Für den Muskel-Kick zum Nachbarn "Entscheidend ist der Schwarzmarkt"

Saarbrücken. Nach einer kurzen Einkaufstour im Cora in Forbach betritt Markus D. (Name geändert) die nächste Apotheke. Der Mann Mitte 20 mit dem braunen Haar ist auffallend durchtrainiert und gepflegt. Schnell wechseln 15 Packungen eines in der Bodybuilding-Szene bekannten Asthma-Mittels den Besitzer - ohne Rezept und ohne Fragen

 Auf dem Rückweg: Markus D. (Name geändert) hat sich wieder mit Asthma-Mitteln eingedeckt. Foto: Dennis Langenstein

Auf dem Rückweg: Markus D. (Name geändert) hat sich wieder mit Asthma-Mitteln eingedeckt. Foto: Dennis Langenstein

Saarbrücken. Nach einer kurzen Einkaufstour im Cora in Forbach betritt Markus D. (Name geändert) die nächste Apotheke. Der Mann Mitte 20 mit dem braunen Haar ist auffallend durchtrainiert und gepflegt. Schnell wechseln 15 Packungen eines in der Bodybuilding-Szene bekannten Asthma-Mittels den Besitzer - ohne Rezept und ohne Fragen. Wirkstoff auf Doping-Liste"Dass es dieses Medikament in Frankreich ohne Rezept zu kaufen gibt, wundert mich", sagt der Sportmediziner Professor Dr. Wilfried Kindermann von der Universität der Saarlandes. "Sein Wirkstoff ist als Stimulantie auf der Doping-Liste der Welt-Anti-Doping-Agentur aufgeführt." Das weiß auch Markus, denn mit Asthma hatte er, jedenfalls bisher, noch keine Probleme: "Ich werde durch das Medikament aufgeputscht und kann mit größeren Gewichten trainieren. Außerdem funktioniert es als Fettverbrenner, so verliert man vor einem Wettkampf überflüssiges Gewicht, und die Konturen der Muskeln treten stärker hervor." Auch eine leichte anabole Wirkung wird dem Medikament nachgesagt, ähnlich wie bei Clenbuterol, mit dem die Sprinterin Katrin Krabbe Anfang der 90er Jahre aufgefallen ist. Die Körperkerntemperatur wird erhöht, was die Fettverbrennung beschleunigt, und die Rückbildung der Muskulatur wird verlangsamt. Mögliche Nebenwirkungen wie Herzrhythmusstörungen und Herzrasen, die zum Tod führen können, werden dabei fast außer Acht gelassen. Zumal das Asthmamittel noch zu den harmloseren Medikamenten auf Markus' Trainingsplan zählt. "Langsam mache ich mir schon Gedanken, vor allem nach einem Fressanfall." Angst vor einer Strafe hat er nicht. "Die Grenzen sind offen und die Medikamente legal gekauft." Und so ist er nach wenigen Minuten und mit neuer Medizin versorgt wieder in Deutschland. Der Zoll hat Probleme, den Grenzübertritt mit aus der Europäischen Union mitgebrachter Arznei richtig einzuordnen. Denn es ist jedem EU-Bürger erlaubt, Medikamente aus anderen europäischen Staaten mitzubringen, solange diese dort legal erhältlich sind, damit nicht gehandelt wird und die Menge nicht den Eigenbedarf für zwei Monate überschreitet. "Wenn wir verdächtige Medikamente finden, leiten wir diese ans zuständige Ministerium für Justiz, Arbeit, Gesundheit und Soziales weiter", sagt Joachim Jakob vom Hauptzollamt in Saarbrücken. Eine Liste mit verbotenen Wirkstoffen hat er jedoch nicht. "Dabei spielen Erfahrungswerte eine große Rolle", sagt Jakob. Nicole Jeannot, im zuständigen Amt Referatsleiterin für Arzneimittel, Apotheken, Transfusionswesen und Betäubungsmittel, erklärt: "Es ist furchtbar schade, dass sich die Leute wissentlich kaputt machen, rein rechtlich nutzen sie jedoch eine Grauzone." Keine Gedanken machenAlso muss sich Markus bei einem Grenzübertritt wenig Gedanken machen, solange die mitgebrachte Menge den Zwei-Monats-Bedarf nicht überschreitet. Aber "Muskelmänner, die sich dieses Asthma-Mittel kaufen, sind auch in deutschen Apotheken keine Seltenheit", sagt Stephanie Heyser, Apothekenhelferin in der Johannis-Apotheke Saarbrücken - aber mit Rezept. Der ehemalige Leiter des Institutes für Sportmedizin, Professor Wilfried Kindermann, war Leistungssportler, Arzt der Fußball-Nationalmannschaft und Chefarzt der Olympia-Mannschaft. SZ-Mitarbeiter Dennis Langenstein beantwortet er Fragen zum Doping. Herr Professor Kindermann, können Wechselwirkungen bei der Einnahme anaboler Medikamente mit Grippemedikamenten entstehen?Kindermann: Das ist schwer vorauszusagen, man muss aber bei solchen Medikamenten immer mit Wechselwirkungen rechnen. Ist bei der Einnahme von Wachstumshormonen nur die Muskulatur betroffen?Kindermann: Nein, Wachstumshormone fördern auch die Tumorbildung und das Tumorwachstum. Außerdem wachsen die End-Extremitäten, wie Hände und Nase, und sie führen zu einem krankhaften Wachstum der Organe, insbesondere bei Leber und Herz. Führt die unterschiedliche Rechtsprechung in den EU-Ländern zu Schwierigkeiten bei der Doping-Kontrolle?Kindermann: Die Dopingkontrolle ist internationalisiert und somit nicht betroffen. Für den Missbrauch entscheidend ist der Schwarzmarkt. Dort sind gefährlichere Medikamente erhältlich, die in Deutschland seit Jahren nicht mehr gehandelt werden.

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