu, den Sachverhalt gemeinsam mit Vertretern des historischen Vereins zu klären, was jedoch noch dauern könne.

"Im Interesse der Suche nach der historischen Wahrheit, gibt es inzwischen einige Antworten", teilte Hildegard Bayer Mitte November der SZ mit. Die frühere Gymnasiallehrerin ist Mitglied des historischen Vereins Lebach. Die Stadt habe zwischenzeitlich Kontakt mit einer Zeitzeugin aufgenommen, die Zaun an Zaun mit Zwangsarbeitern in Zollstock gewohnt hätte, jedoch nicht im RAD-Lager, bestätigte Bayer. Zudem werde eine Begehung des Geländes in Zollstock stattfinden, um so die damaligen räumlichen Verhältnisse besser zuordnen zu können.

Kürzlich hat Egon Gross, ebenfalls Mitglied im Lebacher Historik-Verein, Hinweise erhalten, wonach sich kurz nach dem Krieg im ehemaligen RAD-Lager Polen "versteckt" hätten.

Anfang November informierte Richard Wagner, Vorsitzender des historischen Vereins Lebach, die SZ über Aussagen einer Zeitzeugin zu einem Gefangenenlager mit Russen in Zollstock. Der Lebacher Förster Winfried Fandel wundert sich über die Diskussionen zum Thema Zwangsarbeiter. Er hatte vor Jahren in Zollstock die Aufstellung der Info-Tafeln veranlasst und im Text an das Schicksal von Zwangsarbeitern erinnert.

"Die Texte zum RAD-Lager Zollstock wurden damals zusammen mit Mitgliedern des historischen Vereins verfasst", sagte Fandel. Auf Nachfrage der SZ bestätigte Thomas Rückher, ebenfalls Mitglied im historischen Verein, er habe Förster Fandel damals Informationen zu untergebrachten Osteuropäern im Lager Zollstock gegeben. Möglicherweise könnten dies Ausländer aus dem Arbeitslager Hüttersdorf gewesen sein, die einem schlimmen Luftangriff der Alliierten im Januar 1945 überlebten und anschließend nach Zollstock verlegt worden sein könnten, gab Rückher zu verstehen. "Wir sind um eine ehrliche Aufklärung bemüht, weshalb die schwierige Recherche nach der historischen Wahrheit in Zollstock fortgesetzt werde", teilte Bayer der SZ mit.

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