Kolumne Lockdown-Tagebuch Wie ich auf das VVV-Virus traf
Es ist ja nicht so, dass dieses vermaledeite Virus mit all seinen Mutationen uns körperlich und seelisch nicht ohnehin schon genug zusetzen würde. Vor wenigen Wochen dürfte bei vielen Zeitgenossen auch aus einem anderen Grund der Blutdruck sprunghaft und gesundheitsschädigend in die Höhe geschossen sein.
Als nämlich pünktlich zum Jahreswechsel die Spritpreise einen ordentlichen Satz nach oben machten.
Nun muss man allerdings sagen, dass dieser „Spritpreis-Schock“ (wie es das ein oder andere Blatt mit großen Buchstaben im Titel wohl nennen würde) in etwa so überraschend kam wie das Weihnachtsfest. Denn dass ab Beginn dieses Jahres ein CO2-Zuschlag auf den Treibstoff erhoben werden soll, das war schon vor Monaten beschlossen worden, und es war auch in diversen Medien immer wieder darüber berichtet worden.
Und es hat ja auch noch andere Gründe, warum uns beim Blick auf die Preisanzeigen an den Tankstellen ein bisschen schwindelig wird. Beispiel gefällig? Heute Morgen war ich ein paar Sachen beim Lebensmittelmarkt meines Vertrauens einkaufen. Direkt gegenüber liegt eine Tankstelle, wo es den Treibstoff eines bekannten Großkonzerns gibt. Als ich in den Laden reinging, fiel mein Blick noch auf die Preisanzeige dort, und ich dachte: „Oh, ist ja sogar noch einen Cent günstiger als gestern Abend.“ Eine knappe Viertelstunde später kam ich wieder aus dem Laden raus, die Spritpreise hatten sich derweil durch die Bank um satte elf Cent erhöht.
So als ob zwischendurch massenhaft Leute auf die Idee gekommen wären, der Lockdown würde auch alle Raffinerien betreffen und es würde bald nicht mehr genügend Benzin zur Verfügung stehen, was folglich alle zu den Zapfsäulen und die Preise nach oben treibt (Wirtschaftsexperten nennen das die Klopapier-Spirale). Natürlich beruhten elf Cent mehr nicht auf diesem marktwirtschaftlichen Mechanismus. Natürlich ist deren Ursprung eine Seuche, die uns schon viel länger plagt als Corona.
Bei dieser Gelegenheit sollte man daran erinnern, dass es gegen dieses ganz spezielle VVV-Virus (VVV steht für Vorsätzliche Verbraucher-Veräppelung) zwar, anders als bei Sars-Cov2, keine Impfung gibt. Aber ein paar Grundregeln, die wir im Umgang mit Corona generell beachten sollen, helfen auch gegen VVV: Achtsamkeit, Klugheit und Kontaktbeschränkung – haltet euch von den Abzockern an den Zapfsäulen also so gut es geht fern!
An dieser Stelle beschreiben die Mitarbeiter der SZ-Redaktion während des Lockdowns im täglichen Wechsel ihre Eindrücke und Gedanken zu dieser ungewöhnlichen Zeit.