"Wir sind keine anonyme Bank"Gegenbewegung zur IndustrialisierungTiefe Wurzeln in der Saarpfalz-Region

Soziale Gerechtigkeit, Solidarität und Not lindern sind die Grundprinzipien des genossenschaftlichen Bankenwesens

 Landwirte einst und heute bilden mit eines der Fundamente des genossenschaftlichen Bankenwesens. Fotos: SZ/privat

Landwirte einst und heute bilden mit eines der Fundamente des genossenschaftlichen Bankenwesens. Fotos: SZ/privat

Soziale Gerechtigkeit, Solidarität und Not lindern sind die Grundprinzipien des genossenschaftlichen Bankenwesens. Diese Merkmale sind aktueller denn je, teilen Sie diese Auffassung?Palm: Als weitere Grundprinzipien sind in diesem Zusammenhang auch die Selbsthilfe, die Selbstverantwortung und die Selbstverwaltung der Genossenschaften zu nennen, die sich letztendlich aus den vorgenannten Prinzipien ergeben. Diese Prinzipien haben sich auch im Laufe der Jahre nicht geändert. Damit verbunden ist auch der Gedanke der Kunden- und Mitgliedernähe zu sehen. Diese Nähe spiegelt sich nicht nur in einem flächendeckenden Filialnetz der Genossenschaftsbanken wider. Nähe resultiert vor allem aus der Betreuungsleistung für unsere Mitglieder und Kunden. Das unternehmerische Ziel der Genossenschaft ergibt sich aus dem gesetzlich festgelegten Förderauftrag für die Mitglieder der Genossenschaft. Selbstverständlich sind diese Prinzipien auch bzw. gerade heute sehr aktuell. Auf soziale Stärke setzenDie Herausforderung für die Genossenschaftsbanken in der heutigen Zeit besteht darin, in dem sich rasch weiter entwickelnden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umfeld diese Prinzipien mit einem für den Bestand der Genossenschaften erforderlichen wirtschaftlichen Erfolg der Unternehmen kombinieren zu können. Dies ist auch für die Beantwortung dieser Frage ein zentrales Kriterium. Die Genossenschaftsbanken wie auch die Sparkassen stehen heute mehr als je zuvor im Wettbewerb mit einer Vielzahl von Mitbewerbern, die eben nicht die kostenintensiven Filialstrukturen für ihre Kunden vorhalten.Auch das Kundenverhalten hat sich in den vergangenen Jahren erheblich gewandelt. Durch Lockangebote etwa von Direktbanken und von staatsgestützten Geschäftsbanken sind die Kunden verständlicherweise dazu verleitet worden, diese anzunehmen und damit einen Teil der Kundenbeziehung zu ihrer Genossenschaftsbank aufzugeben. Des Weiteren ist zu erkennen, dass die Kunden vor dem Hintergrund sich wandelnder Anforderungen in der Arbeitswelt und eines veränderten Freizeitverhaltens Angebote zu einer flexiblen Erledigung ihrer Bankangelegenheiten erwarten. Aber genau an diesem Punkt können wir auch unser Alleinstellungsmerkmal in die Waagschale werfen: Wir sind vor Ort, unsere Kunden und Mitglieder haben persönlich bekannte Ansprechpartner, wir kümmern uns um unsere Kunden und Mitglieder. Unsere Mitarbeiter sind die Ansprechpartner für die finanziellen Angelegenheiten unserer Kunden, und nicht irgendein anonymes Call-Center oder eine E-Mail-Adresse. Ich denke, weiterhin soll auch auf die soziale Verantwortung der Genossenschaftsbanken für die Region hingewiesen werden. Die saarländischen Genossenschaftsbanken beschäftigen rund 2200 Mitarbeiter und geben 155 jungen Menschen einen Ausbildungsplatz. Außerdem fördern die Genossenschaftsbanken viele Kultur- und Sportprojekte.Ihre Bank hat die Finanzkrise offenbar gut weggesteckt, was waren die Gründe dafür?Palm: Die Beantwortung dieser Frage steht letztendlich in engem Zusammenhang mit der Beantwortung der vorangegangenen Frage. Die vorgenannten Mitbewerber, die eben nicht auf unseren Prinzipien und unseren Strukturen aufbauen und die die Kunden mit teilweise absolut nicht marktgerechten Konditionen geködert haben, mussten ja an irgendeiner Stelle ihre Gewinne erzielen. Am Finanzmarkt werden dann hohe Erträge oder Renditen bei Wertpapieren und Zertifikaten erzielt, wenn ein entsprechendes Risiko in diesen Anleihen besteht. Will sagen: je höher das Risiko, desto höher der Ertrag. Ich erinnere Sie in diesem Zusammenhang nur an das Platzen der Spekulationsblase an der Börse in 1999 bzw. 2000. Dies hängt natürlich auch zusammen mit den entsprechenden Unternehmens- und Vergütungsstrukturen. Hier steht oft der kurzfristige Erfolg des Unternehmens im Fokus. Die Genossenschaftsbanken sind hier ihrer ursprünglichen Struktur treu geblieben. Angestrebt wird eine Nachhaltigkeit des Erfolgs. Bei uns steht ganz klar das originäre Geschäft mit dem Firmen- und Privatkunden in unserer Region im Fokus. Das heißt vereinfacht, wir leihen das bei unserer Bank von Kunden zu marktgerechten Konditionen angelegte Geld zu wiederum marktgerechten Konditionen an unsere Privat- und Firmenkunden aus, und das unter Berücksichtigung des "Regionalprinzips", also in unseren jeweiligen Geschäftsgebieten. Das bedeutet: Wir wissen, wem wir das