Von Brust durch hinten ins Auge

Apropos · Frühling, der Arme - er hat es nicht leicht. Unter anderem, weil sich der alte Winter in seiner Schwäche keineswegs immer wie in Goethes Osterspaziergang rechtzeitig in rauhe Berge zurückzieht, wie wir zurzeit erleben.

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Foto: Robby Lorenz

Das kennt er und kann es ertragen, denke ich. Nein, den wirklichen Leidensdruck üben, glaube ich, die ungezählten Möchtegern-Poeten und Sprücheklopfer auf den Frühling aus. Logisch, wie oben zu sehen, hat selbst unser Dichterfürst dieser schönen Jahreszeit reimend Ehre erboten. Auch flatterndes blaues Band à la Mörike und viele andere schöne Verse und Lieder lobpreisen die Jahreszeit.

Missbrauch ist aber leider nicht ausgeschlossen. "Frühlingserwachen auf dem Friedhof" ist nämlich nicht der Titel eines Horrorfilms über Untote Ende März, sondern Überschrift einer Pressemitteilung des Bundes Deutscher Friedhofsgärtner in Tateinheit mit dem Zentralverband Gartenbau. Der Werbetext, der gestern einging - eigentlich in Ordnung, weil es um frühblühende Blümchen geht - treibt es gleich zu Beginn literarisch noch bunter: "Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne" lassen die Gottesackerbeackerer Hermann Hesse zu Wort kommen. Netter Versuch, mit dem Querverweis, dass Hesses "Stufen" auch Hinweise auf die Vergänglichkeit enthalten, wieder auf den Boden zurückzukommen. "Von hinten durch die Brust ins Auge" war das angelegt. Oder wollten sie es uns durch die Blume sagen?

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