Besuch aus dem Saarland auf einem lettischen Friedhof

Niedersaubach. Es ist schon sehr bedrückend, wenn man sich mit dem Schicksal der blutjungen Männer beschäftigt, die im 1. und 2. Weltkrieg gefallen sind. Ihre Namen sind zwar in der Niedersaubacher Antoniuskapelle verewigt; aber in den meisten Fällen sind oder waren die näheren Umstände, unter denen sie umgekommen sind, unbekannt. Im 2

 Das Bild, kürzlich in Lettland aufgenommen, zeigt das Grab von Franz Hassel, das eine Besuchergruppe aus der saarländischen Heimat aufgesucht hatte, um im Auftrag der Tochter des Toten ein Keramikbild mit dessen biografischen Daten anzubringen. Foto: SZ/Paul Mattick

Das Bild, kürzlich in Lettland aufgenommen, zeigt das Grab von Franz Hassel, das eine Besuchergruppe aus der saarländischen Heimat aufgesucht hatte, um im Auftrag der Tochter des Toten ein Keramikbild mit dessen biografischen Daten anzubringen. Foto: SZ/Paul Mattick

Niedersaubach. Es ist schon sehr bedrückend, wenn man sich mit dem Schicksal der blutjungen Männer beschäftigt, die im 1. und 2. Weltkrieg gefallen sind. Ihre Namen sind zwar in der Niedersaubacher Antoniuskapelle verewigt; aber in den meisten Fällen sind oder waren die näheren Umstände, unter denen sie umgekommen sind, unbekannt. Im 2. Weltkrieg sind diese Umstände bei der Benachrichtigung der Angehörigen durch die örtlichen Nazi-Funktionäre auch noch teilweise grob verfälscht worden.Nun hat man sich in Niedersaubach-Rümmelbach vorgenommen, den toten Soldaten des 2. Weltkrieges nachzugehen. Eine erste wichtige Adresse ist neben dem Volksbund in Kassel und dessen Datenbank über die möglichen Grablagen in ganz Europa die WASt (Wehrmachtsauskunftsstelle oder Deutsche Dienststelle in Berlin). Dort gelingt es oft, mittels Kriegsstammrollen oder Wehrstammbüchern die individuellen Schicksale erstaunlich genau zu bestimmen.Am Beispiel: Entgegen der Benachrichtigung der Angehörigen durch den NSDAP-Ortsgruppenleiter an Sylvester 1944 war Franz Hassel (geboren 5. Dezember 1912 in Niedersaubach) nicht unbekannt im Baltikum verschollen. Sein Divisionsstab hatte in Wahrheit ganz genau erfasst, wie er am 24. September 1944 bei den äußerst blutigen Kämpfen seines Artillerie-Regiments Nr. 21 im Kampfgebiet "Walk (Estland)" bei Smiltene (Lettland) umkam. Am Wegesrand bei einem Aussiedlerhof namens Bruksis wurde er von seinen Hals über Kopf flüchtenden Kameraden nach einer für ihn nicht sofort tödlichen Verwundung beerdigt. Er starb seinen Kameraden regelrecht unter den Händen weg, als sie versuchten, ihn zum improvisierten Verbandsplatz in der Schule von Smiltene zu schaffen.Augenzeuge für GrablegungFür die Grablegung gibt es sogar einen Augenzeugen, einen damals noch kleinen Jungen aus Smiltene. Dieser heute über 70 Jahre alte Mann erinnert sich noch sehr genau an die Mütze, welche die deutschen Soldaten dem Toten vor der Beerdigung abnahmen, um sie an dem über seinem Grab aufgerichteten Kreuz aufzuhängen. Er ist sich sicher, dass diese Mütze noch einige Jahre an diesem Holzkreuz hing. Bereits 2005 konnte über die Konsulin der Republik Lettland in Bonn, Daiga Krieva, die selber aus Smiltene stammt und deshalb vor Ort nach dem Vermissten forschen konnte, die Grabstelle von Franz Hassel ausfindig gemacht werden. Keramikbild angebrachtEine Besuchergruppe aus der saarländischen Heimat hat kürzlich das Grab von Franz Hassel aufgesucht und im Auftrag seiner Tochter Helga Heinrich ein Keramikbild von ihm mit seinen wichtigsten persönlichen Daten an seinem Holzkreuz angebracht. Man war beeindruckt, weil die Gemeinde Smiltene dieses Grab nicht nur schon viele Jahrzehnte pflegt. Die Nachbarn des Grabes haben es eingefasst, das Holzkreuz erneuert und eine Linde am Grab gepflanzt. Der Volksbund, der bestrebt ist, verstreute Einzelgräber nach Bekanntwerden aufzulösen und die sterblichen Überreste von solchen Grablagen auf Sammelfriedhöfe zu verbringen, hat den Wunsch der Tochter respektiert, Franz Hassel dort ruhen zu lassen, wo er schon seit 66 Jahren seine letzte Ruhestätte gefunden hat. ab

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