„Wir kriegen das in den Griff“

Dillingen · Auch in Dillingen leben Kinder und Jugendliche, die allein aus Krisengebieten geflohen sind. Sozialministerin Monika Bachmann schaute sich gestern eine Wohngruppe an und ließ sich über Erfahrungen bei Sprachkursen berichten.

 Das wird schwierig, aber wir packen das, wir werden alle was davon haben: Tenor von Sozialministerin Monika Bachmann (mit Bürgermeister Franz-Josef Berg) gestern in Dillingen. Fotos: Thomas Seeber

Das wird schwierig, aber wir packen das, wir werden alle was davon haben: Tenor von Sozialministerin Monika Bachmann (mit Bürgermeister Franz-Josef Berg) gestern in Dillingen. Fotos: Thomas Seeber

Es zeichnet sich als eine besondere Herausforderung innerhalb der Aufnahme von Flüchtlingen ab, Minderjährige zu betreuen, die allein aus Syrien, Irak, Afghanistan oder Eritrea geflüchtet sind. Sozialministerin Monika Bachmann schaute sich gestern in Dillingen ein Beispiel an, wie diese jungen Leute begleitet werden. Rechtlich behandelt der deutsche Staat minderjährige unbegleitete Flüchtlinge genau wie einheimische elternlose Minderjährige. Das Gesetz schreibt vor, dass sie in Obhut genommen und so begleitet werden müssen, dass sie ihre Schulpflicht erfüllen können.

In Dillingen setzen Katholische Erwachsenenbildung (KEB) und Jugendhilfe St. Maria diesen staatlichen Auftrag um. "Man kann sich das wie ein Kinderheim vorstellen", sagte KEB-Anleiter Gerhard Himbert. Beide Träger gründeten eine Wohngruppe, eine zweite wird folgen. Zugleich bieten sie den 13- bis 17-jährigen Jungen aus Syrien, Irak und Afghanistan während der Ferien einen Kurs an: Deutsche Sprache und deutsche Alltagsgewohnheiten, wie KEB-Geschäftsführer Karl-Heinz Thieser erklärte. Anfang September werden die meisten der "unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge " (Amtsdeutsch: UMF) zur Schule gehen - auch auf Gymnasien.

648 "UMF" sind im Saarland registriert, Stand Mittwoch. Die Zahl ändert sich ständig. Ein großer Teil, aber längst noch nicht alle, lebt in 45 meist schon bestehenden oder ganz kleinen neuen Wohngruppen von 14 Trägern.

Himbert: "Das sind keine Jugendlichen, die sich aufgegeben haben. Sonst wären sie gar nicht bis hier gekommen. Sie haben das Leben nicht aufgegeben. Im Gegenteil, sie wollen lernen." Natürlich, sagt der Anleiter, "muss man da dran bleiben, da fehlen ja auch die Eltern, Sprache lernen ist Arbeit." Doch es klappe. Ministerin Bachmann bestätigte die guten Lernergebnisse fürs ganze Saarland. Und: "Insgesamt ist das Zusammenleben in diesen Wohngruppen sehr positiv." Es komme schon mal zu Reibereien zwischen unterschiedlichen Nationen, "aber uns ist kein ernsthafter Vorfall bekannt". Wolfgang Maring (Jugendhilfe St. Maria) unterstrich, die passenden Fachkräfte wie Erzieher seien "schwer zu kriegen".

Der Landtagsabgeordnete Hermann-Josef Scharf war sich sicher, "die jungen Leute tun uns gut". Das zeige sich auch dort, wo sie eine Ausbildung machten. Nachdenke könne man jetzt über Schulpaten.

Bachmann: "Jeder von uns muss jetzt seine Rolle spielen. Sie können vergessen, wie es gestern war. Die Welt hat sich verändert. Ich habe aber Vertrauen, dass wir die Dinge in den Griff kriegen."

Meinung:

Die Starre weicht

 Viel Verantwortung, viel Zuversicht: Karl-Heinz Thieser (links), Gerhard Maring.

Viel Verantwortung, viel Zuversicht: Karl-Heinz Thieser (links), Gerhard Maring.

Von SZ-RedakteurJohannes Werres

Der deutsche Staat nimmt seine gesetzlich festgeschriebene Verantwortung für Minderjährige ernst - egal, ob einheimische oder Flüchtlinge . Reichen die Plätze in den Wohngruppen? Klappt es mit der Sprache? Nehmen die Mitschüler die Neuen gut auf? Kommen die Nationalitäten untereinander klar? Unbedingt verhindern, dass eine Lücke entsteht zwischen der Zuständigkeit des Jugendamtes und der Jobagentur, denn da könnte eine unverschuldete Unvermittelbarkeit entstehen. Doch, die erste Schreckstarre weicht. Auch, weil jenseits des Beschützens von elternlosen Kindern auch steht, was gestern in Dillingen formuliert wurde: Sie tun uns gut, die jungen Leute. Aber bis dahin haben Staat, Gesellschaft, freie Träger wie KEB oder Jugendhilfe St. Maria und die jungen Flüchtlinge eines gemeinsam: nämlich noch lange Zeit viel Arbeit vor sich.

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