Kolumne Corona-Tage von SZ-Redakteurin Ulrike Paulmann Winzige Tierchen mit großer Wirkung
Grasmilben sind derzeit in aller Munde oder besser auf aller Haut. Und haben damit — zumindest kurzfristig — das Thema Corona auf Platz zwei verdrängt.
Dass es Grasmilben gibt, wusste ich bis vor kurzem gar nicht. Umso eindrucksvoller bewiesen die Spinnentierchen, kaum aufgetaucht, dass auch winzige Lebewesen große Plagegeister werden können. Wenn sie auf der Haut ein Plätzchen finden, um zuzubeißen – was quälenden Juckreiz zur Folge hat. Grasmilben scheinen jüngst wohl ein Happening gefeiert zu haben. Menschen mit roten Hautpusteln sieht man allerorten.
Aber, und da kommen wir zum Thema unserer Kolumne: Die kleinen Biester haben noch etwas Bemerkenswertes geschafft. Sie haben das Pandemie-Thema mal kurz nach hinten gedrängt. Wo sonst bei Zusammenkünften in Supermarkt und Co. erstmal ausgiebig und zum xten Mal über Corona und die Folgen diskutiert und lamentiert wurde, geht es nun um die Frage, wer mehr Pusteln an den Armen vorzuweisen hat, wer das effektivste Mittel gegen den Juckreiz kennt, und, wo es noch entsprechende Abwehr- oder Linderungsstöffchen zu erwerben gibt. Die sind ja gerade stark nachgefragt. Wie beim Corona-Thema kann jeder mitreden – mit dem Unterschied, dass das Milben-Problem so schön leicht fass- und beherrschbar ist. Und so kann man etwas, was in normalen Zeiten einfach nur nervig wäre, irgendwie noch etwas Positives abgewinnen.
Mit dem Abklingen des Juckreizes wird das Gesprächsthema Grasmilbe schnell wieder verschwinden. Über Corona werden wir uns dagegen leider noch länger unterhalten (müssen). Auch, wenn wir das eigentlich gar nicht mehr wollen.
Die Redaktion hofft, dass der Bezug zum Lockdown im bisherigen Titel dieser Kolumne jetzt erstmal ausgestanden ist. Optimistisch, wie wir sind, haben wir deshalb vor Kurzem den neuen Titel gewählt: „Corona-Tage“ – mit der Option, das erste Wort bald streichen zu dürfen.
