Wo Ehrenamtler der Schuh drückt

Saarbrücken · Wer sich ehrenamtlich engagiert, tut dies zunehmend aus persönlicher Betroffenheit – etwa in Bürgerinitiativen. Das förderte eine Studie im Auftrag der CDU zutage. Ein Problem ist die Freistellung durch Arbeitgeber.

Arbeitgeber, die ihren Mitarbeitern nicht genügend Freiraum fürs Ehrenamt lassen, und Kommunalpolitiker, die sich nur selten blicken lassen: Das sind zwei Punkte, die ehrenamtlichen Helfern im Saarland ein Dorn im Auge sind. Das ergab eine Studie der Hamburger Gesellschaft für Markt- und Sozialforschung (GMS) im Auftrag der CDU-Landtagsfraktion, die GMS-Chef Helmut Jung nun bei einem Konvent der Fraktion in Saarbrücken vorstellte. Für die qualitative Studie hatten GMS-Mitarbeiter Saarländer interviewt, die sich ehrenamtlich engagieren oder zumindest bereit wären, dies zu tun. "Wie ein roter Faden" habe sich zudem die Klage über bürokratische Hindernisse durch die Antworten gezogen, sagte Jung. Zwar bescheinigten die Freiwilligen der Kommunalpolitik einen "guten Willen". Aber: Wer "permanent gegen die Wand der Behörden" laufe, resigniere irgendwann. CDU-Generalsekretär Roland Theis sprach sich vor diesem Hintergrund dafür aus, dass die Politik bei jeder neuen Regelung einen "Ehrenamts-Check" machen solle.

Zwar gibt es im Saarland mit geschätzten 400 000 Freiwilligen eine bemerkenswert breite Ehrenamtskultur. Doch auch hierzulande haben immer mehr Vereine Probleme, etwa Vorstandsposten zu besetzen.

GMS-Chef Helmut Jung ist seit Jahrzehnten im Meinungsforschungs-Geschäft, er beriet bereits den früheren Ministerpräsidenten Werner Zeyer (CDU, 1979-1985). Seine Ehrenamtsstudie ist Teil des Projekts "Starke Bürgergesellschaft für das Land" der CDU-Landtagsfraktion. Die Fraktion hatte sich bereits in Anhörungen mit den Anliegen von Verbänden und Bürgern auseinandergesetzt und die Ergebnisse mit dem Politologen Michael Borchard von der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) ausgewertet.

Ein Problem in den Augen der Freiwilligen ist vor allem die Freistellung durch die Arbeitgeber. Meinungsforscher Jung stellte bei den Interviews fest, dass Ehrenamtler sich mehr Flexibilität bei der Arbeitszeit wünschen. "Hier, so meinen unsere Befragten, könnte die Wirtschaft deutlich mehr tun", so Jung. Die Interviewpartner hätten von "großen Schwierigkeiten" berichtet, was etwa Freistellungen betrifft. KAS-Experte Borchard bezifferte die Kosten der Freistellungen für die deutsche Wirtschaft auf 22 Millionen Euro pro Jahr. "Das ist lächerlich im Vergleich zu dem, was Unternehmen von diesem Engagement haben." Als Beispiel nannte er einen THW-Helfer, dem seine technischen Kenntnisse auch im Betrieb nützten.

In der Studie für die CDU-Fraktion habe sich bestätigt, so Jung, dass die persönliche Betroffenheit als Motiv für ehrenamtliches Engagement aufgrund eines Wertewandels in der Gesellschaft heutzutage eine viel größere Rolle spiele als früher. "Es darf den Leuten auch persönlich etwas nutzen, das ist nicht falsch", sagte Borchard dazu. Er machte allerdings eine Kluft zwischen Bürgerinitiativen und Politik aus.

CDU-Landeschefin Annegret Kramp-Karrenbauer bestätigte dies und räumte ein, dass das "Partei- und Politik-Establishment" gerade in den Kommunen zuweilen ein Problem mit bürgerschaftlichem Engagement habe. "Die empfinden Engagement von Bürgerinnen und Bürgern manchmal als eine unangemessene Einmischung in die ureigensten Angelegenheiten eines Rates." Auf der anderen Seite gebe es aber auch Engagierte, die nicht akzeptieren wollten, wenn die Politik bei der Abwägung mit den Interessen der Allgemeinheit gegen die Einzelinteressen entscheide.

Kramp-Karrenbauer riet der Politik dazu, bereit zu sein, ihre eigenen Pläne auch mal zu korrigieren, wenn Einwände der Bürger überzeugend seien. "Der Politik tut es insgesamt sehr gut, wenn sie den Mut hat zu sagen: Das war eine tolle Idee von mir, aber irgendwie gibt es noch tollere Ideen."

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