Die heiße Spur zum Heckenschützen

Lebach/Saarbrücken · 17 Stunden lang suchen 80 Einsatzkräfte nach dem Täter, der am Donnerstag bei Lebach auf mindestens 13 Autos schoss. Ein 26-Jähriger gesteht die Schüsse und führt die Polizei am Freitag zur Tatwaffe.

Die Lage ist für die Einsatzkräfte im Morgengrauen hochgefährlich: Ist der Täter noch im Wald? Ist er nach wie vor schussbereit? Sind es vielleicht sogar mehrere Täter? Seit 5.15 Uhr sind bei der Polizei mehrere Meldungen eingegangen: Ein Heckenschütze lauert an der Verbindungsstraße zwischen Lebach-Gresaubach und Steinbach. Mehrere Autos wurden bereits getroffen, ein Mann durch den Splitter einer Scheibe am linken Arm leicht verletzt. Bis der Täter 17 Stunden später gefasst und anschließend dem Haftrichter vorgeführt wird, ist es ein weiter Weg mit Hindernissen, den Polizeipräsident Norbert Rupp und seine Chef-Ermittler am Freitag bei einer eilig angesetzten Pressekonferenz schildern.

Es beginnt damit, dass der Hubschrauber aus Rheinland-Pfalz, der die Ermittler aus der Luft unterstützen soll, auf sich warten lässt: Witterungsbedingt kann der Helikopter nicht abheben. Auch die Maschine aus Hessen muss wegen des Wetters in der Eifel zunächst kehrtmachen und steht erst am Nachmittag mit einer Wärmebildkamera bereit. Zudem ist die saarländische Bereitschaftspolizei noch nicht vom Demo-Großeinsatz in Frankfurt zurück. Beamte einer auf Wohnungseinbrüche spezialisierten Ermittlungsgruppe springen ein, sperren das Gebiet weitläufig ab. Weitere Spezialisten des Sondereinsatzkommandos, des Mobilen Einsatzkommandos und der Hundestaffel rücken aus. Insgesamt sind rund 80 Beamte im Einsatz. Den genauen Tatort zu bestimmen, ist auf der etwa drei Kilometer langen Strecke durch den Wald alles andere als einfach. In einem ehemaligen Steinbruch am Straßenrand finden die Fahnder schließlich Schuhabdrücke und grobstolliges Reifenprofil eines Geländemotorrads sowie Patronenhülsen.

Auf die heiße Spur bringen die Polizei Hinweise aus der Bevölkerung: Eine Zeitungsausträgerin hat in den frühen Morgenstunden ein Geländemotorrad ohne Kennzeichen in der Nähe des Tatorts gesichtet. Der Fahrer trug Tarnkleidung sowie einen blau-weiß-gelbfarbenen Helm. Eine weitere Frau erinnert sich, bereits am 15. März im Wald Schüsse gehört zu haben. Damals sah sie einen jungen Mann mit Pistole und merkte sich sein Kennzeichen. Über diese Spur gelangen die Ermittler letztendlich zu dem Halter einer Motocross-Maschine in Lebach-Steinbach, die mit den Spuren am Tatort übereinstimmt. Im Haus finden die Ermittler Patronenhülsen und frisch gewaschene - noch tropfend nasse - Tarnkleidung sowie den auffälligen Helm und schmutzige Schuhe.

Die beiden Bewohner, zwei 26 und 30 Jahre alte Männer, werden unter dringendem Tatverdacht gegen 21.30 Uhr festgenommen. Der 26-Jährige gesteht, geschossen zu haben, bestreitet jedoch, dass er damit jemanden verletzen wollte. "Es ist schon gewagt zu sagen: ‚Ich wollte nicht töten'", sagt der Leiter der Direktion Einsatz und Gefahrenabwehr im Polizeipräsidium, Gerald Stock.

Der 26-Jährige ist zurzeit arbeitslos. Bisher ist er nie polizeilich in Erscheinung getreten. Am Freitagmorgen führt er die Ermittler zum Versteck der Waffe, einem Gewehr Kaliber 22 Millimeter. Der Haftrichter erlässt Haftbefehl wegen des Vorwurfs des versuchten Mordes in 13 Fällen. Jetzt sitzt der Beschuldigte in der JVA Saarbrücken in Untersuchungshaft. Sein 30 Jahre alter Mitbewohner wird am Freitag entlassen.

"Es ist dem Zufall zu verdanken, dass nur eine Person verletzt wurde", sagt Polizeipräsident Rupp. Bei einem Auto wurde die Windschutzscheibe durchschossen. "Auf dem Fahrer- und dem Beifahrersitz saß jeweils eine Person. Der Schuss ging genau zwischen die beiden", so Rupp. Ein weiteres Auto wurde durch die Hintertür getroffen. "Dort sitzen üblicherweise die Kinder", sagt Rupp.

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