Wenn aus gratis überteuert wird

Dillingen · Die Liste der Maschen, mit denen dreiste Betrüger an Geld gelangen wollen, ist lang: von horrenden Rechnungen für Dienste einer Sex-Hotline über Abofallen durch Facebook-Werbung bis hin zur Datenfischerei von falschen Paketdiensten.

 Die Berater der Verbraucherzentrale helfen, bevor der Fall in einem Fiasko endet. Foto: Bodo Marks/dpa

Die Berater der Verbraucherzentrale helfen, bevor der Fall in einem Fiasko endet. Foto: Bodo Marks/dpa

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Auch die Berater der Verbraucherzentrale Dillingen kennen Stoßzeiten: So kommen Betrügereien mit Sex-Hotlines oftmals kurz vor Weihnachten vermehrt auf. Einen Fall, der sie länger beschäftigte, schildert Beraterin Brigitte Paul: Ein 81-Jähriger aus Völklingen hatte angeblich mehrfach über sein Handy eine Sexhotline angerufen, er erhielt insgesamt sechs Rechnungen über je 90 Euro hierfür. "Ich habe ihm geraten, zunächst nicht zu reagieren", berichtet Paul. Im Januar kamen dann weitere sechs Mahnungen, bei einem Beratungstermin beschlossen Paul und der Betroffene, der beteuert, die Nummern nie gewählt zu haben, gegen den Anbieter rechtlich vorzugehen. Ob der Mann zahlen muss, ist derzeit noch offen.

In einem anderen Fall, berichtet Paul, war ein Anbieter einer Sex-Hotline noch dreister: Denn der ältere Herr, der Rechnungen für angebliche Anrufe erhielt, besitzt noch nicht einmal ein Handy. "Nach einem Schreiben von uns war der Fall erledigt", sagt Paul. Aufheben sollte man solche Forderungen dennoch drei Jahre lang, rät sie, so lange läuft die Verjährungsfrist.

Vorsicht bei dubiosen Anrufen

Auf einen Versuch würden es dubiose Firmen gerne ankommen lassen. "Wir schätzen, dass sie damit oft auch erfolgreich sind", meint Paul. Eine beliebte Methode, die Adresse eines potenziellen Opfers auszumachen, um dann Rechnungen zuzustellen, erklärt Beraterin Elif Tanto: Die Firmen kontaktieren die Opfer telefonisch, geben sich aber zum Beispiel als Paketdienst aus. Eine Sendung könne nicht zugestellt werden, deshalb müsse man die Adressdaten abgleichen, heißt es dann. Statt des angeblichen Paketes flattern dann allerdings Rechnungen für nie genutzte Dienste ins Haus.

Schwarze Schafe im Handwerk

Häufig sind auch Anfragen zu vermeintlich überzogenen Handwerkerrechnungen, sagt Tanto: "Wir überprüfen, ob die Rechnung tatsächlich ok ist." Natürlich gebe es Branchen mit schwarzen Schafen, sagt sie, aber: "Oft verhandeln Kunden mit den Handwerkern und lassen sich nichts schriftlich geben. Dann kommen Leistungen dazu, die Rechnung steigt." Ob zu Recht, lasse sich im Nachhinein nicht immer feststellen.

Nicht oft genug warnen kann die Verbraucherzentrale vor dem Klassiker Schlüsseldienst: "In einem aktuellen Fall hat ein Mann 800 Euro für das Öffnen der Tür bezahlt", berichtet Paul, "was wir da im Nachhinein zurückfordern können, ist nur ein geringer Anteil." Die meist überregional arbeitenden Schlüsseldienste fallen durch dreistes Vorgehen auf: So werde nur gegen Vorkasse gearbeitet, man biete den Kunden sogar an, sie zum nächsten Bankautomaten zu fahren, schildert Paul. Das sollte man verweigern und eine Rechnung anfordern. Sie rät, am besten einen örtlichen Schreiner zu beauftragen und gerade abends oder am Wochenende lieber bei Freunden zu übernachten als eine völlig überhöhte Rechnung zu riskieren.

Neue Maschen im Internet

Auch von neuen Maschen können die Berater berichten: So machen Abofallen im Internet derzeit viel Arbeit. "Über Lockanzeigen gelangen die Verbraucher auf die Kundenplattform, wie etwa www.habibi.de ," erklärt Tanto, "da registriert man sich angeblich kostenlos und gibt die Daten ein. Es endet damit, dass man unwissentlich ein Abo abschließt, mit zwei Jahren Laufzeit und Kosten von etwa 250 Euro im Jahr." Die Verbraucherzentrale pocht in solchen Fällen auf die sogenannte Buttonlösung: "Der Anbieter muss ganz deutlich zeigen, was genau man abschließt", erklärt Tanto. Die Berater versuchen es mit einem Widerruf und fechten den Vertrag an wegen Täuschung. "Aber die Anbieter sind recht hartnäckig. Im Zweifelsfall überlegen wir mit dem Kunden , ob er klagen möchte." Einen Musterprozess führt derzeit der Bundesverband der Verbraucherzentralen .

Aus Gratispaket wird Abo

Gleich zwei Fälle aus dem Kreis Saarlouis hat die Verbraucherzentrale gerade zu sogenannten Slim-Sticks, einem Diätmittel. Über Facebook-Werbung kamen die betroffenen Frauen auf die Seite des Anbieters, der ein Probepaket gratis versprach. "Dann kam das Päckchen und die Überraschung: Es kostete 9,95 Euro Logistikpauschale, zuzüglich Lieferkosten , also etwa 13 Euro, die sofort zu bezahlen seien", berichtet Paul. Der dicke Haken: Der Bezug hätte zudem sofort gekündigt werden müssen. So erhielten beide Damen kurz darauf eine Rechnung über 214,60 Euro, die Abokosten für drei Monate. Ärgerlich obendrein: Eine Rückfrage bei den Ernährungsexperten der Verbraucherzentrale ergab, dass das Diätmittel, ein Brausepulver, im Prinzip wirkungslos sei. "Wenn Sie vor der Mahlzeit zwei Gläser Wasser trinken, hat es denselben Effekt", erklärt Paul. Eine gesundheitliche Aufklärung zu dem Mittel sei ebenfalls nicht erfolgt.

"Ich rate dazu, die Abokosten keinesfalls zu zahlen. Bei unbestellter Ware muss man nicht selbst aktiv werden." Eine Antwort des Anbieters hat Paul bisher nicht behalten, sie geht vorsichtig davon aus, dass der Fall damit abgeschlossen ist.

 Wer sich aus der Wohnung aussperrt, sollte bei Schlüsseldiensten vorsichtig sein, rät die Verbraucherzentrale. Foto: Kai Remmers/dpa

Wer sich aus der Wohnung aussperrt, sollte bei Schlüsseldiensten vorsichtig sein, rät die Verbraucherzentrale. Foto: Kai Remmers/dpa

Foto: Kai Remmers/dpa

Auch Betrug bei Online-Partnerbörsen begegnet den Beratern vermehrt: Eine günstige Test-Mitgliedschaft geht in ein teures Abo über. Tanto rät hier, wie so oft: "Ganz genau den Vertrag lesen, insbesondere die AGB zu Widerruf und Vertragslaufzeit."

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