Er war als Messdiener immer zur Stelle

Lebach · Der Lebacher Richard Hoffmann erinnert sich noch heute gut an Beerdigungen während des Zweiten Weltkriegs.

 Richard Hoffmann erklärt Lilian Heinen und Bernhard Huwer vom Volksbund die Situation auf dem Lebacher Ehrenfriedhof. Foto: Lothar Schmidt

Richard Hoffmann erklärt Lilian Heinen und Bernhard Huwer vom Volksbund die Situation auf dem Lebacher Ehrenfriedhof. Foto: Lothar Schmidt

Foto: Lothar Schmidt

Auf dem Ehrenfriedhof in Lebach ruhen 253 deutsche Soldaten, 24 davon aus Lebach und 73 Soldaten aus Osteuropa. Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge Saarland will die Kriegsgräberstätte zu einem Lernort für nachfolgende Generationen aufarbeiten (wir berichteten).

Richard Hoffmann, Jahrgang 1930, aus Lebach erinnert sich noch sehr gut an Beerdigungen während des Zweiten Weltkrieges, denen er als Messdiener beiwohnte. Seine Großeltern wohnten bei der Kirche. Er hielt sich oft dort auf und war immer zur Stelle, wenn Pastor Johannes Peter Dahmen einen Messdiener brauchte. So ministrierte er dem Geistlichen auch bei Gottesdiensten in der Hauskapelle der Schwestern, die neben dem Pfarrhaus ihr Haus hatten. "Pastor Dahmen hat während des Krieges nie sein Pfarrhaus verlassen. Er ist geblieben, auch wenn die meisten flüchteten", erzählt Hoffmann auf seine ihm eigene lebhafte Art und Weise.

Auf dem Lebacher Friedhof stand, wo heute die Leichenhalle steht, eine kleine Einsegnungshalle. "Die hatte keine Fenster, nur eine Flügeltür." Wer beerdigt wurde, das wusste der damals 14-Jährige nicht. Nur so viel, dass es Soldaten waren, die im Lazarett in der Hermann-Göring-Kaserne in der Dillinger Straße an ihren Verwundungen gestorben waren. Zunächst seien die Toten noch in Papiersäcken bestattet worden. Später in Uniform, allerdings ohne Koppel und Stiefel. An der Zehe war ein Namensschild angebracht. Russische Zwangsarbeiter mussten die Gräber ausheben. Hoffmann ist sich sicher, dass es eine Namensliste gab. Heute haben alle Gräber ein Namenstäfelchen. Der Reihe nach wurden die Toten bestattet. Die Zwangsarbeiter mussten die Gräber wieder mit Erde zumachen. Sehr berührt habe den jungen Ministranten damals, als bei solch einer Beisetzung die Zwangsarbeiter anfingen zu beten, in einer Sprache, die er nicht verstand. Sie haben die Mütze gezogen, obwohl es eisig kalt war und sich vor den Toten verbeugt.

Die Zwangsarbeiter waren in zwei Sälen in der Marktstraße untergebracht. In Erinnerung geblieben sind Hoffmann die dünnen und schlechten Kleider, die die Arbeiten trugen. Sie hatten keine Schuhe, sie wickelten sich Lumpen um die Füße.

Mit Kaplan Stockhausen musste Hoffmann auch einmal zu einer Messfeier in die heutige Michaelskapelle auf dem Schulcampus. Das war nach Kriegsende. Sie wurden von den Amerikanern mit dem Jeep abgeholt und wieder zurückgebracht. Als Dank erhielt der Kaplan ein Päckchen mit Schokolade. "Geteilt hat er aber nicht."

Viele Ereignisse sind Richard Hoffmann heute noch präsent. Wie die Beerdigung von Angela Schwirz, die auch auf dem Ehrenfriedhof ruht. Die Lebacherin war Flakhelferin im Reich. Die Musikkapelle spielte und Honoratioren aus der Wehrmacht wohnten der Beisetzung bei. Von dieser Beerdigung hat er auch ein Foto. Hoffmann weiß allerdings nicht mehr, wer ihm dies gegeben hatte.

Pastor Dahmen "war ein guter Mann". Er habe zwar nie persönlich in der Sakristei das Wort an ihn gerichtet. Aber als Hoffmanns Vater 1945 schwer verwundet in seine Heimat zurückkehrte, war niemand mehr in den Häusern und Wohnungen um die Kirche anzufinden. "Nur der Pastor Dahmen war da." Er habe seinem Vater gesagt, wohin sie geflüchtet seien.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort