"Wir brauchen starke Verbündete"

Herr Roth, hat sich der DGB Saar mit der Schuldenbremse nun abgefunden oder ist Ihr Ziel nach wie vor die Abschaffung?Roth: Der DGB hält nach wie vor nichts von der Schuldenbremse, weil Schuldenabbau nicht nur durch Kürzungen und Streichungen erfolgen kann

Herr Roth, hat sich der DGB Saar mit der Schuldenbremse nun abgefunden oder ist Ihr Ziel nach wie vor die Abschaffung?Roth: Der DGB hält nach wie vor nichts von der Schuldenbremse, weil Schuldenabbau nicht nur durch Kürzungen und Streichungen erfolgen kann. Aber die Schuldenbremse steht im Grundgesetz und wirkt bereits - bis hin zur Einsetzung des Stabilitätsrates, der den Haushalt des Saarlandes genehmigt. Wir sind überzeugt, dass die Schuldenbremse ein neoliberales Umverteilungsinstrument ist. Aber wenn man nicht das Grundgesetz brechen will, kommt man nicht drum herum. Wer einen anderen Eindruck vermittelt, schürt eine Illusion.

Verdi geht da deutlich offensiver heran und fordert die Abschaffung der Schuldenbremse.

Roth: Verdi geht allein schon deshalb offensiver heran, weil Verdi im DGB für die öffentliche Daseinsvorsorge zuständig ist. In der Analyse sind wir uns aber völlig einig: Wir können die Haushaltskonsolidierung nicht ignorieren, sondern müssen versuchen, sie zu beeinflussen. Wir wissen aber auch, dass alle Kürzungen nur begrenzt helfen, weil sie spätestens 2016 solche Ausmaße annehmen würden, dass man das nicht mehr durchhalten kann. Wir brauchen deshalb eine völlig neue Steuerkonzeption zur Erhöhung der Einnahmen.

Tut die Landesregierung auf Bundesebene genug dafür?

Roth: Ich wünsche mir auf jeden Fall, dass der Schwerpunkt drauf gelegt wird. Diese Verhandlungen auf Bundesebene werden schwieriger sein, als Streichungen und Kürzungen im Saarland zu beschließen. Da geht es um Diplomatie. Wir brauchen starke Verbündete; ich denke da an Nordrhein-Westfalen, aber auch an Bayern. Die anderen Bundesländer betreiben schließlich auch Haushaltskonsolidierung in merklichem Umfang.

Die Einschnitte durch die Schuldenbremse werden von Jahr zu Jahr größer. Ist das bei den Betroffenen schon angekommen?

Roth: Es ist bei den Beschäftigten im öffentlichen Sektor und in der Bevölkerung überhaupt noch nicht angekommen. Hier sehe ich die Landesregierung, aber auch die kommunalen Verwaltungschefs, in einer Bringschuld, das ihren Beschäftigten und den Bürgern eindeutig zu erklären. Das macht man nicht so gerne, weil es keine guten Botschaften sind. Aber noch schlimmer wäre es, den Menschen die wirkliche Lage vorzuenthalten.

Vor der ersten Verhandlungsrunde mit der Landesregierung über den Stellenabbau im öffentlichen Dienst gab es aus den Gewerkschaften markige Worte. Das klang so, als könnten die Gespräche scheitern.

Roth: Möglich ist das, aber man kann Prozesse nur dann beeinflussen, wenn man mit am Tisch sitzt. Eine Beteiligung macht aus Sicht der Beschäftigten mehr Sinn als eine Politik des leeren Stuhls. Gerade, wenn es schwierig ist. Vor dem Prozess können wir nicht weglaufen. Letzten Endes müssen die Gewerkschaften das mit ihren Mitgliedern besprechen und abstimmen.

Sie gehören der engeren SPD-Landesspitze an. Wie kommen Sie mit dem Interessenkonflikt Koalition - Gewerkschaft klar?

Roth: Eigentlich ganz gut. Die Situation ist schwierig, aber ich habe den gewerkschaftlichen Kompass dabei und habe dafür auch Rückhalt in meiner Partei. Meine Einflussmöglichkeiten sind durch die Doppelrolle natürlich größer.

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