Dillingen Geschichte ins jetzige Jahrtausend führen

Dillingen · Mit Jürgen von Ahn hat das Pachtener Museum einen neuen Leiter, der das Haus in die Zukunft führen möchte. Die Sammlung bewahrt auch Funde aus ägyptischer und gallorömischer Zeit.

 Dr. Jürgen von Ahn ist der neue Leiter des Römermuseums in Pachten. 

Dr. Jürgen von Ahn ist der neue Leiter des Römermuseums in Pachten. 

Foto: privat/Jürgen von Ahn

Als neuer Leiter des Römermuseums in Pachten hat Jürgen von Ahn einiges zu berichten. Von Ahn ist 44 Jahre alt und kommt aus Trier. „Studiert habe ich Kunstgeschichte, Klassische Archäologie und Katholische Theologie.“

Nach dem Studium habe er vielfältige Erfahrungen in verschiedenen Forschungsprojekten an den Universitäten von Frankfurt am Main, Trier und Luxemburg sammeln können und 2017 die Promotion zum Doktor der Geisteswissenschaften abschließen können. An Dillingen reizt den neuen Museumsleiter die Mischung aus Museumsarbeit, Stadtgeschichte und Tourismusförderung. „Also habe ich mich kurzerhand beworben und freue mich sehr, dass ich die Stelle bekommen habe.“

Seine Prioritäten sieht von Ahn unter anderem in den touristischen Schätzen Dillingens: „Industriekultur beginnend in der Zeit Ludwig XIV., Skulpturen der Moderne von teils weltbekannten Künstlern, die reichhaltige Natur am Ökosee und vor allem die römische Vergangenheit des Stadtteils Pachten bieten unzählige Möglichkeiten. Bei letzterem hat ganz klar das Museum Pachten das größte Potenzial und steht auch seit meinem Arbeitsbeginn im Fokus meiner Tätigkeiten. Das bereitet mir besondere Freude, denn neben der Kunstgeschichte war die Archäologie immer schon meine zweite große Leidenschaft.“

Nach kurzer Einarbeitung war von Ahn dann schnell bewusst, wie bedeutend die römische Geschichte Pachtens ist und wie viele außergewöhnliche Objekte hier über die Jahrzehnte gefunden wurden. „Zu nennen ist hier zunächst der Inschriftenstein, welcher es ermöglicht hat, dem römischen Pachten seinen antiken Namen wieder zu geben: Contiomagus. Das gibt es nur äußerst selten. Außergewöhnlich sind die zahlreich erhaltenen beschrifteten Sitzsteine eines ehemaligen Kulttheaters.“ Diese wurden, nach der Zerstörung der Siedlung durch die Germanen, im Fundament des hiernach neu errichteten Kastells wiederverwendet und sind somit erhalten geblieben. Ein solches Theater kenne die Forschung in Deutschland nur noch aus Trier. Dort ist es jedoch mit Schutt aus dem zweiten Weltkrieg bedeckt und somit für die nahe Zukunft nicht nutzbar.

Pachten zeichnet sich durch viele schöne Stücke des alltäglichen Lebens aus, wie eine Vielzahl von Keramik unterschiedlichster Qualität. Kleinfunde, wie der sicherlich vielen bekannte Merkur (in Privatbesitz) sind von besonderer Kunstfertigkeit. Schmelztiegel und Förmchen eines Geldgießers (fälschlicherweise oft Münzfälscher genannt), ein großes Bleigefäß, ein Mosaik mit Swastika und eine bronzene Siebkelle aus dem Bereich der Hütte finden sich in vielen Publikationen und wurden schon in Saarbrücken und Berlin gezeigt. Und nicht zuletzt zu nennen: das größte Brandgräberfeld des deutschen Süd-Westens.

Hat von Ahn schon ein Lieblingsstück ausgemacht? „Ohja! Bei diesem handelt es sich eindeutig um ein Fragment einer ägyptischen Frauenfigurine, die wir erfreulicherweise nach Dillingen zurückführen konnten. Sie wurde 1920 im Bereich des ehemaligen Kastells hier in Pachten gefunden.“ Ihr habe man kürzlich bereits einen eigenen Artikel gewidmet, den Interessierte auch auf der Homepage der Stadt nachlesen können.

Das geheimnisvolle Objekt, das vermutlich aus der ehemaligen altägyptischen Hauptstadt Memphis stammte und aktuell zwischen 1200 und 600 vor Christus datiert wird, ist schon etwas ganz Außergewöhnliches. Es ist völlig offen, wie das Stück vom Nil an die Saar gelangte. Genauso rätselhaft ist die Art der sehr wahrscheinlich bewussten Zerstörung der Namensinschrift und des Gesichtes der Frau, die – laut Ägyptologen – eine Prinzessin, Adelige oder hochgestellte Dame gewesen sein muss. Auch wenn es hin und wieder ägyptische Bodenfunde in Nordeuropa gibt, bleibt das Pachtener Stück in dieser Form einzigartig nördlich der Alpen.

Für die nähere Zukunft des Museums ist für Jürgen von Ahn von Bedeutung, die Ausstellung „ins jetzige Jahrtausend“ zu bringen. Die Objekte sollen in zeitgemäßer Form den Besuchern präsentiert und durch mehrsprachige Beschriftungen in ihren Kontext gestellt werden. „Hierbei wollen wir neben den eigentlichen Objekten auch multisensorische und multimediale Mittel einsetzen.“ Objekte zum Fühlen, Hören oder Riechen machten nicht nur für den „normalen“ Besucher die Geschichte besser erfahrbar, sondern bieten auch Menschen mit (Sinnes-)Einschränkungen eine kulturelle Teilhabe.

Auch an die kleinen Museumsbesucher solle gedacht werden – oder gerade an sie: „Innerhalb der Ausstellung wird es Stationen speziell für die ganz Kleinen geben, die das Museum für sie zu einer spannenden Schnitzeljagd werden lassen. Aber auch speziell für Schulklassen aus Dillingen und den Nachbargemeinden plane ich ein museumspädagogisches Angebot. Ich möchte verschiedene Gruppenführungen zu besonderen Themen anbieten, bei denen im Anschluss gebastelt, getöpfert oder römisch gekocht werden darf. Wir sind zurzeit dabei, einen Raum extra hierfür herzurichten und auszustatten.“

Selbstverständlich soll auch für Erwachsene das Museum zu einem Treffpunkt werden. Ortsansässige Vereine und Gruppen werden den Arbeitsraum ebenfalls nutzen können. Die große Fläche in der ehemaligen Scheune des Museums steht weiterhin als würdiger Rahmen für Veranstaltungen, wie Konzerte, Vorträge, Empfänge und ähnliches zur Verfügung. Auch interessante regionale/überregionale Sonderausstellungen und Erwachsenenkurse sind in Planung. Sie dürfen sich überraschen lassen. Zum anderen wird es auch bald eine neue Homepage und somit ein digitales Angebot für das Museum, dortige Veranstaltungen und den Römerpark geben.

 In einem historischen Bauernhaus ist das Museum Pachten untergebracht, mit seinen Exponaten zur Geschichte des Dillinger Stadtteils.

In einem historischen Bauernhaus ist das Museum Pachten untergebracht, mit seinen Exponaten zur Geschichte des Dillinger Stadtteils.

Foto: Rolf Ruppenthal

Weitere Infos zum Museum Pachten und seinen Exponaten finden sich online auf www.dillingen-saar.de/freizeit-kultur/sehenswertes/museum-pachten/.

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