Oft wenig Nachschub Apotheken – Im täglichen Kampf gegen Medikamentenengpässe

Saarlouis · Schon vor der Corona-Pandemie war manche Arznei in den Saarlouiser Apotheken knapp. Schuld an der Misere ist aber nicht die Corona-Krise.

 Ulrike Thiele, Inhaberin der Glocken-Apotheke in Saarlouis, trägt während der Corona-Krise einen Mundschutz beim Bedienen von Kunden. Schon vor der Pandemie haben Apotheken in Saarlouis Medikamente gefehlt. Thiele kämpft kreativ gegen die Knappheit an.

Ulrike Thiele, Inhaberin der Glocken-Apotheke in Saarlouis, trägt während der Corona-Krise einen Mundschutz beim Bedienen von Kunden. Schon vor der Pandemie haben Apotheken in Saarlouis Medikamente gefehlt. Thiele kämpft kreativ gegen die Knappheit an.

Foto: Markus Renz

Die Regalbretter sind voll gestellt mit Arzneimitteln. Schächtelchen, Döschen und Päckchen verschiedenster Farbe und Größe schmücken die Auslage. Auf dem Cover der Apothekenumschau lächelt ein Herrengesicht. Die Ladenwelt der Saarlouiser Glocken-Apotheke, sie scheint zu sein wie zuvor.

Doch schon vor der Corona-Krise hatten viele Apotheken zu kämpfen. Gegen Lieferengpässe. Es fehlte und fehlt auch jetzt an Medikamenten. Die Pandemie hat die Situation in der Glocken-Apotheke in Saarlouis nochmals verschärft. „Blutdruckmittel, Schilddrüsenpräparate, Impfstoffe gegen Lungenentzündungen“, zählt Inhaberin Ulrike Thiele auf, „werden stark nachgefragt. Desinfektionsmittel und Mundschutz sind momentan nicht lieferbar.“

Not macht erfinderisch. Ein Sprichwort, das auch in der Apotheke von Thiele derzeit gilt. „Als Desinfektionsmittelersatz kann zum Beispiel der hochprozentige Klosterfrau Melissengeist verwendet werden“, meint Thiele. „Bei Medikamenten konnten wir bisher für alle Patienten, auch in Rücksprache mit Ärzten, immer eine Lösung finden“, sagt die Apothekerin. Thiele und ihre Mitarbeiter tragen Mundschutz. Bald soll eine Plexiglasvorrichtung alle zusätzlich schützen. „Es ist wichtig, wegen Corona Abstand zueinander zu halten. Da merkt man, wie wichtig Nähe normalerweise ist“, sagt Thiele.

In der Marien Apotheke, ebenfalls in der Kreisstadt, ist vor dem langgezogenen Verkaufstresen Absperrband gezogen. Auch hier wird das Gebot der Krise befolgt: Abstand halten. „Bitte Hände desinfizieren“, sagt eine Mitarbeiterin dem Kunden beim Betreten der Apotheke. Desinfektionsmittel gibt es noch. „Wir können einfache Präparate und auch Desinfektionsmittel in unserem Apotheken-Labor herstellen“, erklärt Inhaber Matthias Trennheuser. „Medikamentenengpässe spüren wir hier auch. Aber wir können sie überwinden“, meint Trennheuser.

Der Apotheker nennt die momentane Situation der Medikamentenherstellung eine „europäische Dummheit“: Damit Medikamente möglichst günstig auf den Markt kämen, würden Ausgangsstoffe oftmals in China produziert. Die Weiterverarbeitung fände dann etwa in Indien statt. „Brechen die Lieferketten zusammen, gibt es ein Problem“, erklärt Trennheuser. „China hat das Zepter in der Hand. Im Notfall gilt ‚China first’, China würde sich selbst und nicht uns mit Medikamenten versorgen“, meint der Apotheker besorgt.

Sorgen, die auch die Inhaberin der Ludwigs-Apotheke Saarlouis, Pia Treib-Recktenwald, teilt. „Medikamente müssten wieder in Europa hergestellt werden“, fordert Treib-Recktenwald deshalb. Schnell umsetzbar sei das aber nicht. „Selbst wenn das vereinbart wäre, würde es mindestens vier bis fünf Jahre dauern, bis die Hersteller so liefern könnten“, meint die Apothekerin. Auch die Ludwigs-Apotheke kämpft mit Medikamentenknappheit. „Ich rate Kunden, nicht erst zu uns zu kommen, wenn die letzte Tablette aufgebraucht ist. Sondern mit mindestens zwei Wochen Vorlauf“, sagt Treib-Recktenwald.

Auch in der Saarlouiser Saar-Apotheke fehlen nach wie vor Medikamente. „Wir haben seit mindestens einem Jahr bis eineinhalb Jahren wechselnd starke Probleme mit dem Nachschub an Medikamenten“, sagt Filialleiterin Astrid Werner. Die Corona-Krise habe die Situation bislang nicht wesentlich beeinträchtigt: „Es war vorher schon schlimm“, meint Werner. „Der Preisdruck auf dem Medikamentenmarkt ist enorm. Deshalb werden Präparate zumeist im Ausland hergestellt“, erklärt Werner.

 Viele Präparate sind in Thieles Apotheke vorhanden. Trotzdem kommt es immer wieder zu Knappheiten.

Viele Präparate sind in Thieles Apotheke vorhanden. Trotzdem kommt es immer wieder zu Knappheiten.

Foto: Markus Renz

Sie fordert die Abhängigkeit von außereuropäischen Produktionsstätten zu senken. „Ich erinnere mich an eine Anruferin, die meinte, dass unsere die 40. Apotheke sei, die sie auf der Suche nach einem Medikament anruft. Leider hatten auch wir es nicht da“, sagt Werner und verdeutlicht: „Ausweichmöglichkeiten bei den Wirkstoffen auf andere Präparate waren bei der Suche schon einbezogen.“

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