Versöhnungsarbeit fortsetzen

Dillingen. Die achtzig Gäste, unter ihnen Mitglieder der Synagogengemeinde Saar, erheben sich zum Kaddisch-Gebet: Kantor Benjamin Chait singt diesen wichtigen Teil der jüdischen Liturgie in Hebräisch. Die Namen Auschwitz, Majdanek, Bergen-Belsen lassen aufhorchen

 Dicht drängten sich 80 Ausstellungsbesucher in der Galerie der KEB. Foto: Gerhard Alt

Dicht drängten sich 80 Ausstellungsbesucher in der Galerie der KEB. Foto: Gerhard Alt

Dillingen. Die achtzig Gäste, unter ihnen Mitglieder der Synagogengemeinde Saar, erheben sich zum Kaddisch-Gebet: Kantor Benjamin Chait singt diesen wichtigen Teil der jüdischen Liturgie in Hebräisch. Die Namen Auschwitz, Majdanek, Bergen-Belsen lassen aufhorchen. Der ergreifende Gesang war der Höhepunkt der Gedenkveranstaltung am Vorabend des "Tages des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus" im Oswald-von-Nell-Breuning-Haus der KEB in Dillingen. Damit wurde zugleich die Ausstellung "Vor 70 Jahren. Ausstellung zur Deportation der saarländischen Juden nach Gurs" eröffnet.

Um Versöhnung bemüht

Für besondere Akzente sorgten außerdem Nalan Görgülü, Melanie Weber und Jannis Marion, Schüler des Albert-Schweitzer-Gymnasiums, mit Texten zum Nachdenken, ferner Thomas Bernardy und Oranna Kasper mit gut ausgewählten Liedern. Der KEB-Vorsitzende Horst Ziegler verwies darauf, dass die KEB im Kreis Saarlouis sich seit ihrer Gründung vor 40 Jahren um Versöhnung bemühe. Mit Veranstaltungen wie dieser Ausstellung wolle man der Gefahr der Wiederholung entgegenwirken. Die KEB setze ihre Versöhnungsarbeit fort mit einer Studienreise nach Israel im Mai und dem Zeitzeugenprojekt mit ehemaligen KZ-Häftlingen im September.

Die vom Landesarchiv in Saarbrücken konzipierte Ausstellung dokumentiert die am 22. Oktober 1940 erfolgte Deportation von Juden aus dem damaligen Saargebiet in Lager in Südfrankreich. Die meisten dieser Menschen brachte man von dort in die Vernichtungslager in Osteuropa. Der Historiker Dieter Wolfanger erklärte, damals seien etwa 6500 Juden aus dem südwestdeutschen Raum in der nach den Gauleitern benannten "Bürckel-Wagner-Aktion" deportiert worden, davon 140 aus dem Saargebiet. 1935 lebten 4638 Juden an der Saar. Danach emigrierten viele. In der Volkszählung von 1939 wurden 479 "Glaubensjuden", die ihre Religion praktizierten, und 78 "Rassejuden", die wegen ihrer Familie so genannt wurden, erfasst.

Ein einziger Überlebender

Wolfanger schilderte, wie miserabel die Zustände in den südfranzösischen Lagern (es gab weitere neben Gurs) waren, dass auch das französische Vichy-Regime Juden internierte und dass die Menschen in Zügen, die durch Saarbrücken fuhren, in die Vernichtungslager gebracht wurden. "Über 500 saarländische Juden sind in Auschwitz ermordet worden, ein Einziger hat überlebt", sagte Wolfanger. Man wisse aber auch von zehn Juden, die während der Nazizeit im Saargebiet überlebten - dank "Hilfsbereitschaft und Zivilcourage", wie Wolfanger sagte.

Auf einen Blick

 Dicht drängten sich 80 Ausstellungsbesucher in der Galerie der KEB. Foto: Gerhard Alt

Dicht drängten sich 80 Ausstellungsbesucher in der Galerie der KEB. Foto: Gerhard Alt

Die Ausstellung bleibt bis 17. Februar im Oswald-von-Nell-Breuning-Haus der KEB in Dillingen, Friedrich-Ebert-Straße 14. Es können Gruppenführungen vereinbart werden unter Tel. (0 68 31) 76 02 41. gal

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