Reisbach feiert trotz Niederlage Granata: "Ich habe in drei Monaten Reisbach mehr erlebt als in 14 Jahren Verbandsliga"

Reisbach. Mittwochnachmittag, 16 Uhr. Die Spieler des SC Reisbach stehen in roten Trainingsanzügen am Eingang des Sportparks Lohwiese in Reisbach. Sie warten auf den Bus, der sie zum größten Spiel der Vereinsgeschichte, dem Saarlandpokal-Endspiel, nach Bous bringen wird. Es ist relativ ruhig, die Anspannung ist spürbar

 Reisbachs Torhüter Stefan Goßrau (links) klärt gegen den Elversberger Denny Herzig. Fotos: rup

Reisbachs Torhüter Stefan Goßrau (links) klärt gegen den Elversberger Denny Herzig. Fotos: rup

Reisbach. Mittwochnachmittag, 16 Uhr. Die Spieler des SC Reisbach stehen in roten Trainingsanzügen am Eingang des Sportparks Lohwiese in Reisbach. Sie warten auf den Bus, der sie zum größten Spiel der Vereinsgeschichte, dem Saarlandpokal-Endspiel, nach Bous bringen wird. Es ist relativ ruhig, die Anspannung ist spürbar. "Eigentlich brauchen wir nicht nervös zu sein, wir haben ja nichts zu verlieren", sagt Verteidiger Manuel Skorupa. Gegen den Regionalligisten SV Elversberg ist Reisbach krasser Außenseiter. Um 16.34 Uhr kommt der Bus in Bous an, zuerst wird der Naturrasen begutachtet. Bisher trat der SCR im Pokal immer auf dem heimischen Kunstrasen an. "Der Platz ist ein Nachteil für uns. Er ist feucht und tief. Das kostet viel Kraft", fürchtet Reisbachs Marc Strauß.Der Kapitän muss zuschauen Um 16.49 Uhr bittet Trainer Dieter Rohe seine Spieler in die Kabine. Dort ist es mächtig eng. Auf einer Metalltafel hat Rohe die Aufstellung der Elversberger aufgemalt. Die Reisbacher Spieler werden durch kleine rote Metallmagnete dargestellt. "Von der Athletik, der Technik und der Schnelligkeit her sind die noch besser als unsere bisherigen Gegner", erklärt Rohe. Zuletzt hatte Reisbach den Oberligisten Mettlach und den damaligen Verbandsliga-Tabellenführer Friedrichsthal aus dem Pokal geworfen. Mit in der Kabine ist auch der am Knie verletzte Kapitän Michael Groß. Er wird zwar mit der Nummer 16 auf der Bank sitzen, an einen Einsatz ist aber nicht zu denken. Um 17.21 Uhr betreten die SCR-Akteure das Feld. Die Fans begrüßen sie mit riesigem Jubel. 35 Minuten später ist es soweit. Vor 4000 Zuschauern führt Kapitän Marc Strauß seine Mannen aufs Feld. Das große Spiel des SCR beginnt. Reisbach wehrt sich zunächst tapfer, der Respekt vor dem großen Gegner ist dem Bezirksligisten aber anzumerken. Dann die 13. Minute: Elfmeter für Elversberg nach einem Foul von Christoph Leidinger. Rohe ist außer sich: "Wie kann ich im Strafraum so hingehen?" Den Elfmeter nagelt Carsten Birk an die Latte. Aufatmen beim SCR. Als zwölf Minuten später doch das 1:0 für Elversberg fällt, wird dies auf der SCR-Bank relativ gelassen hingenommen. Insgeheim wussten die Reisbacher, dass dieser Treffer irgendwann fallen würde. Zur Pause steht es 2:0 für Elversberg. Ein gutes Ergebnis. "Ich hätte mir gewünscht, dass ihr am Anfang nicht so ängstlich seid", sagt Rohe in der Kabine. Insgesamt ist er mit den ersten 45 Minuten aber zufrieden. Auch als es eine Viertelstunde vor Schluss 4:0 für Elversberg steht, können die Reisbacher mit dem Ergebnis noch gut leben. Dass es dann am Ende ein 0:7 wird, schmerzt ein wenig. "Schade, dass es so deutlich wurde", sagte Mittelfeldspieler Thomas Weber auf seiner Ehrenrunde durch das Bouser Stadion. Auf dieser Ehrenrunde werden die Reisbacher von ihrem Anhang so gefeiert, als hätten sie und nicht Elversberg den Pokal gewonnen. Bei der Siegerehrung feiern beide Teams - ein Finale und zwei Sieger also. Auch bei der Heimreise um 22.30 Uhr hat man eher das Gefühl, im Bus des Saarlandpokalsiegers zu sitzen, als in dem eines Teams, das gerade mit 0:7 verloren hat. Die ganze Rückfahrt über singen die Reisbacher. Am Clubheim werden die Spieler von jubelnden Fans empfangen. Während die Akteure der SV Elversberg schon längst in ihren Betten liegen, ist der Tag in Reisbach noch lange nicht zu Ende. "Das Pokalfinale war schon ein Wahnsinns-Erlebnis", fasst Reisbachs Jüngster, Tim Gerstner (18), den großen Tag des SCR zusammen. Reisbach. Beim Saarland-Pokalfinale in Bous wurde der achtklassige Bezirksligist SC Reisbach von nahezu 1500 Fans unterstützt. Rund der halbe 2800-Einwohner-Ort war also beim Finale dabei. Ausgestattet mit Schals, Mützen und T-Shirts, auf denen "Saarland-Pokal-Finalist 2009" zu lesen war. Insgesamt verkaufte der Club 150 T-Shirts, 150 Schals und 100 Mützen. "Das mussten wir alles schnell organisieren, weil zwischen Halbfinale und Endspiel ja nur zwei Wochen lagen", sagt Reisbachs Vorsitzender Martin Philippi. Beeindruckt von der großen Unterstützung waren auch die Mannschaft und Trainer Dieter Rohe. "Bei uns ist eine richtige Euphorie ausgebrochen. Ich ziehe den Hut vor unseren Fans", strahlte Rohe. "Wir haben die Kulisse genossen." Schon im Vorverkauf hatte Reisbach 1000 Karten abgesetzt. "Da wusste ich, dass mehr als 3000 Zuschauer kommen würden", erklärt Rohe. 4000 wurden es am Ende. Reisbachs Tim Gerstner, der - wie auch der Rest der Mannschaft - zum ersten Mal vor so vielen Zuschauern spielte, erzählt: "Vor dem Spiel merkt man, wie viele Leute da sind, während der 90 Minuten dann nicht mehr so, weil man voll aufs Spiel konzentriert ist." Unmittelbar nach dem Pokalfinale können der SC Reisbach und seine Fans schon bald einen weiteren Höhepunkt erleben: Bei acht Punkten Vorsprung an der Tabellenspitze der Bezirksliga West haben die Schwarz-Weißen beste Chancen, die Meisterschaft in den kommenden Wochen unter Dach und Fach zu bringen. "Erst komme ich ins Pokalfinale, dann kann ich noch Meister werden. Ich habe in drei Monaten in Reisbach mehr erlebt als in 14 Jahren, in denen ich in der Verbandsliga gespielt habe", sagte SCR-Routinier Nico Granata (38). An diesem Samstag empfängt Reisbach um 17 Uhr den Tabellenzwölften Morscholz - und könnte am Sonntag Meister werden. Dann nämlich, wenn Verfolger Hostenbach nicht gegen den Tabellendritten Reimsbach gewinnt. sem

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