Die Chance gesehen und genutzt

Ensdorf · Disziplin, Wille und Aufgeschlossenheit – so sieht Tania Schusters Rezept für eine gelungene Integration aus. Mit Vorurteilen gegenüber ihren Landsleuten möchte sie aufräumen.

 Die 28-jährige Tania Schuster ist leitende Buchhalterin beim Unternehmen VKN Saar in Ensdorf. Foto: Thomas Seeber

Die 28-jährige Tania Schuster ist leitende Buchhalterin beim Unternehmen VKN Saar in Ensdorf. Foto: Thomas Seeber

Foto: Thomas Seeber

Horden von Rumänen und Bulgaren, die mit Sack und Pack in Deutschland einfallen. So genannte "Sozialtouristen", die sich hier niederlassen. Nicht zu reden von der Kriminalität, die sie mitbringen werden. Dieses Bild, das derzeit in ganz Deutschland vor allem in Teilen der Politik gezeichnet wird, will Edgar Burger, Geschäftsführer der VKN Saar in Ensdorf, nicht auf sich beruhen lassen. In seinem Unternehmen arbeitet eine 28-jährige Deutsch-Rumänin als Buchhalterin - ein Beispiel für geglückte Integration, wie er sagt.

Tania Schuster ist mit 13 Jahren mit ihren Eltern und ihrer Schwester von Hermannstadt in Rumänien nach Deutschland gekommen. "Wir haben deutsche Vorfahren. Wir wollten zu unseren Wurzeln zurück. Unsere Eltern haben es vor allem aber auch als eine berufliche Perspektive für uns gesehen", erzählt die junge Buchhalterin in akzentfreiem Deutsch ("Ich bemühe mich heute Hochdeutsch zu reden, denn normalerweise spreche ich Saarländisch", fügt sie mit einem Augenzwinkern hinzu). Eigentlich wollte die Familie zu den Verwandten nach Stuttgart, "da war aber kein Platz für uns, deshalb wurden wir nach Beckingen ins Saarland geschickt".

Auf die Frage, wie das damals für sie war, antwortet Tania: "Sehr schwierig. Wir Kinder sprachen kein Wort Deutsch. Ich erinnere mich an den ersten Schultag, da haben wir nichts verstanden."

Um die Sprachbarriere zu überwinden, mussten die beiden Schwestern "sehr hart arbeiten und auf vieles verzichten". Tania wurde in die sechste Klasse der Realschule eingestuft. Von da an arbeitete sie sich stets weiter nach oben. Es folgten Fachabitur und die Ausbildung zur Bürokauffrau in Burgers Unternehmen. Diese schaffte die zielstrebige Frau in nur eineinhalb Jahren. "Ich schätze ihre Offenheit, ihre Intelligenz. Und weil sie so tüchtig ist, habe ich sie auch übernommen", sagt Edgar Burger.

Zur aktuellen Debatte in der Politik hat auch Tania eine Meinung: "Es gibt immer zwei Seiten der Medaille. Zum einen glaube ich, dass Deutschland den Bedarf an Fachkräften nicht selbst abdecken kann. Aus Rumänien kommen viele qualifizierte Leute, darunter auch Ärzte. Davon profitiert Deutschland. Ob nun so viele Rumänen und Bulgaren - wie befürchtet - überstürzt hierherkommen, das muss man abwarten." Zum Thema Sozialtourismus meint sie: "In Rumänien sind die Menschen mit einem Einkommen von 300 Euro arm. Die Kosten sind aber geringer. Wenn jetzt jemand nach Deutschland kommt, wo die Ausgaben höher sind, und Sozialleistungen kassiert, ist er immer noch arm. Ob jemand dafür seine Heimat aufgibt?"

Und was hält die junge Frau von der aktuellen Einbruchserie im Kreis Saarlouis, von der bekannt ist, dass viele der Täter Rumänen sind? "Diese schwarzen Schafe gibt es auch, wie überall. Man darf das aber nicht pauschalisieren und sagen alle Rumänen sind kriminell. Es gibt Menschen, die nutzen ihre Chance und es gibt solche, die sehen die Chance gar nicht."

Integration hänge vor allem damit zusammen, wie man sich selbst gibt: "Man muss aufgeschlossen und diszipliniert sein, den Willen haben."

Den Willen und die Disziplin hat Tania, sie ist in Deutschland zu Hause: "Ich fühle mich wohl und akzeptiert. Ich rede deutsch, denke deutsch und habe deutsche Freunde."

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HintergrundSeit dem 1. Januar steht der deutsche Arbeitsmarkt auch Rumänen und Bulgaren offen. Zwar sind die beiden osteuropäischen Länder bereits 2007 in die EU eingetreten, das EU-Recht der Arbeitnehmerfreizügigkeit trat aber erst mit sieben Jahren Verspätung in Kraft. Da Rumänien und Bulgarien die ärmsten EU-Staaten sind, hatte man befürchtet, dass eine "Flutwelle" billiger Arbeitskräfte zu höherer Arbeitslosigkeit und sinkenden Löhnen führen würde.Aktuell wird in der Politik die Debatte um "Sozialtourismus" geführt. Die CSU fürchtet, dass die Zugewanderten zu Unrecht Sozialleistungen in Anspruch nehmen könnten. Für zuziehende EU-Ausländer gilt eine dreimonatige Sperre, bevor sie Arbeitslosengeld II beziehen können. Erst durch eine Erwerbstätigkeit, erwerben sie den Anspruch auf Unterstützung. bla

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