Wie gefährlich ist Flugzeugbenzin für Mensch und Umwelt?

Saarbrücken · Die letzten Untersuchungsergebnisse sind über 20 Jahre alt. Die Umweltministerkonferenz fordert neue Tests.

Aufregung und Unsicherheit hat ein Flugzeug letzte Woche bei den Saarländern hinterlassen. 54 Tonnen Kerosin hatte der Pilot einer Maschine der Linie "Air Canada" über der Westpfalz und dem Saarland (zwischen Kaiserslautern und Saarbrücken) abgelassen (wir berichteten). Grund dafür waren Hydraulikprobleme, die ihn dazu zwangen, seine Route nach Kanada abzubrechen und zurückzukehren zum Frankfurter Flughafen. Damit die voll getankte Maschine dort wieder sicher landen konnte, hätten die Lotsen den Piloten angewiesen, das Kerosin über dem "dünn besiedelten Gebiet" zwischen Saarbrücken und Kaiserslautern abzulassen.

Das beunruhigte viele Menschen in unserer Region. Manch einer schloss vorsichtshalber alle Fenster. Wie schädlich der Treibstoff für Mensch und Umwelt wirklich ist - es ist umstritten. Die letzte Untersuchung ist bereits 25 Jahre alt, teilte das rheinland-pfälzische Umweltministerium mit. Dem saarländischen Umweltministerium sind gar keine Untersuchungen dazu bekannt. Einzig ein Gutachten des Tüv Rheinland kam zu dem Ergebnis, dass der Kerosinausstoß gesundheitlich unbedenklich sei. Aber das ist schon über 20 Jahre alt. "Es ist auch kein neues Gutachten in Auftrag gegeben worden", sagt eine Tüv-Sprecherin auf SZ-Anfrage.

Das will das Land Rheinland-Pfalz ändern. Auf dessen Antrag habe die Umweltministerkonferenz Anfang Mai die Bundesregierung zu einer erneuten Untersuchung der Auswirkungen von "Fuel Dumping", wie das Kerosin-Ablassen in der Pilotensprache genannt wird, aufgefordert.

Einige wenige Messungen habe es dann doch in letzter Zeit gegeben, sagt Michael Müller-Görnert vom Verkehrsclub Deutschland - etwa in der Nähe von Flughäfen. Dort sei die Feinstaubbelastung besonders hoch, sagt er. Das Problem aber: "Wenn Menschen krank werden, lässt sich oft gar nicht feststellen, was die Ursache war."

Rüdiger Rosenthal, Sprecher des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) macht auf ein viel größeres Problem aufmerksam: die Auswirkungen auf das Klima. Prognosen zufolge werde das Flugwesen Mitte des Jahrhunderts der Klimakiller Nummer Eins sein, sagt er. Denn der Kerosin-Ausstoß sei besonders in der Höhe gefährlich. Die hohe Konzentration an Stickstoffgasen treibe die Klimaerwärmung voran und greife die Ozonschicht an.

Drei Millionen Flugbewegungen gebe es in Deutschland pro Jahr, teilt die Deutsche Flugsicherung (DFS) mit. Bei 20 bis 30 Fällen müsste Kerosin abgelassen werden. Immer mal wieder auch über dem Saarland. "Ich verstehe die besorgten Bürger in der Region", sagt eine DFS-Sprecherin. Aber es handele sich um eine Notfallmaßnahme. Eine Alternative gebe es nicht. Denn sonst müssten viele Menschenleben bei der Landung mit einer voll betankten Maschine riskiert werden.

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