WLan im Klassenzimmer? Wie schädlich ist WLan-Strahlung?

Saarbrücken · Der Bund für Umwelt und Naturschutz warnt Schulen vor WLan-Netzen. Auch das Bundesamt für Strahlenschutz rät, sofern möglich auf Kabel zu setzen. Denn Langzeitstudien fehlen.

 Schüler mit Tablet-PCs im Unterricht soll es künftig öfters geben. Doch da es noch keine Langzeitstudien zur Strahlenbelastung mit WLan gibt, raten Experten zu einer Internetverbindung mit einem Kabel.

Schüler mit Tablet-PCs im Unterricht soll es künftig öfters geben. Doch da es noch keine Langzeitstudien zur Strahlenbelastung mit WLan gibt, raten Experten zu einer Internetverbindung mit einem Kabel.

Foto: picture alliance / Rolf Vennenbe/Rolf Vennenbernd

Statt Arbeitsblättern liegen auf den Tischen vor den Schülern Tablet-PCs. Darauf wird geschrieben, gerechnet und sogar die Hausaufgaben gemacht. Zum Start der ersten iPad-Klasse im Saarland Ende vergangenen Jahres war der Medienrummel im Neunkircher Steinwald-Gymnasium groß.

Einen SZ-Leser (Name der Redaktion bekannt) hat die Innovation jedoch beunruhigt: „Ich bin ja kein Ewiggestriger und finde gut, dass bereits Schüler den Umgang mit der neuen Technik lernen. Aber muss es denn ausgerechnet der Internetzugang mit WLan sein?“, fragt er. Er zitiert aus der im Februar 2016 erschienenen Broschüre „Digitale Medien in Schulen: Start in die nächste (De)generation? WLan, Smartphones und Tablet-PCs im Unterricht“ des BUND-Landesverbands Hamburg (Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland). Darin heißt es: „Unter Beachtung internationaler Forschungsergebnisse und des Vorsorgeprinzips ist demnach ausschließlich der Einsatz kabelgebundener Lösungen an Schulen zu verantworten.“ Es gebe mehr als 50 Studien, die auf gesundheitliche Beschwerden wie Kopfschmerzen, Herzrhythmusstörungen, Konzentrations-, Gedächtnis- und Verhaltensstörungen durch WLan hinwiesen, so der BUND. Im Jahr 2011 habe das Krebsforschungsinstitut (IARC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Mobilfunktstrahlung als „möglicherweise krebserregend“ eingestuft. Kinder und Jugendliche seien durch die Strahlung besonders gefährdet, weil sich die Organe und die Hirnregion noch im Wachstum befänden. In Frankreich gelte daher an Kitas ein WLan-Verbot, ein solches werde für die Schulen gerade überprüft.

Zudem moniert der BUND, dass es für WLan und mobile Endgeräte wie Smartphones und Tablets lediglich Empfehlungen des Bundesamts für Strahlenschutz gibt, jedoch keine gesetzlichen Grenzwerte. Die Grenzwerte seien in Deutschland sehr hoch und nur für fest installierte Sendeanlagen wie Mobilfunksendemasten gültig. Zudem sei bei der Festlegung der Grenzwerte nicht berücksichtigt worden, dass neben WLan eine Vielzahl verschiedener elektromagnetischer Felder und Wellen gleichzeitig auf die Menschen einwirkten, etwa durch Spielekonsolen, LTE und Bluetooth. Der BUND ruft daher Eltern dazu auf, sich bei ihren Schulen für kabelgebundene IT-Lösungen einzusetzen und auch zu Hause möglichst schnurgebundene Telefone zu benutzen.

Auf SZ-Anfrage teilt das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) mit, vor einigen Jahren Schulen empfohlen zu haben, kabelgebundene Lösungen gegenüber WLan zu bevorzugen, falls dies möglich sei. „Diese Empfehlung wurde aus Vorsorgegründen ausgesprochen und war damals durch bestehende wissenschaftliche Kenntnislücken begründet“, sagt BfS-Sprecher Jan Henrik Lauer. Generell rate das BfS nicht von einer WLan-Nutzung an Schulen ab, empfehle aber, vorsorglich die Exposition möglichst gering zu halten. Dies könne etwa durch einen größeren Abstand zu den WLan Zugangspunkten oder durch eine Reduzierung der Reichweite erreicht werden. Zudem sollten die Endgeräte wie Laptop und Tablet nicht in unmittelbarem Körperkontakt genutzt werden.

