Aufbruch in eine neue Berufswelt

Dillingen · Die Kommunikation ist das größte Problem. Denn viele Flüchtlinge sprechen kaum Deutsch, wenn sie in den Unterricht kommen. Die Lehrer am TGBBZ in Dillingen haben einen Vermittler gefunden.

 Lehrer Johannes Falk und Ali Nabo erklären den syrischen Schülern das deutsche Schulsystem. Sie geben ihnen Tipps und Hilfen für den Einstieg ins Berufsleben. Foto: Thomas Seeber

Lehrer Johannes Falk und Ali Nabo erklären den syrischen Schülern das deutsche Schulsystem. Sie geben ihnen Tipps und Hilfen für den Einstieg ins Berufsleben. Foto: Thomas Seeber

Foto: Thomas Seeber

Wie seine Zukunft aussehen soll, das weiß Marvan Abdo ganz genau. "Ich will als Raumgestalter arbeiten", erzählt er in gebrochenem Deutsch. Erst vor wenigen Monaten flüchtete der Junge aus Syrien, mittlerweile ist er Schüler am Technisch-Gewerblichen Berufsbildungszentrum (TGBBZ) in Dillingen . "Innenarchitekt zu werden, ist gar nicht so leicht. Dafür braucht man bei uns Abitur und muss studieren", erklärt ihm Lehrer Johannes Falk. Marvan schaut ihn verdutzt an: "Was heißt Abitur?" Diese und ähnliche Fragen müssen die Lehrer am TGBBZ seit Monaten immer wieder beantworten.

Schulsystem erklären

"Das deutsche Schulsystem ist für die Flüchtlinge oft sehr verwirrend", sagt Schulleiter Werner Thiel. An seiner Berufsschule mit etwa 1800 Jugendlichen gibt es inzwischen vier Flüchtlingsklassen. "Die neuen Schüler kommen aus Syrien und Eritrea." Sie seien zwischen 15 und 18 Jahre alt, schulpflichtig und würden oft kaum Deutsch sprechen. Doch die Kommunikation ist nicht das einzige Problem. Auch kulturelle Unterschiede und die Erwartungshaltung der Neuankömmlinge stellten die Lehrer vor Herausforderungen. Thiel erklärt: "Die Flüchtlinge haben oft ganz andere Berufswünsche als die deutschen Kinder. Aber sie können uns ihre Ziele nicht richtig vermitteln." Die beiden Lehrer Johannes Falk und M'hamed Flitti haben es sich zur Aufgabe gemacht, Missverständnisse aus dem Weg zu räumen und die Kinder in ihrer neuen Heimat zu integrieren. Neben einer Fußball-AG organisierten sie beispielsweise eine Klassensprecherwahl, um den Flüchtlingen die Demokratie näher zu bringen. "Ich kann ein bisschen arabisch. Die größeren Probleme lassen sich damit meist klären. Aber bei den Feinheiten scheitert es", sagt Flitti. Er hat sich daher Unterstützung von seinem ehemaligen Schüler, Ali Nabo, geholt. Der 28-Jährige flüchtete selbst vor einigen Jahren aus Syrien. Nach dem Schulabschluss 2010 hat er seine Heimat Aleppo verlassen, alleine. "In Deutschland erwartete mich eine komplett andere Welt", erzählt Nabo. Eine Ausbildung hatte er nicht, also jobbte er in einer Autowerkstatt und bei Burger King . "Das hat mir beim Deutschlernen geholfen."

Richtig Deutsch lernen

Der junge Mann entschloss sich, am TGBBZ einen Schulabschluss zu machen, lernte Metallbauer und legte eine Gesellenprüfung ab. Mittlerweile hat er eine Festanstellung. "Wer nach Deutschland kommt, muss bereit sein, wieder von vorne zu beginnen. Auch wenn es nicht immer einfach ist", erklärt Nabo. Und genau das ist es, was er den Flüchtlingen vermitteln möchte. Einmal im Jahr kommt er dazu ans TGBBZ. Er erzählt seine Geschichte, informiert über das Schulsystem sowie Rechte und Pflichten in der deutschen Gesellschaft. "Ali kann durch seine Erfahrungen mehr leisten, als ein gewöhnlicher Dolmetscher", ist Lehrer Falk überzeugt. Bei seinem Besuch gibt Nabo den syrischen Jugendlichen auch wichtige Tipps für die Zukunft. Vor allem rät er ihnen, sich realistische Ziele zu setzen.

"Ihr müsst erst mal Deutsch lernen und einen Hauptschulabschluss machen", empfiehlt er. Man brauche viel Geduld, um es in der neuen Heimat zu etwas zu bringen. Doch Nabo macht den Flüchtlingen klar: "Wer seine Chance nutzt, kann hier alles erreichen." Auch einen Job als Raumgestalter.

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