Stahl-Podium 2020 soll über die Zukunft entscheiden

DILLINGEN · Peter Altmaier und Tim Hartmann waren sich am Sonntag bei der Podiumsdiskussion in Dillingen weitgehend einig.

 Rund 200 Zuhörer, darunter etliche Stahlarbeiter, füllten am Sonntag den Gesellschaftsraum der Dillinger Stadthalle, als Peter Altmaier und Tim Hartmann im Podium diskutierten.

Rund 200 Zuhörer, darunter etliche Stahlarbeiter, füllten am Sonntag den Gesellschaftsraum der Dillinger Stadthalle, als Peter Altmaier und Tim Hartmann im Podium diskutierten.

Foto: ajk

Weitgehend einig waren sich Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und Tim Hartmann, Vorstandsvorsitzender von Dillinger und Saarstahl, bei ihrem Austausch vor rund 200 Zuhörern am Sonntagvormittag zur Lage der saarländischen Stahlindustrie. Zu der Veranstaltung hatte der CDU-Kreisverband Saarlouis in den Gesellschaftsraum der Dillinger Stadthalle eingeladen,  unter Moderation des Wirtschaftsjournalisten Lothar Warscheid.

Ihre Positionen zur Frage, „wie der industrielle Strukturwandel gelingen kann“, fanden auch bei den Zuhörern viel Zuspruch. Das reiche aber nicht, auch „die Feinde des Stahls“ müssten überzeugt werden, betonte Altmaier. Der Klimaschutz („ich bin ja nicht dagegen“) werde auf Dauer von den Menschen nur akzeptiert, wenn auch Arbeitsplätze und Wohlstand gesichert werden. Daher sei mehr Augenmaß bei einigen Forderungen von Umweltverbänden sowie Grünen nötig.

Altmaier will die deutsche EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr nutzen, um den Rat der EU-Handelsminister nach Saarbrücken einzuladen. Vor Ort will der Bundesminister aus dem Saarland seinen europäischen Kollegen die Bedeutung der Stahlindustrie für die Menschen im Saarland deutlich machen. Er zeigte sich zuversichtlich, noch 2020 zu gemeinsamen Ergebnissen zu kommen.

„Hier im Saarland entscheidet sich als erstem Land die Glaubwürdigkeit des Green Deal der EU“, erklärte Hartmann. Aber „die politische Diskussion macht mir Angst“, zeigte sich der Vorstandsvorsitzende deutlich skeptischer als der Minister. Hartmann formulierte drei „Wünsche an die Politik“: Erstens müsse international ein Wettbewerbsrahmen geschaffen werden („Je fairer, desto weniger Fördermittel sind nötig“). Dennoch brauche es für die Investitionen in eine CO2-freie Stahlproduktion „signifikante Fördermittel“. Bundesweit 30 Milliarden, davon zwei Milliarden im Saarland, rechnet Hartmann. Drittens forderte er „eine signifikant wettbewerbsfähige Energie, bezahlbare Energiepreise“. Die Wasserstoff-Technologie helfe in den nächsten zehn Jahren nicht, daher müsse „Gas als Brücke“ ermöglicht werden. „Eigentlich ist es ganz einfach“, fasste Hartmann zusammen. Die Entscheidungen müssten aber in den nächsten 15 Monaten fallen, die Stahlindustrie brauche Klarheit bei anstehenden Investitionsentscheidungen, etwa dem Bau neuer Hochöfen. „Verspekulieren geht nicht, sonst sind wir ganz schnell weg.“

Bundeswirtschaftsminister Altmaier versicherte: „An mir wird es nicht liegen“; er sehe Gas als „eine wichtige Brücken-Technologie“ für den Industriestandort Deutschland. Nach dem Atomkraft- und dem Kohle-Ausstieg könne nun nicht auch noch der Ausstieg aus dem Gas gefordert werden, kritisierte Altmaier. Für notwendige Investitionen in der Stahlindustrie könne man bestehende europäische Programme nutzen. Zudem solle Finanzminister Olaf Scholz die zehn Milliarden für das Vorziehen der Soli-Abschaffung „lieber in die Stahlindustrie stecken“, sieht Altmaier finanziellen Spielraum.

Allerdings seien die 30 Milliarden Euro an Investitionen „das geringste Problem“, sagte Hartmann, die Energiekosten betrügen ein Mehrfaches davon („da wird es richtig spannend“). Geklärt werden müsse die Frage, wie für die Unternehmen bezahlbare Energiepreise finanziert werden. „Es mangelt uns nicht an Zuspruch“, betonte Hartmann, „wir brauchen aber mehr Umsetzungsfreudigkeit“. Der Konsens über langfristige Ziele sei einfach, wichtig seien nun aber konkrete Entscheidungen: „Wir sollten uns an den Bauern ein Beispiel nehmen, wir müssen lauter werden.“

Den Protest der Stahlarbeiter formulierten einige Dutzend IG-Metaller schon im Vorfeld der Veranstaltung. Vor der Stadthalle trugen die Betriebsratsvorsitzenden von Dillinger, Saarstahl und SHS-Holding, Michael Fischer und Stephan Ahr, Minister Altmaier ihre Sorgen vor. Er lud die Gewerkschafter zu weiteren Gesprächen ins Ministerium ein, für die Vertreter der Belegschaft zumindest ein positives Zeichen an diesem Sonntag.

 Der Konzernbetriebsratsvorsitzende der SHS-Holding und von Dillinger, Michael Fischer (links), trug Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und dem CDU-Kreisvorsitzenden Franz-Josef Berg (von rechts) die Sorgen der saarländischen Stahlarbeiter vor.

Der Konzernbetriebsratsvorsitzende der SHS-Holding und von Dillinger, Michael Fischer (links), trug Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und dem CDU-Kreisvorsitzenden Franz-Josef Berg (von rechts) die Sorgen der saarländischen Stahlarbeiter vor.

Foto: ajk
 Unter Moderation des Wirtschaftsjournalisten Lothar Warscheid diskutierten Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (links) und der Vorstandsvorsitzende von Dillinger und Saarstahl, Tim Hartmann (rechts).

Unter Moderation des Wirtschaftsjournalisten Lothar Warscheid diskutierten Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (links) und der Vorstandsvorsitzende von Dillinger und Saarstahl, Tim Hartmann (rechts).

Foto: ajk

Der Protest der Stahlarbeiter und ihr „Walk of Steel“ nach Brüssel zeige die Betroffenheit der Menschen, betonte zu Beginn der Veranstaltung Bürgermeister Franz-Josef Berg. „Es kann nicht sein, dass Öko-Stahl durch dreckigen Billig-Stahl verdrängt wird“, sagte der CDU-Kreisvorsitzende. Für die Hüttenstadt Dillingen sowie den Landkreis Saarlouis und das Saarland habe die Stahlindustrie eine essentielle Bedeutung.

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