Arztbesuch mit Hindernissen

Lebach/Saarbrücken · Zu Ärzten in Lebach kommen durch die dortige Landesaufnahmestelle auch viele Flüchtlinge. Ein Arzt berichtet, wie in seiner Praxis mit der Sprachbarriere und den Problemen der Flüchtlinge umgegangen wird.

 Die Bewohner der Landesaufnahmestelle in Lebach haben ein Recht auf ärztliche Versorgung. Der Kontakt zu Ärzten ist wegen der Sprachbarriere aber nicht immer einfach. Foto: Rolf Ruppenthal

Die Bewohner der Landesaufnahmestelle in Lebach haben ein Recht auf ärztliche Versorgung. Der Kontakt zu Ärzten ist wegen der Sprachbarriere aber nicht immer einfach. Foto: Rolf Ruppenthal

Foto: Rolf Ruppenthal

Seit Dr. Gerhard Gawlitza vor 34 Jahren in Lebach seine Praxis für Allgemein-, Notfall- und Sportmedizin eröffnet hat, behandelt er auch Flüchtlinge und Asylbewerber, die in der benachbarten Landesaufnahmestelle untergebracht sind. "Es handelt sich oft um Menschen aus Kriegsgebieten, die teilweise misshandelt wurden oder deren Angehörige getötet wurden und die dann traumatisiert sind", erzählt der 64-Jährige. In seiner Praxis hätten er und die Mitarbeiter gelernt, mit den Sprachbarrieren umzugehen. "Natürlich gibt es gelegentlich Sprachprobleme. Aber die Flüchtlinge kommen selten ganz alleine. Meistens haben sie jemanden dabei, der Englisch oder Französisch spricht, also Sprachen, die ich auch beherrsche", sagt Gawlitza.

Inzwischen kennt er die wichtigsten medizinischen Fachausdrücke in den Fremdsprachen. Moderne Handys, die über Übersetzungsprogramme verfügen, seien eine große Hilfe: "Die Asylbewerber kommen und zeigen auf dem Display auf den Ausdruck, um den es geht", erklärt der Arzt. Notfalls verständige man sich per Zeichensprache - so zeigten die Patienten auf ihren Mund und husten.. "Bei schwerwiegenden Problemen muss man sich genau verständlich machen können, da müssen sie mit einem Dolmetscher wieder kommen", meint Gawlitza. "Man muss auf die Leute zugehen und sich darauf einlassen. Dann klappt es." Schwieriger sei es, einen Psychotherapeuten zu finden, der die Muttersprache der Patienten spricht. Mit einem Dolmetscher über Probleme zu reden, sei insbesondere für vergewaltigte Frauen keine Option.

Die überwiegende Zahl der rund 1300 Bewohner der Landesaufnahmestelle hat nach Auskunft des saarländischen Innenministeriums keine Krankenversicherung. Asylbewerber, abgelehnte Asylbewerber und ausreisepflichtige Personen haben hingegen Anspruch auf Leistungen des Asylbewerberleistungsgesetzes. Die ersten vier Jahre des Leistungsbezugs sind sie nicht in einer gesetzlichen Krankenversicherung, sondern erhalten die medizinische Versorgung über einen Behandlungsschein, den die Zentrale Ausländerbehörde beim Landesverwaltungsamt ausstellt. Diese übernimmt auch die Kosten für die Behandlung und auch für die Dolmetscher . "Im Regelfall dolmetschen allerdings, da es bei Erkrankungen um höchstpersönliche Angelegenheiten geht, die man nicht vor Fremden ausbreiten will, Familienangehörige oder Bekannte", teilt ein Sprecher des Innenministeriums mit. Nach vier Jahren werden die Leistungsberechtigten gesetzlich versichert. Die Krankenhilfekosten werden den gesetzlichen Krankenkassen erstattet.

Dies funktioniere in der Praxis im Großen und Ganzen gut, sagt Gawlitza. Die Flüchtlinge erhielten den blauen Behandlungsschein in der Aufnahmestelle. "Diesen Schein rechnen wir über die Kassenärztliche Vereinigung ab, wie bei jedem anderen Patienten auch", sagt er. "Wenn jemand ohne Schein kommt, kann ich kein Rezept ausstellen. Aber wenn jemand akut krank ist, wird er natürlich trotzdem behandelt oder kommt ins Krankenhaus." Die KV rechnet dann wiederum bei der Landesbeihilfestelle ab. Benötigt ein Patient eine Behandlung, die über die normale Grundleistung hinaus geht, braucht er eine Extra-Genehmigung. "Es soll das gemacht werden, was erforderlich ist. Aber es sollte nicht gleich ein neues Hüftgelenk geplant werden", meint KV-Vorsitzender Gunter Hauptmann. "Das ist von den gesetzlichen Kassen nicht zu leisten." In den meisten Fällen erhalte der Arzt sein Honorar. "Einen Teil leisten wir aber auch so."

Um Probleme zu lösen, habe es zuletzt mehrere Gespräche mit Ärzten vor Ort gegeben. "Wenn Bewohner der Aufnahmestelle nachts den Dienst habenden Arzt gerufen haben, wussten diese oft nicht, wie sie die Patienten finden sollen. Da sind keine Hausnummern, nichts. Sie fahren hin, es ist stockdunkel und sie finden niemanden. Das hat bei den Kollegen für Verdruss gesorgt", sagt Hauptmann. Nun sei die Vereinbarung getroffen worden, dass Patient und Arzt in das Behandlungszimmer in der Aufnahestelle kommen. Auch ein weiteres Problem ist gelöst: Wählten die Hilfesuchenden früher im medizinischen Notfall den Polizeiruf 110, seien sie nun besser informiert und wählten die richtige Nummer.

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