AAL-Kompetenzraum Im kleinen Dorf soll etwas Großes entstehen

Niedersaubach · Digital-Vernetzung soll helfen, im Alter länger zu Hause zu leben. Der landesweit erste sogenannte AAL-Kompetenzraum wurde in Niedersaubach in Betrieb genommen. Das Projekt startete auch in Saarlouis.

 Großer Andrang herrschte bei den Führungen im AAL-Kompetenzraum: Ortsvorsteher Hans Schmitz (links) präsentierte Offiziellen und Bürgern die neue Einrichtung im Niedersaubacher Gemeindezentrum.

Großer Andrang herrschte bei den Führungen im AAL-Kompetenzraum: Ortsvorsteher Hans Schmitz (links) präsentierte Offiziellen und Bürgern die neue Einrichtung im Niedersaubacher Gemeindezentrum.

Foto: ajk

Großer Andrang am Montag im Antoniusheim in Niedersaubach: Staatssekretär Jürgen Barke, Landrat Patrik Lauer, Bürgermeister Klauspeter Brill und Ortsvorsteher Hans Schmitz waren in das Dorfgemeinschaftshaus gekommen, um mit 50 Bürgern den landesweit ersten AAL-Kompetenzraum in Betrieb zu nehmen. AAL steht für „Ambient Assisted Living“, frei übersetzt mit „Altersgerechte Assistenz-Lösungen“.

Durch den Saal schwirrten zahlreiche Fachbegriffe und Anglizismen: da war von digitaler und analoger Welt die Rede, von Apps, Tablets und Smartboards, von AAL und inviSa („intelligent vernetzt im Saarland“). Fast alle Geräte der AAL-Technik sind miteinander vernetzt, ob Gegen-Sprechanlage mit Bildübertragung, oder integrierter Bewegungsmelder, der Aktivitäten vor der Haustür erkennt. Die Lichtsteuerung ist ebenso smart wie Steckdosen oder Heizung. Es gibt eine Smart-Watch, die den Gesundheitszustand der Bewohner überwacht oder eine digitale Pillenbox. Eine smarte Klimasteuerung ebenso wie Sicherheitseinrichtungen: Rauchmelder, Wassersensoren, Tür- und Fensterkontakte.

Zudem wurde ein Fensterputz-Roboter installiert. Das Assistenzsystem Better@Home erkennt, ob jemand zu Hause ist, ob jemand länger als gewöhnlich im Bett liegt, ob Türen oder Fenster offen sind. Eine intelligente Kommunikations-Plattform ergänzt die technischen Überwachungs- und Hilfsmittel.

„Es geht uns dabei nicht um die Technik, sondern um den Menschen“, betonte Professor Arno Elmer von der Berliner Firma Better@Home Service. Das eigentliche Projekt-Ziel machten die anwesenden Politiker deutlich. Die meisten Menschen wollen „möglichst lang selbstbestimmt zu Hause leben“ können, sagte Bürgermeister Brill. Hier sei die Politik gefordert, betonte Landrat Lauer. Niedersaubach sei dabei „Blaupause für andere Kommunen“, der Landkreis Saarlouis ein „bundesweiter Vorreiter“. Die 20 000 Euro Fördermittel des Kreises seien „für eine bessere Lebensqualität älterer Menschen gut angelegt.“ Eine beispielhaft funktionierende Dorfgemeinschaft sei eine wichtige Voraussetzung für das Projekt in Niedersaubach, erklärte Staatssekretär Jürgen Barke.

Das saarländische Wirtschaftsministerium hat im vergangenen Jahr 90 000 Euro Zuschuss für die Einführung des Haus-Assistenzsystems „inviSa@home“ gewährt. Neben den öffentlichen Fördermitteln war aber auch ein großes ehrenamtliches Engagement erforderlich. Fast 500 Arbeitsstunden seien von Niedersaubacher Bürgern geleistet worden, um die ehemaligen Lehrerzimmer im Antoniusheim herzurichten, berichtete Ortsvorsteher Hans Schmitz. Der Raum sei entrümpelt und entkernt, der Boden begradigt und gefliest, Wände und Decke in Trockenbautechnik begradigt, verputzt und gestrichen worden.

Im neuen Demonstrations- und Schulungsraum ließen sich dann zahlreiche Besucher zeigen, welche Möglichkeiten es gibt, die Sicherheit zu steigern und den Alltag zu erleichtern, ohne gleich die ganze Wohnung umgestalten zu müssen. Das Interesse war offenkundig groß, aber noch scheint bei einigen die Zurückhaltung zu überwiegen. „Das kommt für mich etwas früh, ich bin ja noch topfit“, meinte der 66-jährige Hermann Buchheit. Auch Hans Zangerle (68) ist noch nicht ganz überzeugt, meint aber: „Man weiß ja nicht, was noch kommt.“

Bereits eingetragen als Interessentin hat sich dagegen die 61-jährige Hedwig Bronder, die für sich und ihren Mann, vor allem aber für ihre 87-jährige Mutter darin eine Möglichkeit sieht. Nach einer ausführlichen Beratung will sie sich entscheiden, ob und welche System-Module („auf keinen Fall Alexa“) sie installieren lässt.

Erste Erfahrungen hat der 82-jährige Adalbert Herrmann, in dessen Haus bereits im Herbst eine Pilot-Wohnung eingerichtet wurde. „Zum Glück gab es keinen Notfall, ich habe es noch nicht wirklich benötigt“, erzählt er. Sein Hausarzt wolle altersbedingt auch nicht mitmachen, zudem sei die Netzabdeckung nicht immer ganz stabil. „Man muss ständig damit arbeiten, sonst ist man raus“, verweist Herrmann auf die Notwendigkeit, die Anwendung der Hilfsmittel regelmäßig zu üben. In Niedersaubach haben sich bislang erst zwei Ärzte dem System der Telemedizin angeschlossen.

So gibt es sowohl aufseiten der Nutzer wie der Dienstleister im Gesundheitsbereich durchaus noch Überzeugungsarbeit zu leisten, damit die modernen Hilfsmittel effektiv genutzt werden können. „Das braucht sicher noch Zeit“, räumt Arno Elmer ein.

 Im Haus des 82-jährigen Adalbert Herrmann war bereits im September 2019 das Projekt gestartet worden.

Im Haus des 82-jährigen Adalbert Herrmann war bereits im September 2019 das Projekt gestartet worden.

Foto: ajk

Auch in Saarlouis wurde das von der Gemeinnützigen Bau- und Siedlungs GmbH Saarlouis mitgeförderte Projekt „inviSa@Home – intelligent vernetzt im Saarland“ den ersten GBS-Mietern in der Wohnanlage 50+ Ecke Adler-/Pavillonstraße vorgestellt. Für das technische Assistenzsystem als Stütze für ein langes und selbstbestimmtes Leben in der eigenen Wohnung sollen in der ersten Jahreshälfte 40 Mieter gewonnen werden.

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