Angst um den Job ist ein wichtiger Faktor

Was genau versteht man unter dem Burnout- Syndrom? Kleinschmidt: Das Burnout-Syndrom ist ein Prozess, der über Jahre andauern kann. Die Symptome können sich von Mensch zu Mensch unterscheiden, sind nicht klar definiert

 Carola Kleinschmidt sprach in Dillingen über Burnout und Depression. Foto: Thomas Seeber

Carola Kleinschmidt sprach in Dillingen über Burnout und Depression. Foto: Thomas Seeber

Was genau versteht man unter dem Burnout- Syndrom?Kleinschmidt: Das Burnout-Syndrom ist ein Prozess, der über Jahre andauern kann. Die Symptome können sich von Mensch zu Mensch unterscheiden, sind nicht klar definiert. Festzustellen ist jedoch, dass es viele Überschneidungen zwischen Burnout und Depression gibt, wie Antriebsmangel, Energie- und Motivationsverlust, körperliche Beschwerden oder niedergedrückte und verzweifelte Stimmung bis hin zu Suizidgedanken.Tritt diese Form in Zeiten von zunehmender Jobunsicherheit vermehrt auf?Kleinschmidt: Die Angst um den Job ist ein ganz wichtiger Faktor. In einer Studie begleitete eine Forschungsgruppe 821 Angestellte über 25 Jahre hinweg. Die Forscher konnten direkt verfolgen, wie sich die Nachricht von geplanten Entlassungen unmittelbar negativ auf die Gesundheit der Beschäftigten auswirkt: Die Belegschaft der Firma erfuhr, dass innerhalb eines Jahres ein Teil der Belegschaft entlassen werden sollte. Und obwohl zu diesem Zeitpunkt nicht klar war, welche Arbeiter die Entlassung treffen würde, stiegen bei allen die Blutfettwerte rapide an - ein Zeichen für Stress. Arbeitsplatzunsicherheit wirkt sich also direkt auf körperliche und seelische Prozesse aus.Welche Symptome zeigen sich bei den Betroffenen? Und worin unterscheiden sie sich von einer Depression?Kleinschmidt: Häufig äußert sich ein Burnout in Schlafstörungen, der Betroffene reagiert schnell gereizt, er ist antriebslos und kann nicht abschalten. Burnout ist eine Vorstufe der Depression, wenn man nichts dagegen tut, endet diese Spirale in der Depression. Auffällig bei von Burnout betroffenen, im Gegensatz zu depressiven Menschen ist, dass sie von außen sehr leicht zu aktivieren sind und oft den Gedanken haben "jetzt ändere ich etwas!" Depressive Menschen dagegen sehen keinen Ausweg aus ihrer Misere.Wie kann ich vermeiden, durch zu viel Stress im Job und Privaten depressiv zu werden?Kleinschmidt: Wichtig ist es, sich selbst klar zu machen, was man eigentlich erreichen will. Was ist das Ziel meiner Arbeit? Gehört das, was ich jetzt tue, wirklich zu meinem Aufgabenbereich? Viele Menschen sind einfach unsicher und machen lieber zu viel als zu wenig. Da hilft oft schon ein klärendes Gespräch mit dem Vorgesetzten, um den Aufgabenbereich abzustecken.Wenn das Kind einmal in den Brunnen gefallen ist: Wie kommen Betroffene wieder aus der Depression heraus?Kleinschmidt: Idealerweise sollte man bei den ersten Anzeichen einer Erschöpfung zu einem Arzt gehen. Gespräche sind sehr wichtig, auch innerhalb der Familie oder im Freundeskreis können sie hilfreich sein. Der Arzt kann den Betroffenen Adressen von Beratungsstellen geben oder ihm eine psychosoziale Therapie vermitteln.Gibt es Berufe, in denen Burnout vermehrt auftritt?Kleinschmidt: Lange Zeit galten vor allem Menschen in der Sozialarbeit und Kranken- und Altenpflege als von Burnout besonders gefährdet. Heutzutage ist Burnout jedoch in fast allen Berufen zu finden. Der Mensch muss in immer kürzerer Zeit eine immer größere Flut an Informationen bewältigen. Dies führt oft zur Überforderung und damit zum Burnout.

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