Willi Graf hätte Besseres verdient

Die Benennung von Straßen nach verdienten Persönlichkeiten ist oft heikel. Mensch, Örtlichkeit und Zeitpunkt „passen“ idealerweise derart vorzüglich, dass nun wirklich keiner Einwände haben kann.

Oft erfolgen solche Widmungen nach langen diplomatischen Vorbereitungen, und zwar einstimmig. Oder sie werden zurückgestellt, um den zu Ehrenden nicht auch noch zu beschädigen.

Schlecht gemacht hat der Saarbrücker Stadtrat am Dienstag die Umbenennung der unteren Berliner Promenade in Willi-Graf-Ufer. Das linke Lager hatte gute Gründe für diese Entscheidung, und zwar sofort. Das bürgerliche Lager mochte mit ebenso guten Gegenmeinungen nicht mitmachen, jedenfalls nicht jetzt und nicht an dem Ufer. Der Widerstandskämpfer gegen das Hitlerregime und Ehrenbürger Willi Graf, der in Saarbrücken aufwuchs und begraben ist, hat nun einen - im wahren Wortsinn - umstrittenen Ehrenplatz. Vielleicht wäre eine elegantere Entscheidung ergangen, wenn der Stadtrat sich ganz herausgehalten hätte. Die Benennung von Straßen, Wegen und Plätzen gehört nämlich zu den letzten und vornehmsten Aufgaben des Bezirksrates. Der wurde hier aber gar nicht hinzugezogen. Das Rechtsdezernat erklärte nämlich merkwürdigerweise die untere Berliner Promenade zur "entwidmeten", nicht mehr dem Straßenverkehr zur Verfügung stehenden Fläche. Dort hat dann der Bezirksrat nichts mehr zu sagen. Dass er nicht öffentlich gegen seine Abseitsstellung protestierte, deutet nicht auf ein starkes Selbstbewusstsein.

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