Geld unserer Einlagenkunden weiterreichen.Vertrauen und verantwortenInsofern waren die Genossenschaftsbanken natürlich von den Verwerfungen an den Finanz- und Kapitalmärkten nur indirekt betroffen. Dies bestätigt uns natürlich in der Überzeugung, dass das genossenschaftliche Prinzip das nachhaltigere ist. Sie haben es in Ihrer Frage bereits angedeutet, wir sind gut durch die Krise gekommen. Dies ist auf unser Geschäftsmodell zurückzuführen.Um die Risiken der Geschäftstätigkeiten bei Genossenschaftsbanken für unsere Kunden und Mitglieder abzusichern, besteht bereits seit Jahrzehnten eine genossenschaftliche Sicherungseinrichtung, in die alle Genossenschaftsbanken einzahlen und die unsere Kunden zu 100 % absichern.Was muss der Banken- und Sparkassensektor tun, um wieder glaubwürdiger zu werden?Palm: Ich denke, die Beantwortung dieser Frage knüpft letztendlich an das vorher Gesagte an. Das Kundenverhalten in der Krise hat gezeigt, dass die Genossenschaftsbanken und die Sparkassen durchaus als glaubwürdig angesehen werden. Bankgeschäft ist keine Spielbank, dessen sollte man sich bewusst sein. Die genossenschaftliche Bankengruppe wird weiter daran arbeiten, durch die persönliche Kundenberatung und Betreuung unsere Mitglieder und Kunden die Vorteile dieser Unternehmensphilosophie nachhaltig zu platzieren. Die Vorteile liegen auf der Hand, und damit schließt sich auch wieder der Kreis zu der anfänglichen Frage. Die genossenschaftliche Bankengruppe definiert sich dadurch, dass sie die von Mitgliedern und Kunden anvertrauten Gelder sicher und verantwortlich verwaltet.Wo liegen die Zukunftschancen Ihres Unternehmens?Palm: Ich sehe die Chancen unseres Unternehmens im Speziellen und der genossenschaftlichen Bankengruppe im Allgemeinen als Konsequenz der vorher erläuterten Punkte. Gerade die Entwicklung des abgelaufenen Geschäftsjahres hat gezeigt, dass die Kunden diese Geschäftsstrategie immer mehr zu schätzen wissen. Und hier sehen wir auch die Zukunftschancen. Wir werden weiter daran arbeiten, unseren Mitgliedern und Kunden in der Region der optimale Partner zu sein.Einöd/Ormesheim. Die VR Bank Saarpfalz eG hat ihren Ursprung in dem am 10. Februar 1895 gegründeten Ormesheimer Darlehenskassenverein und der am 8. Februar 1896 gegründeten Spar- und Darlehenskasse Einöd. Nach mehreren Fusionen und Zusammenschlüssen wurde aus dem Ormesheimer Darlehenskassenverein im Jahre 1989 die Volksbank Blies- und Mandelbachtal eG und aus der Spar- und Darlehenskasse Einöd im Jahre 1974 die Raiffeisenbank Homburg eG. Die heutige VR Bank Saarpfalz eG entstand in 2001 aus der Zusammenlegung der Volksbank Blies- und Mandelbachtal eG und der Raiffeisenbank Homburg. Mit mehr als 8650 Mitgliedern und über 100 Mitarbeitern ist sie im Saarpfalz-Kreis als Genossenschaftsbank vertreten. jknHomburg/St. Ingbert. Die Genossenschaftsbewegung ist untrennbar mit der "Sozialen Frage" verbunden. Diese beschreibt den gesellschaftlichen Zustand um 1830, der durch die durch die Industrialisierung hervorgerufene Verelendung in Stadt und Land gekennzeichnet ist. Die Arbeitsbedingungen damals: 12-Stunden-Tag, Kinder- und Frauenarbeit. Kennzeichen der Ausbeutung durch das Kapital: Unterernährung, Siechtum, Untergang von Betrieben, Bauernhöfen, Handwerk und Wohnungsnot. Im deutschsprachigen Raum gründeten zwei Männer unabhängig voneinander die ersten Genossenschaften. 1847 rief Friedrich Wilhelm Raiffeisen in Weyerbusch (Nordrhein-Westfalen) den ersten Hilfsverein zur Unterstützung der Not leidenden ländlichen Bevölkerung ins Leben. Er gründete 1862 den "Heddesdorfer Darlehnskassenverein", der heute als erste Genossenschaft im Raiffeisen'schen Sinne gilt. Zur selben Zeit rief Hermann Schulze-Delitzsch in Delitzsch (Sachsen) eine Hilfsaktion für Not leidende Handwerker ins Leben. Er gründete 1847 die "Rohstoffassoziation" für Tischler und Schuhmacher und 1850 den "Vorschussverein", Vorläufer der Volksbanken. jknEinöd/Ormesheim. Die VR Bank Saarpfalz eG hat ihren Ursprung in dem am 10. Februar 1895 gegründeten Ormesheimer Darlehenskassenverein und der am 8. Februar 1896 gegründeten Spar- und Darlehenskasse Einöd. Sie ist aus historischer Sicht Teil der landwirtschaftlichen Lokalgeschichte und der regionalen Arbeiter- und Industriekultur. Nach mehreren Fusionen und Zusammenschlüssen wurde aus dem Ormesheimer Darlehenskassenverein im Jahre 1989 die Volksbank Blies- und Mandelbachtal eG und aus der Spar- und Darlehenskasse Einöd im Jahre 1974 die Raiffeisenbank Homburg eG. Die heutige VR Bank Saarpfalz eG entstand in 2001 aus der Zusammenlegung der Volksbank Blies- und Mandelbachtal eG und der Raiffeisenbank Homburg. Mit mehr als 8650 Mitgliedern und über 100 Mitarbeitern ist sie im Saarpfalz-Kreis als Genossenschaftsbank vertreten. jkn "Wir kümmern uns vor Ort um unsere Kunden."VR-Bank-Vorstand Christoph Palm

