Tägliche Kolumne Ein Reiter namens Martin

Der Oktober neigt sich dem Ende entgegen und nachdem der Halloween-Enthusiasmus abgeklungen ist, wird es langsam wieder Zeit für den Martinszug.

Brian Erbe rückt mal was klar bei St. Martin
Foto: Robby Lorenz

Aus dem katholischen Kindergarten meines Heimatdorfes kenne ich den Schutzpatron der Zuckerbrezel als Ritter mit Plattenrüstung und Schlachtross, dessen Heiligkeit allein dem Angebot- und Nachfrageverhältnis zwischen Mänteln und Bettlern zu verdanken ist.

Allein, die Realität sah anders aus, wie ich als Geschichtsstudent erfahren durfte. Bereits in meinem ersten Mittelalterseminar wurde mein Weltbild schneller erschüttert, als ich mit meiner Laterne von dannen gehen konnte: Martin von Tours war kein Ritter, sondern römischer Soldat. Und seinen Katholizismus stellte er als Bischof von Tours wohl kaum weniger als bei der Mantelteilung unter Beweis. Selbst förmlich heiliggesprochen wurde Martin, ganz der Norm des Frühmittelalters entsprechend, nie. Seine Popularität verdankt der Bischof eher seinem Nachfolger, Gregor von Tours.

Für mich steht der 11. November daher für Fake-News, die es also schon vor Donald Trump gab. Das eigene Wissen muss ständig hinterfragt werden, sonst fällt man falschen Erzählungen zum Opfer, und macht aus einem antiken Römer einen spätmittelalterlichen Reitersmann in Rüstung.