Wochenkolumne Zwei Nationen, doch eine Region
Kreis Saarlouis · Sechzig Jahre Elysée-Vertrag – ein Zeichen für eine Freundschaft, die man in der Region nicht als selbstverständlich betrachten sollte. Denn Deutschland und Frankreich eint mehr als eine Unterschrift auf einem Blatt Papier.
Vor allem im Saarland ist spürbar: Wirtschaft, Tourismus, Infrastruktur und etliche Familien sind fest über die Landesgrenze hinweg miteinander verzahnt. Was für ein Chaos es verursacht, wenn diese Verbindung gekappt wird, hat zuletzt die coronabedingte Grenzschließung im März 2020 gezeigt. Damals berichtete die Industrie im Landkreis von „ernsthaften Gefahren“ für ihre Betriebe. Nachbarschaften sowie ganze Familien wurden auseinandergerissen.
Dazu eine persönliche Anekdote: Meine Verlobte stammt aus Frankreich. Seit über acht Jahren zählt ihre Familie nun auch zu meiner. Vor Corona waren wir nie länger als ein paar Wochen voneinander getrennt. Doch dann wurden Grenzübergänge mit Absperrungen verbarrikadiert beziehungsweise unter Kontrolle der Polizei gestellt. Drei Monate gingen ins Land. Die Grenze blieb zu und wir entschieden uns, nicht mehr länger warten zu wollen. Wir verabredeten uns zu einem geheimen Treffen – ein Picknick auf einer Streuobstwiese in einem Grenzort im Landkreis Saarlouis. Um Kontrollen zu entgehen, ging es über Feldwege und ein Flussbett zu Fuß über die Grenze. Das Wiedersehen war magisch, doch fühlte sich gleichzeitig verboten an. Daran hätte ich nie geglaubt, nachdem ich zuvor hunderte Male über die Grenze gefahren war, ohne darüber nachzudenken, was für ein Privileg das ist. So etwas darf nie wieder passieren. Deutschland und Frankreich brauchen einander, besonders im Saarland. Umso schöner, dass die Landesregierung wieder Bewegung in die Frankreich-Strategie bringen möchte. Denn auch als unterschiedliche Nationen sollten wir uns als eine Region verstehen.