 Das Fördern von Kultur und Sport gehört seit jeher mit zu den Grundprinzipien des genossenschaftlichen Bankenwesens.

Das Fördern von Kultur und Sport gehört seit jeher mit zu den Grundprinzipien des genossenschaftlichen Bankenwesens.

 Seit jeher gehörten und gehören Arbeiter aus allen Bereichen der industriellen Welt zu Kunden der Raiffeisen- und Volksbanken.

Seit jeher gehörten und gehören Arbeiter aus allen Bereichen der industriellen Welt zu Kunden der Raiffeisen- und Volksbanken.

 Das Fördern von Kultur und Sport gehört seit jeher mit zu den Grundprinzipien des genossenschaftlichen Bankenwesens.

Das Fördern von Kultur und Sport gehört seit jeher mit zu den Grundprinzipien des genossenschaftlichen Bankenwesens.

Auf einen BlickChristoph Palm wurde am 12. Februar 1970 in Neunkirchen geboren, aufgewachsen ist er in Kirkel-Limbach. Abitur machte er 1989 in Homburg, ab 1990 Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Raiffeisenbank Homburg eG, darunter in der Filiale in Einöd. Zwischen 2001 und 2007 war er beim Genossenschaftsverband tätig, seit Ende 2007 wieder bei der VR Bank Saarpfalz eG. Ab Juni 2009 Vorstand der VR Bank Saarpfalz eG. Der passionierte Tennisspieler wohnt in Einöd. jkn

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