Eisenbahn hatte erst wenig Freunde

Saarlouis/Dillingen. Vor 150 Jahren hielt die Eisenbahn erstmals Einzug in unseren Landkreis. Am 16. Dezember 1858 wurde das 39 Kilometer lange Teilstück der Bahnstrecke von Saarbrücken über Saarlouis/Dillingen nach Merzig in Betrieb genommen. Offizielle Feierlichkeiten gab es erst am 26. Mai 1860 bei der Einweihung der Teilstrecke von Merzig nach Trier

Saarlouis/Dillingen. Vor 150 Jahren hielt die Eisenbahn erstmals Einzug in unseren Landkreis. Am 16. Dezember 1858 wurde das 39 Kilometer lange Teilstück der Bahnstrecke von Saarbrücken über Saarlouis/Dillingen nach Merzig in Betrieb genommen. Offizielle Feierlichkeiten gab es erst am 26. Mai 1860 bei der Einweihung der Teilstrecke von Merzig nach Trier. Selbst der preußische Prinzregent Wilhelm war zu der Inbetriebnahme der durchgehenden Eisenbahnverbindung von Saarbrücken nach Trier ins Saarland gekommen. Acht Millionen Taler hatte der Bau der neuen für unsere Region so wichtigen Eisenbahnstrecke verschlungen. Jahrelange Diskussionen über deren Nutzen und die Trassenführung waren dem Bau der Eisenbahn im Saartal vorausgegangen. Vor allem die Menschen in Roden, Fraulautern und Dillingen wehrten sich vehement gegen die Eisenbahn. Politische, militärische und vor allem wirtschaftliche Gründe waren es, die letztendlich den Ausschlag gaben, die Saartalbahn zu bauen. Pferdefuhrwerke, Kutschen sowie Flussschiffe und Kähne waren damals die traditionellen Transportmittel. Immerhin benötigten Reisende zu dieser Zeit 41 Stunden mit der Postkutsche, um den beschwerlichen 90 Kilometer langen Weg von Saarbrücken bis Trier hinter sich zu bringen. Die heutige Bahn braucht vergleichsweise etwas über eine Stunde von Saarbrücken nach Trier. Nachdem 1835 erstmals in Deutschland eine Eisenbahn von Nürnberg nach Fürth in Betrieb genommen wurde, setzte eine stürmische Entwicklung im Eisenbahnneubau ein. Saarbrücken wurde 1852 an das ständig wachsende Eisenbahnnetz angeschlossen. Impulse für eine Saartalbahn kamen zunächst aus Belgien. Eine dortige Gesellschaft strebte nach einer direkten Bahnverbindung von der Nordsee ans Mittelmeer. Anfängliche Planungen, diese Strecke entweder über Lothringen oder den Hochwald nach Saarbrücken-Straßburg zu führen, widersprachen der Mettlacher Kommerzienrat Eugen von Boch sowie Carl Schaeffner, Direktor der Dillinger Hütte. Allerdings formierte sich in der Dillinger Bevölkerung großer Widerstand gegen die Eisenbahn. Es gebe dort zu wenig Land für die Ackerer, das zudem durch die Bahn "zerstückelt" werde, hieß es in einem Gemeinderatsbeschluss von 1852 gegen den Bau der Bahn. Erst Hüttendirektor Schaeffner, Mitglied des Gemeinderates, überzeugte die Dillinger von den vielen Vorteilen, die von der Eisenbahn zu erwarten seien.Proteste von vielen Seiten Aber auch in Fraulautern "wetterten" die Menschen gegen den geplanten Eisenbahnbau. Sie fürchteten vor allem eine große Konkurrenz für die Schiffer und Schiffsbauer, was sich später tatsächlich bewahrheiten sollte. Dagegen waren die Saarlouiser Stadtväter eher besorgt, von dem neuen Verkehrsmittel abgehängt zu werden. Der neue gegenüber des Kaiserhofes in Fraulautern gebaute Bahnhof war für sie viel zu weit abseits gelegen. Mit ihren Protesten erreichten die Saarlouiser zumindest, dass der Fraulauterer Bahnhof lediglich als schmales Fachwerkgebäude und nicht massiv errichtet wurde. Die Option einer späteren Verlegung der Bahnstation Richtung Innenstadt sollte offen bleiben.1856 beschloss die preußische Regierung, die Saartalbahn auf Staatskosten zu bauen. Gut bezahlte Fremdarbeiter kamen in die Region und trieben den Bau voran. Dies forcierte nochmals die Proteste der Rodener und Fraulauterer. Wie eine "Schneise" verlief die Trassenführung durch die beiden Orte, der viele Häuser und Höfe weichen mussten. Als "dampfendes lang gestrecktes Rohr auf sechs Rädern" bezeichneten die Dillinger spöttisch eine 400 Zentner schwere Lokomotive, die im Sommer 1858 auf einem Karren von zehn Pferden gezogen für erste Probefahrten in die Hüttenstadt gebracht wurde. Bei den Probefahrten auf der neuen Eisenbahnlinie soll die Lok ziemlichen "Flurschaden" (abgerissene Telegrafenkabel) hinterlassen haben. Weil ein Trauerzug unterwegs zum Friedhof an einem Bahnübergang warten musste, beklagte sich sogar der Fraulauterer Pastor über den Eisenbahnbetrieb.Dillinger Hütte profitierte Trotz aller Widrigkeiten hat sich der Bau der Eisenbahn gelohnt. In den Folgejahren erlebte das Saartal einen starken wirtschaftlichen Aufschwung. Vor allem die Dillinger Hütte profitierte enorm. Auf der Strecke blieben die Fraulauterer Schiffer und Bootsbauer. Die expandierende Eisenbahn verdrängte die einst florierende Schifffahrt auf der Saar bis 1890 fast vollständig. Ausstellung im Landratsamt: "150 Jahre Eisenbahn Kreis Saarlouis" bis 19. Oktober, Di-Fr 10-12 und 13.30-15.30 Uhr sowie So 14-18 Uhr.

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