Umfrage im Kreis Saarlouis Gremienarbeit der Vereine leidet

Kreis Saarlouis · Wie organisieren Vereine im Kreis ihre Mitgliederversammlungen? Das wollte die SZ wissen und hat nachgefragt.

 Mitgliederversammlungen werden eigentlich vor Ort durchgeführt – angesichts der Corona-Pandemie müssen sie aber online stattfinden. Was macht das mit den Vereinen?

Mitgliederversammlungen werden eigentlich vor Ort durchgeführt – angesichts der Corona-Pandemie müssen sie aber online stattfinden. Was macht das mit den Vereinen?

Foto: dpa/Fabian Strauch

Wegen Corona liegt nicht nur das übliche Vereinsleben weitgehend brach. Die Sport- und Kulturvereine müssen ihre Gremienarbeit ebenfalls neu organisieren. Die Saarbrücker Zeitung wollte von Vereinen im Landkreis wissen, wie Mitgliederversammlungen und Vorstandssitzungen in der Pandemie geregelt werden. Immerhin wurde das Vereinsrecht dahingehend geändert, dass bis Ende 2021 virtuelle Versammlungen möglich sind.

Das ist für die meisten Vereine aber kein Thema. Zwar tagen die Vorstände online, mit Video-Konferenzen, via Skype oder WhatsApp. Analog statt digital lautet jedoch fast überall die Devise für die Mitgliederversammlungen. Die Vereine hoffen, dass spätestens im zweiten Halbjahr wieder Präsenzveranstaltungen möglich sind. Notfalls sollen diese in der Halle mit Hygiene-Konzept oder im Freien stattfinden.

Meist nehmen zehn bis zwanzig Prozent der oft mehrere Hundert Vereinsmitglieder an den Versammlungen teil. Vielfach sind es ältere Menschen ohne entsprechende EDV-Kenntnisse oder -Ausstattung. „Zwei Drittel unserer Mitglieder sind über 60 Jahre alt“, begründet der erste Vorsitzende des Obst- und Gartenbau-Vereins (OGV) Hemmersdorf, Wolfhard Reimringer, dass virtuelle Versammlungen nicht durchgeführt werden können. Bei 250 Mitgliedern sei aber ein Papierumlauf ebenfalls „sehr schwierig“.

Besonders mitgliederstarke Vereine scheuen den organisatorischen und den technischen Aufwand einer Online-Veranstaltung. Darauf verweisen etwa die ersten Vorsitzenden des LC Rehlingen (1250 Mitglieder), Thomas Klein und des TV Lebach (800), Klaus Reichert. „Auch die Form des schriftlichen Umlaufverfahrens ist viel zu aufwändig und nicht umsetzbar“, meint Reichert. Für die meisten Vereine ist jedoch die Altersstruktur das Problem.

Von 523 Mitgliedern des TV Nalbach hat „nur ein Bruchteil die Möglichkeit oder die Kenntnisse, daran teilzunehmen“, lehnt die erste Vorsitzende Helene Philippi eine Online-Versammlung ab. Auch für den Vorsitzenden des Kneipp-Vereins Niedtal-Saargau, Oliver Berrar, ist eine virtuelle Versammlung nicht vorstellbar: „Unsere älteren Mitglieder sind in der Mehrzahl nicht online und wären ausgeschlossen.“

Beim Kneippverein Schmelz sieht es ähnlich aus, wie Silke Kläser vom Leitungsteam bestätigt. Von 360 Mitgliedern sind „vielleicht 20 Prozent mit den modernen Medien vertraut, wenn überhaupt“, schätzt Kläser. Somit würde der überwiegende Anteil, vor allem die über 65-Jährigen, bewusst ausgeschlossen. Man werde „sobald möglich eine Präsenz-Versammlung“, durchführen, da auch Neuwahlen anstehen. Dennoch wolle man die Gesetzeslage ab März „sicher bald im Vorstand diskutieren“, ist sie zumindest offen für neue Herangehensweisen.

Technische Probleme sieht auch Klaus Eisenbarth, erster Vorsitzender des TTC Wallerfangen. Nicht einmal die E-Mail-Adresse aller 118 Vereinsmitglieder liege vor, manche hätten auch gar keine. „Wenn es die Wetterverhältnisse zulassen“, finde die TTC-Versammlung im Freien statt, unter Einhaltung der im Mai geltenden Hygiene- und Abstandsregelungen. „Wir müssen situationsbedingt reagieren“, hält Eisenbarth eine Verschiebung in die zweite Jahreshälfte ebenfalls für möglich. Auf jeden Fall müsse die Versammlung 2021 stattfinden, da die Neuwahl des Vorstandes ansteht.

Eine Verschiebung möchte Helene Philippi dagegen nicht, „am liebsten wäre mir ein Termin Ende März“. Ob das die Corona-Infektionszahlen zulassen, bleibt abzuwarten. Daher planen andere Vereine ihre Präsenz-Mitgliederversammlung gleich für das zweite Halbjahr. „Ich will nicht irgendwelche Planungen machen, die dann wieder abgesagt werden müssen“, erklärt Oliver Berrar. „Da wir Neuwahlen des Vorstandes haben, spitzt sich die Situation bei uns zu“, sagt Wolfhard Reimringer. Allerdings sei der OGV im Gegensatz zu den Satzungen anderer Vereine nicht an das erste Quartal gebunden.

Man könne daher die Entwicklung abwarten, die Versammlung „ausnahmsweise im dritten Quartal“ einberufen. Auch Silke Kläser bleibt vorsichtig: „Die konkrete Nennung eines neuen Termins macht gegenwärtig wenig Sinn, weil nicht abzusehen ist, wie sich die Situation mit dem Corona-Virus weiterentwickelt.“ Flexibel ist man auch beim LC Rehlingen. „Ende April, Anfang Mai, allerspätestens im Juni oder Anfang der zweiten Jahreshälfte“, nennt Klein als Zeitfenster.

Von den befragten Vereinen hat nur der LCR seine Mitgliederversammlung 2020 durchgeführt – im Februar, also unmittelbar vor der Pandemie. „Ausgefallen ist die MV in den Jahrzehnten, die ich dem Vorstand angehöre, noch nie“, erzählt Klaus Reichert. Seit 1978 ist er im Vorstand des TV Lebach, seit 2005 als Vorsitzender. „Diese Erfahrung mussten wir im Jahr 2020 erstmals machen.“

Falls es 2021 schwierig bleiben sollte, wird eine virtuelle Versammlung vielleicht doch noch zu einem Thema. „Organisatorisch wäre das alles kein Problem“, meint Wolfhard Reimringer, „in anderen Kontexten klappt so etwas auch im Ehrenamt.“

 Klaus Reichert, Vorsitzender des TV Lebach

Klaus Reichert, Vorsitzender des TV Lebach

Foto: rup

Zumal auch Präsenzveranstaltungen mit Hygiene-Konzept „eine sehr zurückhaltende Teilnahme“ erwarten lassen. Viele ältere Menschen seien zu Recht verunsichert und blieben lieber zu Hause.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort