Zum Tode des Klarinettisten Eduard Brunner

Saarbrücken/München · Was müssen das für Zeiten gewesen sein! Als Uraufführungen noch Skandale zeitigten. Und bessere Damen "Nervenzusammenbrüche" erlitten. Weil Mozarts Klarinettenkonzert von Neutöner Helmut Lachenmann in seinem Opus "Acccanto" quasi zum Hintergrund degradiert wurde. Und es im heiligen Konzert plötzlich auch dem Geräusch galt, inklusive eines "Oh-Gott- Oh-Gott-Oh-Gott"-Ausrufs. Als hätte Lachenmann das Schwächeln der empörten Weiblichkeit bereits einkalkuliert. Mitte der 70er war's in Saarbrücken, eben jene première scandaleuse mit dem SR-Orchester. Mit Hans Zender am Pult und dem Klarinettisten Eduard Brunner, der jetzt im Alter von 77 Jahren in München gestorben ist.

 Klarinettist Eduard Brunner im Jahr 2001. Damals war er auch künstlerischer Leiter des SR-Festivals für zeitgenössische Musik. Foto: das bilderwerk

Klarinettist Eduard Brunner im Jahr 2001. Damals war er auch künstlerischer Leiter des SR-Festivals für zeitgenössische Musik. Foto: das bilderwerk

Foto: das bilderwerk

Brunner vermochte wunderbar von solch' amüsanten wie auch kostbaren Musikmomenten zu berichten. Schier unerschöpflich war sein Fundus, weil Komponisten wie etwa Lachenmann eigens für ihn komponierten - und dabei gar nicht en passant - noch die Spielmöglichkeiten der Klarinette erheblich ausdehnten. Ja, Brunner war nicht allein ein exzellenter Musiker und Pädagoge - von 1992 bis 2007 lehrte er auch an der Saarbrücker Musikhochschule. Brunner war auch ein wichtiger Anreger: Komponisten wie Cristobal Halffter nahmen dank seiner Initiative die Klarinette in den Fokus. Und Brunner war ihr Garant für die kongeniale Aufführung jener zeitgenössischen Werke. Doch wie schön, wie nobel und gar nicht überzuckert klang bei ihm auch Mozarts Klarinettenkonzert. Das Alte wie das Neue waren bei ihm in virtuosen Händen.

In Basel geboren studierte Eduard Brunner zunächst auch in seiner Heimatstadt. Machte mit nur 18 Jahren sein Diplom. Und war bald darauf schon ein hoch gefragter Kammermusiker und Solist. Nach einer kurzen Etappe bei den Bremer Philharmonikern ging er 1963 zum Symphonieorchester des Bayrischen Rundfunks mit seinem damaligen Chef Rafael Kubelik. Drei Jahrzehnte war Brunner in München Soloklarinettist.

Aber mit großer Passion trat er auch als Kammermusiker auf. Eine in die Hunderte gehende Sammlung von Aufnahmen entstand. Und noch 2012 krönte ein "Echo"-Klassik sein Album "Musik für Solo-Klarinette" (Naxos) mit Werken von Lourié bis Widmann. Als roter Faden blieb dabei stets sein unermüdliches Eintreten für die Komponisten unserer Tage. Das prägte auch sein Wirken an der hiesigen Musikhochschule. Nur folgerichtig, dass Eduard Brunner 2001 auch eine Ausgabe des SR-Festivals für zeitgenössische Musik verantwortete. So bannend war das damals wie seine Einspielungen es bleiben werden.

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