Freiarbeitsphase oder Frühstunde

Dillingen · Individuelles Lernen wird als Konzept eines Schulprojektes in Nordrhein-Westfalen nun auch in der Saarlouiser Region erprobt.

 Julia Rückel Fotos: Axel Künkeler

Julia Rückel Fotos: Axel Künkeler

Individuelles Lernen als wesentliche Voraussetzung eines Schulprojektes in Nordrhein-Westfalen gibt es in abgewandelter Form auch am Technisch-Wissenschaftlichen Gymnasium (TWG) in Dillingen. Dort steht seit Kurzem eine "Freiarbeitsphase" als Zwei-Stunden-Block an einem Schultag auf dem Lehrplan. Allerdings freiwillig, was einige Schüler annehmen, während andere lieber diese Stunden als willkommene Pause nutzen. Herbert Jacob, Schulleiter des TWG, könnte sich vorstellen, die zwei Freiarbeitsstunden als jeweils erste Unterrichtsstunde an zwei Wochentagen anzubieten. Damit könnte er, ähnlich wie in NRW, seinen Schülern freistellen, ob sie zur ersten oder zur zweiten Stunde ihren Unterricht beginnen. Diesen Einstieg in ein Gleitzeit-Modell hält Jacob jedoch "nur in enger Abstimmung mit der Schulgemeinschaft" für machbar. Zudem darf es keine Verschiebung der Schulzeiten in den Nachmittag geben, glaubt er.

Schon der Plan, eine längere Mittagspause einzuführen, sei an "massiven Widerständen" der Schüler gescheitert. Der Grund liege darin, dass etliche Schüler nachmittags Nebenjobs haben, um Geld zu verdienen oder lieber ihren Hobbys nachgehen. Für Schülersprecher Maurice Kornisch ist eine Verschiebung in den Nachmittag ebenfalls schwierig. Der 19-jährige Piesbacher hat zwar Probleme mit dem frühen Beginn, hält daher eine Gleitzeitregelung "schon für sinnvoll". Ebenso wie individuelles Lernen als Gelegenheit, die eigenen Defizite aufzuarbeiten. Es sei aber schwierig, bei dem engen Kursplan die eine Stunde am Vormittag nachzuholen, meint er.

Es sei auch schwer zu kontrollieren, ob die Stunde nachgeholt werde, glaubt die Albert-Schweitzer-Schülersprecherin Julia Rückel. Die 16-Jährige aus Düppenweiler sieht einen späteren Beginn generell als problematisch an. "Im Beruf muss man ja auch früh ran", sagt sie. Ihr selbst mache es nichts aus, sie räumt aber ein, dass die meisten ihrer Mitschüler erst ab der zweiten, dritten Stunde wirklich aufnahmebereit sind. Morgens langsamer einzusteigen, wäre da schon ein Vorteil.

Das bestätigt der Schulleiter des Dillinger ASG, Stefan Schmitt: "Ich kann dem nur zustimmen, der Biorhythmus Jugendlicher ist mit dem sehr frühen Beginn nicht kompatibel."

Die Lehrer würden darauf Rücksicht nehmen, mit langsamerem Tempo in der ersten Stunde, mehr Freiräumen und Wiederholungen. Es würde schon helfen, erst um acht Uhr anzufangen. Das sei zwar keine Gleitzeit, aber besser als der ganz frühe Beginn um kurz nach halb Acht. Selbst diese Verschiebung sieht Schmitt als eine "logistische Herausforderung". Der jetzige Beginn sei getaktet mit allen weiterführenden Schulen in Dillingen und vor allem den Bus-Fahrplänen der Kreisverkehrsbetriebe.

Des Weiteren sei wohl ein erhöhter Personalbedarf zur Umsetzung eines Gleitzeit-Modells zu erwarten. Er sei aber "ganz gespannt" auf die Evaluierung des NRW-Projekts. Davon ist für Stefan Schmitt eine mögliche Umsetzung im Saarland abhängig.

Zum Thema:

 Herbert Jacob

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 Stefan Schmitt

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 Maurice Kornisch

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Zum Hintergrund des Gleitzeit-Beginns Das Pilotprojekt zur Gleitzeit für Oberstufenschüler an einer Schule in Nordrhein-Westfalen hat bundesweit für Aufsehen gesorgt. Die Saarbrücker Zeitung hat Gymnasien im Landkreis Saarlouis dazu befragt. Wie in Saarlouis selbst haben auch die Gymnasien in Dillingen (das Albert-Schweitzer-Gymnasium und das Technisch-Wissenschaftliche-Gymnasium) einen einheitlichen Schulbeginn, der mit 7.35 Uhr sogar noch zehn Minuten früher liegt als in der Kreisstadt. Für alle Gymnasien gelten die Vorgaben der Kultusminister-Konferenz, die eine Wochenstundenzahl von 34 für die Oberstufe festlegt. Das bedeutet jetzt schon an zwei Tagen je zwei Stunden Unterricht am Nachmittag.

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