WLan-Anwendungen nutzen zur drahtlosen Datenübertragung – wie der Mobilfunk auch – hochfrequente elektromagnetische Felder. Die einzige nachgewiesene gesundheitsrelevante Wirkung dieser Felder sei eine Erwärmung des Gewebes, so das BfS. Nach derzeitigem wissenschaftlichen Kenntnisstand seien gesundheitliche Gefahren durch die hochfrequenten Felder von WLan nicht zu befürchten, wenn die gesetzlichen Grenzwerte eingehalten würden. Diese seien so festgelegt, dass eine gesundheitlich relevante Erwärmung des Gewebes ausgeschlossen sei. „Allerdings ist die flächendeckende Verbreitung von Mobiltelefonen bisher noch relativ neu, so dass belastbare Langzeitdaten für eine abschließende Bewertung zu einem möglicherweise vorhandenen Langzeitrisiko noch nicht vorliegen“, sagt Lauer.

Grundsätzlich gehe man davon aus, dass Kinder empfindlicher auf Umwelteinflüsse reagieren als Erwachsene. Dies sei vorsorglich auch in Bezug auf hochfrequente elektromagnetische Felder angenommen worden. „Die in der Zwischenzeit durchgeführte internationale Forschung hat aber die Befürchtung, dass Kinder und Jugendliche empfindlicher auf elektromagnetische Felder der Funkanwendungen reagieren als Erwachsene, bisher nicht bestätigt“, sagt der BfS-Sprecher. Zwar unterlägen WLan-Router nicht den in der 26. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgelegten Grenzwerte für die hochfrequenten Felder von Mobilfunk-Sendeanlagen, doch wie auch andere Endgeräte müssten Router so konstruiert sein, dass die international empfohlenen Höchstwerte für die Aufnahme hochfrequenter elektromagnetischer Felder im Körper während des Betriebes eingehalten werden. „Messungen an Schulen konnten zeigen, dass die Exposition durch WLan gering ist und im Allgemeinen weit unterhalb der Grenzwerte liegt“, so Lauer. Solange die Grenzwerte unterschritten werden, sei es nicht gesundheitsgefährdend, wenn Menschen mehreren Quellen hochfrequenter Felder ausgesetzt seien.

Der BUND geht in seiner Risikobewertung über die Aussagen des BfS hinaus. Neben der Erwärmung des Körpergewebes gebe es auch biologische Auswirkungen. Der Verband zitiert den Schweizer Bundesrat. Dieser hatte 2015 mitgeteilt, es sei die Beeinflussung der Hirnströme nachgewiesen worden. Begrenzte Evidenz gebe es zudem für die Durchblutung des Gehirns, eine Beeinträchtigung der Spermienqualität und für eine Destabilisierung der Erbinformationen.

Was bedeuten diese Risikobewertungen jetzt für die Schulen, die im digitalen Zeitalter ankommen wollen? Auf SZ-Anfrage teilen Gesundheits- und Bildungsministerium im Saarland mit, dass die Landesregierung keine Empfehlung zum Umgang mit WLan herausgebe. Die Forschung sei sich derzeit noch uneins, ob und wie WLan die Gesundheit möglicherweise beeinträchtige. Die Schulträger, für die weiterführenden Schulen sind das die Kreise, seien für die IT-Ausstattung verantwortlich. Hier seien der Regierung keine Richtlinien bekannt.

Im Steinwald-Gymnasium gibt es das WLan bisher nur im Klassenzimmer der iPad-Klasse. Die Schulleitung hofft, dass die von Ex-Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU) 2016 versprochenen fünf Milliarden Euro für Breitband, WLan und Computer an Schulen bald fließen, damit der Kreis Neunkirchen als Schulkostenträger das gesamte Gymnasium mit Internet ausstatten kann. „Mit der Frage, welche Gefahren von WLan ausgehen, beschäftigen wir uns auch intensiv“, sagt Schulleiterin Karin Weiskircher-Hemmer und betont: „Uns wäre ein Lösung mit LAN-Kabeln auch lieber.“ Sobald die Mittel bereit stehen, werde man dies mit dem Kreis besprechen. Die Kosten für WLan oder LAN-Kabel unterschieden sich nicht wesentlich – pro Schule fielen rund 20 000 Euro an.

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