Zeit für Experimente und die Emanzipation des Geräuschs

Saarbrücken. Mit Mainstream hat Hans Husel nichts am Hut. Und stromlinienförmige Antworten auf Journalistenfragen sind von dem 1942 in Speyer geborenen studierten Grafiker, Künstler und hintersinnigen Wortverdreher auch nicht zu erwarten

Saarbrücken. Mit Mainstream hat Hans Husel nichts am Hut. Und stromlinienförmige Antworten auf Journalistenfragen sind von dem 1942 in Speyer geborenen studierten Grafiker, Künstler und hintersinnigen Wortverdreher auch nicht zu erwarten. Die von ihm organisierte Reihe Improvisierte Musik in der Stadtgalerie machte Saabrücken in den 80er und 90er Jahren zu einem Teil der weiten Welt der Free Jazzer und Improvisationsmusiker. Husel: "Mein Ziel war es, mit dem bisschen Geld von der Stadt lexikal abgesicherte Leute nach Saarbrücken zu bringen." Soll heißen: Er engagierte international bekannte Musiker der Improvisationsszene, deren Namen schon Einzug in Lexika gefunden hatten. Das bewerkstelligte Husel, indem er sich an Touren anhängte und Freundschaften mit den Musikergrößen der Szene pflegte. Anfang 1998 war in der Stadtgalerie Schluss. Seit 2003 verfolgt Husel den gleichen Ansatz mit der Künstlerhausmusik und vier bis fünf Konzerten im Jahr weiter. Auf die Frage, ob er jetzt Bilanz ziehen könne, kommt spontan ein "Nein". Nur so viel lässt er sich entlocken: "Die Reihe wird sehr gut angenommen. Die Konzerte sind immer gut bis sehr gut besucht." Und auf einen Lieblingsgast unter seinen Musikern lässt der Szene-Experte sich zunächst auch nicht festlegen. Er mag "alle, die da waren". Darunter Bekannte und Unbekannte, die aber alle auf internationalem Niveau agieren. Dann fällt doch noch ein Name: Peter Brötzmann: Der habe in den 60er Jahren den Free Jazz in Deutschland "angestoßen". Wirklich einer der ganz Großen aus dem Jazz-Lexikon, der schon mit Mauricio Kagel gespielt und dem Bass-Saxofon zu neuer Beachtung verholfen hat. Husel ist in der Szene inzwischen so bekannt, dass sich die Musiker vor ihren Touren selbst bei ihm melden. So zum Beispiel der junge deutsche Trompeter Nils Ostendorf, der gerade mit dem berühmten französischen Sopransaxofonisten Michel Doneda auf Konzertreise ist. Minimalistische "Sound Art", die eher auf Geräusche und Töne setzt als auf Melodien, erwartet Husel bei ihrem Konzert am Dienstag, 7. April, 20 Uhr, im Saarländischen Künstlerhaus in der Karlstraße 1. Weitere Termine für die Künstlerhausmusik im Mai stehen auch schon fest (siehe Infokasten nebenan). Und für Herbst ist Husel schon an einem großen Ding dran. Im November will er den weltbekannten Bassisten Barry Guy ins Künstlerhaus einladen, mit Mats Gustafsson (Tenor-, Baritonsaxofon, Fluteophone) und Raymond Strid (Percussion). Bei seiner Planung muss Husel immer im Auge haben, dass der Raum im Künstlerhaus nicht für Installationen gebraucht wird. Schließlich spielt auch eine Rolle, wer gerade auf Tour ist, da der Etat der Künstlerhausmusik es nicht zulässt, hohe Flug- oder Reisekosten zu finanzieren. Auf die Frage, wie lange er "seine" Künstlerhausmusik noch organisieren will, gibt es von Husel keine Auskunft, die in Zahlen zu fassen ist. "Ich denke immer von Konzert zu Konzert", sagt er. Schließlich hänge alles auch davon ab, wie die Zuschüsse des Kultusministeriums weiterfließen. Seit einem Jahr hat Husel mehr Organisationsarbeit zu bewältigen, da ein Freund, der bisher mithalf, ausgestiegen ist. Aber solange dieses Engagement für Musik außerhalb des Mainstream von einem treuen Besucherstamm im Künstlerhaus gewürdigt wird, bleibt wohl genug Motivation zum Weitermachen.

Auf einen BlickEine Beschreibung der Imrovisierten Musik gibt ein kurzer Text aus dem Programm der Künstlerhausmusik: "Die Improvisierte Musik - angesiedelt zwischen Free Jazz, zeitgenössischem Jazz, Neuer Musik und Soundart - ist eine der interessantesten musikalischen Ausdrucksformen. Aus der Tradition kommend, steht sie für Neuorientierung musikästhetischer Kategorien, für das Experiment und vor allem auch für die Emanzipation des Geräuschs. Alles ist möglich, wenn es nur Sinn macht. Oft ist sie - wegen ihrer Unmittelbarkeit, ihrer ,Performance' - in direkter Nähe zur Darstellenden, Bildenden Kunst zu finden. Hierzulande stark vernachlässigt, ist sie, wie alles Neue, (noch) nicht massenkompatibel, jedoch hochgradig innovativ." Künstlerhausmusik machten seit 2003 unter anderem: Michel Doneda, Le Quan Ninh, Peter Brötzmann, Hamid Drake, Johannes & Conny Bauer, Xu Feng Xia, Miya Masaoka, Peggy Lee, Larry Ochs, Lol Coxhill, John Butcher, Joe McPhee, Evan Parker, Barry Guy, Ken Vandermark, Rova Saxofon Quartet. Das Programm im Mai: Dienstag, 5. Mai, 20 Uhr: Papajo. Paul Lovens (Schlagzeug, Percussion), Paul Hubweber (Posaune) John Edwards (Kontrabass). Freitag. 22. Mai, 20 Uhr: Matthias Müller (Posaune), Christian Marien (Schlagzeug, Percussion). uc

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