Vor Jahr und Tag Saarlouis wurde in der Pandemie zur Heimat

Saarlouis · Félicia Rocher kam als Botschafterin ihrer Heimatstadt Saint-Nazaire nach Saarlouis. Kein leichter Job in Zeiten von Corona. Doch die Stadt begeisterte sie dennoch – und wurde ihr in der Pandemie zur Heimat.

 Félicia Rocher blickt auf ihre Zeit als junge Botschafterin ihrer Heimatstadt Saint-Nazaire in Saarlouis zurück.

Félicia Rocher blickt auf ihre Zeit als junge Botschafterin ihrer Heimatstadt Saint-Nazaire in Saarlouis zurück.

Foto: Sascha Schmidt

So ganz wie geplant lief es nicht für die junge Botschafterin. Als sich Félicia Rocher im vergangenen Juni auf die Ausschreibung ihrer Heimatstadt Saint-Nazaire bewarb, waren die Infektionszahlen dieseits und jenseits der Grenze ähnlich niedrig wie jetzt, die Pandemie schien fast besiegt. Im September, als sie die Stelle im Rathaus Saarlouis antrat, sah das bereits wieder anders aus. Die Pandemie in der Fremde zu verbringen hatte allerdings für sie auch Vorteile: In Frankreich hätte sie zeitweise gar nicht das Haus verlassen dürfen wegen der viel strengeren Ausgangssperre. „Da war es gut, hier zu sein“, schmunzelt Rocher.

Einige Projekte, welche die bis dato dritte Botschafterin der Saarlouiser Partnerstadt teils von ihren Vorgängern geerbt hatte – beispielsweise ein deutsch-französisches Jugendparlament –, konnten allerdings nicht wie geplant stattfinden. Auch ihre eigene Idee, eine gemeinsame Ausstellung verschiedener Schulen zu organisieren, fiel ins Wasser. „Es ist schon bitter, wenn jemand mit einer guten Idee kommt, man sie aber wegen Corona nicht umsetzen kann“, bedauert Christiane Bähr, Leiterin der Stabsstelle Grenzüberschreitende Zusammenarbeit und Internationale Kooperation im Rathaus, der die jungen Botschafter aus Frankreich unterstehen.

Die 21-jährige Rocher, die bereits ein zweijähriges Kurzstudium im Bereich Multimedia und Internet hinter sich hat, ließ sich davon allerdings nicht unterkriegen. Was in Präsenz nicht ging, wurde in anderer Form möglich gemacht. So hat sie den regelmäßig stattfindenden Jugendaustausch, bei dem sich Zwölf- bis 14-Jährige beider Städte über Jahre hinweg immer mal wieder treffen, ins Internet verlegt. Mittels eines Padlets – einer Art virtuellem schwarzen Brett – konnten die Jugendlichen so trotzdem in Kontakt bleiben.

 So berichtete die SZ am 23. Juni 2020 über die Suche nach einem jungen Botschafter.

So berichtete die SZ am 23. Juni 2020 über die Suche nach einem jungen Botschafter.

Foto: SZ

Besonders stolz ist sie auf die „Abenteuerreise in 3D“, ein Projekt in Zusammenarbeit mit der Stadtbibliothek Saarlouis und der Médiathèque Saint-Nazaire. Dabei konnten Teilnehmer die jeweils andere Literatur entdecken, selbst eine Geschichte einreichen, die grenzübergreifende Begegnungen zum Thema hatte – und die ganz Kleinen durften eine fantasievolle Szene aus einer Bibliothek malen.

Nach dem Botschafterjahr geht es für Rocher nun wieder zurück nach Frankreich zu einer Ausbildung im Bereich Crossmedia. „Der Botschafter-Job dient auch dazu, dass sich die jungen Leute orientieren können“, sagt Bähr. Deshalb seien alle im Rathaus stolz, dass es mit Rochers Wunschstudium geklappt hat. Die Botschafter-Stelle ist ein Freiwilligendienst und als Tandem angelegt, sprich: Die beiden Botschafter – der eine in Saarlouis, der andere in Saint-Nazaire – arbeiten eng zusammen. Aktuell wird wieder ein Botschafter gesucht, der in das Rathaus der Partnerstadt entsendet wird (siehe Info). Der Freiwilligendienst beginnt bereits am 1. September und geht ein Jahr bei einer Arbeitszeit von 35 Stunden die Woche. Dafür gibt es für den deutschen Botschafter eine Aufwandsentschädigung von 580 Euro monatlich, welche teilweise von der Stadt Saint-Nazaire getragen wird, die auch bei der Suche nach einer Gastfamilie hilft.

Was rät die aktuelle Amtsträgerin den Bewerbern? „Man muss den Mut haben, eine neue Kultur kennenzulernen“, sagt sie – dann erwarte ihren Nachfolger ein Job, in dem man kreativ sein, viele Ideen einbringen und selbstständig arbeiten dürfe. Und was sollten sich Saarlouiser, welche ihre Partnerstadt selbst einmal besuchen wollen, in Rochers Heimat auf keinen Fall entgehen lassen? Da muss die Französin nicht lange überlegen: das Escal’Atlantic, ein Schifffahrtsmuseum der besonderen Art. Das Festival Les Escales, das allerdings erst 2022 wieder stattfindet. Und natürlich: die berühmte Brücke von Saint-Nazaire – ein Symbol für Verbundenheit und Freundschaft.

Die detaillierte Ausschreibung ist auf www.saarlouis.de eingestellt. Bewerbungsschluss ist der 20. Juli. Informationen bei: Christiane.Baehr@saarlouis.de, Tel. (0 68 31) 4 43-2 46.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort