Turbulenzen beim Tierschutzverein Untere Saar Unter Ausschluss der Öffentlichkeit

Dillingen · „Wir müssen leider draußen bleiben“: Das galt diesmal nicht für Tiere bei der Metzgerei, sondern für einige Interessenten und die Presse bei der Mitgliederversammlung des Tierschutzvereins Untere Saar Dillingen.

 Das Tierheim in Dillingen, geführt vom Tierschutzverein Untere Saar. Im Verein rumort es.

Das Tierheim in Dillingen, geführt vom Tierschutzverein Untere Saar. Im Verein rumort es.

Foto: Merkel Carolin/Carolin Merkel

„Wie sieht denn das für einen Verein aus? Die lassen keine Gäste zu, und die Tür bleibt sogar für die Presse verschlossen. Man meint gerade, die hätten etwas zu verbergen“, meinte Michèle Herges aus Oberesch. Sie war am Freitagabend zur Mitgliederversammlung des Tierschutzvereins Untere Saar gekommen. Vier Jahre, erzählte sie, war sie Pflegestelle, hat Katzenbabys Tag und Nacht aufgepäppelt. Im Vorfeld der Versammlung wollte sie Mitglied werden, hat einen Antrag gestellt und auch den ersten Beitrag gezahlt. „Der wurde zurücküberwiesen, und ich habe ein Schreiben bekommen, dass ich nicht aufgenommen werde“, sagt sie. Ganz ähnlich ist es Heidi Groß aus Rehlingen-Siersburg ergangen. Sie war bis Mai 2017 im Tierheim angestellt, erkrankte dann. „Nun wollte ich wieder in den Verein eintreten, doch ich bekam eine nur vom Vorsitzenden unterschriebene Ablehnung zugeschickt.“

„Man hört viele Gerüchte“

Neben weiteren abgelehnten Beitrittswilligen waren einige Menschen aus den Landkreisen Saarlouis und Merzig-Wadern in die Dillinger Stadthalle gekommen, die sich über den Verein und über das Tierheim erkundigen wollten. „Man hört viele Gerüchte, ich wollte mich einfach informieren“, erklärte ein Herr. Für alle galt: Wer nicht auf den Mitgliederlisten am Eingang stand, wurde des Saales verwiesen. Auch für die Saarbrücker Zeitung blieb der Zugang verwehrt. Zwar gab es vor Sitzungsbeginn die Gelegenheit für die Presse, kurz mit dem Vorstand zu reden, doch der 2. Vorsitzende, Franz-Josef Schumacher, lehnte Gäste und Presse prinzipiell ab, ohne die Mitgliederversammlung vor Eintritt in die Tagesordnung darüber zu befragen.

Vor dem Saal wurde mangelnde Transparenz beklagt. Die Stimmung war schlecht. Das lag nicht zuletzt an den zwei Security-Mitarbeitern, die nach Beginn niemanden mehr reinließen. Das brachte Partheepan und Annika Balachandran auf die Palme. „Ich habe extra meine Arbeit unterbrochen, und ich werde nicht reingelassen“, sagte der junge Mann, der versicherte, seit Dezember Mitglied zu sein.

Vor der Tür zeigte sich immer wieder der Gegenkandidat zum amtierenden Vorsitzenden Peter Kaiser: Jörg Franzen. Er ist seit einem Jahr Mitglied und wollte sich aus verschiedenen Gründen zur Wahl stellen. „Ich habe eine Broschüre bekommen, da steht drin, dass man sich über jedes neue Mitglied freut. Und dann erfahre ich, dass viele Mitglieder abgelehnt werden“, sagte er. Franzen würde gerne mehr Transparenz in den Verein bringen, die Satzung ändern. Die sieht derzeit vor, dass ein Aushang am schwarzen Brett als Einladung zur Mitgliederversammlung ausreicht, eingeladen sind alle Mitglieder.

Landestierschutzbeauftragter kritisiert

Im Saal war unter anderem Dr. Hans-Friedrich Willimzik, Landestierschutzbeauftragter und Mitglied im Dillinger Verein. Auf telefonische Nachfrage zeichnete er ein kein gutes Bild von der Versammlung. „Das ist vor allem schade, weil das Dillinger Tierheim im Saarland auch finanziell mit am besten dasteht und ein Vorzeigeprojekt sein könnte. Nur gibt es einen Vorstand, der das alles an die Wand fährt“, erklärte er. Schon lange fordert Willimzik, dass Vereine, die ein Tierheim betreiben, eine „ordentliche Trennung zwischen Einrichtung und Verein“ machen. „Tatsache in Dillingen ist es, dass eine Person das Sagen über alles hat“, moniert er. Dass Gäste nicht zur Versammlung zugelassen waren, habe er mitbekommen, nicht aber, dass auch die Presse ausgeschlossen wurde. „Das ist sehr schade. Der Verein bekommt für das, was er tut, schließlich viele öffentliche Gelder, da müsste die Öffentlichkeit zugelassen werden“, meint der Landestierschutzbeauftragte. Die Satzung, erklärt er, brauche eine Überarbeitung. „Ich denke, das ist vom derzeitigen Vorstand nicht gewünscht.“

Ebenfalls telefonisch meldete sich Eva-Maria Kirsch aus Merzig. Das Vereinsmitglied hat ein Gespräch mit einer ganzen Gruppe angeboten, die dem, was ihrer Meinung nach im Verein passiert, nicht mehr tatenlos zusehen will. Vor allem ärgerte sie, „dass Kritiker sofort mundtot gemacht wurden und auch dem Wunsch nach geheimen Wahlen nicht entsprochen wurde“.

Das Rumoren wohl gehört

Das Rumoren im Verein ist Saarlouis’ Landrat Patrik Lauer bekannt, abgelehnte Mitglieder haben ihn ebenso kontaktiert wie der Vorstand des Tierschutzvereins Untere Saar. Die Mitgliederversammlung, erklärte er, sei das oberste Gremium, es sei nicht seine Aufgabe, hier Stellung zu beziehen. Der Konsortialvertrag über den Betrieb des Tierheims wurde, wie er erläuterte, in Zusammenhang mit dem Neubau im Jahr 2012 geschlossen, der Landkreis Saarlouis vertrete die 20 Kommunen (die das Tierheim finanziell mit über einer Viertelmilion Euro jährlich mittragen, d.Red.). In jedem Jahr, sagt Lauer, gibt es einen Termin mit allen Bürgermeistern, bei dem der Tierschutzverein Untere Saar Rechenschaft ablegt.

Interessant für Lauer wird es erst dann, wenn das Tierwohl gefährdet sei, sagte er. „Wenn wir Anhaltspunkte haben, dass es den Tieren nicht gut geht, dann werden wir sehr schnell das Gespräch suchen und, wenn nötig, auch weitere Schritte unternehmen“, betonte er. Dass die Presse von der Versammlung am Freitag ausgeschlossen wurde, hielt auch Lauer nicht für angemessen. „Wenn man in der Schusslinie steht, tut Transparenz gut. Doch selbst das muss am Ende jeder Verein für sich selbst wissen.“

Interview mit Peter Kaiser

Dillingen Der wiedergewählte Vorsitzende des Tierschutzvereins Untere Saar Dillingen war nicht ohne weiteres bereit, Fragen unserer Zeitung zu beantworten. SZ-Mitarbeiterin Caroline Merkel schickte Peter Kaiser die Fragen daher per Mail. Hier sind seine Antworten.

Warum lehnt der Verein die Aufnahme neuer Mitglieder ab?

Peter Kaiser: Grundsätzlich lehnen wir keine Mitglieder ab. So wurden im Jahr 2017 91 neue Anträge auf Mitgliedschaft gestellt. Davon wurden vom Vorstand sieben Anträge abgelehnt. Die Anträge, die wir abgelehnt haben, wurden aus vereinsinternen Gründen vom Vorstand abgelehnt.

Warum wurde die Presse nicht zur Mitgliederversammlung zugelassen, warum braucht es Security?

Kaiser: Die Mitgliederversammlung ist keine öffentliche Veranstaltung. Von Ihrer Seite her wäre es nett gewesen, sich im Vorfeld anzukündigen. Laut Vereinsrecht haben weder einzelne Vereinsmitglieder noch dritte Personen ein Anspruch auf Öffentlichkeit außer die Satzung sieht da was anderes vor. Um einen reibungslosen Ablauf der Sitzung zu gewährleisten, war der Ordnungsdienst da. Nach dem Versammlungsgesetz hat der Versammlungsleiter zu entscheiden, ob Ordner eingesetzt werden.

Was denken Sie über die von Dr. Willimzik geforderte Trennung von Geschäftsführung Tierheim und Vorstand Tierschutzverein?

Kaiser: Die Forderung einer Trennung der Geschäftsführung Tierheim und Vorstand Tierschutzverein steht im Widerspruch zu unserer Vereinssatzung.

Kommentar von Mathias Winters

Privatsache Tierschutz?

Transparenz. Die ist selbstverständlich nicht überall und immer einzufordern. Privatleben muss Privatsache bleiben. Gilt das auch für Vereine? Wir haben mit dem Landessportverband gerade erlebt, was passiert, wenn eine solche Vereinigung zumindest teilweise zur Privatsache gemacht wird. Und es gab hier auch ein Beispiel dafür, was geschieht, wenn diejenigen wegschauen, die eigentlich ein waches Auge auf die Organisation haben sollten. Die Parallele zum Tierschutzverein Untere Saar? Intransparenz, Vertuschen, Herstellen von Nichtöffentlichkeit, obwohl öffentliche Mittel im Spiel sind. Dem Landrat war das Rumoren im Verein bekannt, sagt er. Auch wenn er keine Aufsichtsfunktion hat wie der Innenminister beim LSVS. Als Geldgeber hätte er Grund genug gehabt, bei der Mitgliederversammlung hinzuschauen oder hinschauen zu lassen. Er oder ein Vertreter hätten ja sicher nicht draußen bleiben müssen, oder?

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