Junge Autorin aus Dillingen Ein Buch zeugt von der Heilkraft des Schreibens

Saarbrücken  · Arin Jaafar brachte ihre Liebe und ihre Aktionen gegen das Assad-Regime zu Papier. Jetzt stellt sie das Werk in Saarbrücken vor.

 Autorin Arin Jaafar aus Dillingen liest am 22. Oktober in Saarbrücken zum ersten Mal aus ihrem Buch.

Autorin Arin Jaafar aus Dillingen liest am 22. Oktober in Saarbrücken zum ersten Mal aus ihrem Buch.

Foto: Jafaar

Das Saarbrücker „Jules Verne“ an der Ecke Mainzer Straße/Paul-Marien-Straße ist am Donnerstag, 22. Oktober, ab 19 Uhr Schauplatz einer Buchpräsentation. Die Autorin Arin Jafaar ist ebenso bemerkenswert wie ihr Werk „Wer du warst, wer du bist“. Es geht nicht um Integration, nicht um den Krieg in Syrien – das steht schon gleich im Vorwort des Buches. Es geht nicht um die Liebesgeschichte. Oder besser: nicht nur um all das. Es geht um Identität und Verluste.

Ihre Erlebnisse bewogen die Saarländerin Arin Jaafar (29), das Buch zu schreiben. „Drei Jahre lang habe ich immer wieder neu angefangen. Ein Konzept hatte ich lange nicht, ich wusste nur, dass ich schreiben musste“, erinnert sie sich. Als sie fertig war, gab Jaafar das Buch ihrer Schwester und einer Freundin zum Lesen: „Mir war Kritik wichtig. Ich würde diese Geschichte ja so auch nicht einfach glauben.“

Und so sieht die Handlung aus: Ein Mann und eine Frau lernen sich im Internet kennen. Es folgt eine moderne Liebesgeschichte. Beide engagieren sich von Deutschland aus für den Frieden in Syrien und gegen das Assad-Regime. Sie, Arin, ist Kurdin aus Syrien, sitzt im Rollstuhl und schreibt Gedichte. Er, Oliver, ist Aktivist und Künstler aus München – und birgt ein Geheimnis.

Arin Jaafar schrieb mehrere Verlage für ihr Buch an – und hatte Glück: „Ich war so stolz, als ich es zum ersten Mal gedruckt in der Hand hielt“, berichtet sie lachend. „Irgendwie surreal.“ Ein Buch, das schließlich ein Vermächtnis sein soll für ihren Freund Oliver, der unter rätselhaften Umständen starb, und Heilung für sie selbst. „Im Kopf bin ich Deutsche, in meinen Adern fließt kurdisches Blut, und mein Herz schlägt für Syrien. Ich schreibe für mein Leben gern, auch wenn meine Selbstzweifel dabei genauso ein treuer Begleiter sind wie meine Behinderung.“

Jaafar versucht, mit der Veröffentlichung für sich ein Puzzle zu vollenden: „Vielleicht ergeben sich so weitere Kontakte, und ich erfahre endlich die ganze Wahrheit“, sagt sie. Jaafar wohnt in Dillingen, wo sie aufgewachsen ist. Sie studiert BWL an der HTW Saarbrücken; daneben schreibt sie unter anderem für das Online-Magazin „Handicap X“ und ihren Blog „un-geh-hindert.de“. Geboren wurde sie in Syrien, kam 1993 mit ihren Eltern und ihren beiden Geschwistern nach Deutschland; schon lange hat sie einen deutschen Pass. Die Verbindung zur Heimat der Familie riss nicht ab. Sie besuchte das Land regelmäßig, der Kontakt zu Freunden und Verwandten blieb.

Und sie erlebte hautnah mit, wie der Krieg alles verändert: „Krieg ist der Verlust von Heimat, Hoffnung, von innerer Ruhe.“ Als junge Frau politisierte sich Arin Jaafar zunehmend, besuchte Demos gegen Assad, auch in Saarbrücken. Dabei lernte die damals 21-Jährige über Umwege den doppelt so alten Aktivisten Oliver kennen; eine Beziehung entspann sich.

Der dramatische Lauf des Geschehens änderte mit der Zeit jedoch ihre Sichtweise auf das politische Geschehen; inzwischen distanziert sie sich zunehmend vom Kampf ihrer Landsleute.

Aus verschiedenen Perspektiven erzählt Jaafar ihre Geschichte. Sie handelt jedoch unumgänglich auch von den Themen, die sie ihr Leben lang begleiten. Ihre körperliche Eingeschränktheit und ihr Migrationshintergrund; beides spielt mehr in ihrer Außenwahrnehmung als in ihrer eigenen die zentrale Rolle, lässt sich aber nicht ausklammern. Seit früher Kindheit sitzt Jaafar im Rollstuhl, sie ist an Muskelatrophie erkrankt.

Ihren Drang nach Selbstverwirklichung hat das nicht beeinträchtigt: Sie besuchte die Grundschule Düppenweiler, später die Förderschule für Körperbehinderung in Püttlingen, eine Privatschule, nach einem Umzug der Familie eine Integrierte Gesamtschule in Hannover. „Meine Eltern haben sich sehr für mich eingesetzt“, sagt die junge Frau. Nach der Rückkehr ins Saarland, „wir haben uns hier einfach heimisch gefühlt“, besuchte Jaafar das KBBZ Dillingen, machte Fachabitur und ein einjähriges Praktikum im Landesamt für Soziales. Danach begann sie ihr Studium.

Ihr Buch erschien bereits im November 2019. „Eigentlich wollte ich im Frühjahr mit Lesungen beginnen und es bewerben, aber dann kam Corona dazwischen“, sagt sie. Auch ein Termin auf der Frankfurter Buchmesse fiel dem Virus zum Opfer. Nun ist es endlich soweit: Arin Jaafar liest in Saarbrücken aus ihrem Buch.

„Wer du warst, wer du bist. Vom syrischen Frühling bis zum deutschen Sommer“ von Arin Jaafar ist erschienen im Verlag united p.c. und erhältlich im Buchhandel für zirka 20 Euro.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort